Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Éanna - Ein neuer Anfang

Éanna - Ein neuer Anfang

Titel: Éanna - Ein neuer Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
Vom Netzwerk:
Éanna. Denn du kannst mir nicht weismachen, dass er das alles nur tut, weil er ein so verdammt weiches Herz hat und gern den Samariter spielt!«, brummte er, darauf bedacht, sein Temperament im Zaum zu halten. Denn er spürte, dass er sie wirklich verletzt hatte.
    »Niemand hat von dir verlangt, dass du ihn mögen musst, obwohl du allen Grund dazu hättest, schon um meinetwegen«, erwiderte sie kühl. »Und es kann dir doch gleichgültig sein, warum er uns hilft, solange wir beide, du und ich, wissen, zu wem wir gehören!« Sie schwieg einen Moment. Sie wusste, dass es nicht gerecht war, aber sie konnte es sich doch nicht verkneifen: »Sag, hast du vielleicht heute Arbeit bekommen?«
    Brendan senkte seinen grimmigen Blick. »Nur für einen halben Tag. Hat Liam und mir je vierzig Cent gebracht«, entgegnete er verdrossen. »Wir mussten einen Graben oben auf der Third Avenue ausheben. Da werden Kanalisationsrohre verlegt, die wir hier in Five Points vermutlich noch in einem Jahrzehnt nicht zu Gesicht bekommen.«
    »Und da regst du dich so darüber auf, dass wenigstens ich jetzt eine gute Arbeit gefunden habe und regelmäßig Lohn verdiene, den ich euch natürlich geben werde?«
    Verlegen zuckte er die Achseln und sah sie nachdenklich an. »Ja, das ist schon toll. Aber was soll denn dann aus uns werden?«
    »Wie meinst du das denn?«
    »Na ja, ich werde dich dann ab morgen wohl kaum noch zu sehen kriegen, wenn du auch nicht mehr bei uns wohnst«, erklärte er missmutig.
    »Ich habe alle zwei Wochen den halben Sonntag frei«, entgegnete sie vorsichtig.
    »Einen halben Sonntag, und das nur jede zweite Woche?« Er verdrehte die Augen. »Und das findest du in Ordnung?«
    »Natürlich finde ich es nicht in Ordnung, Brendan, und es wäre mir auch lieber, wenn wir in Zukunft mehr Zeit füreinander hätten. Aber so ist es nun mal, wenn man als Dienstmädchen in New York arbeitet. Da müssen wir wohl in der nächsten Zeit durch«, erwiderte sie. Warum musste Brendan ihr das Gespräch nur so schwer machen? »Außerdem können wir uns sonntagmorgens zur Frühmesse in der Kirche sehen. Denn den Gang erlaubt Missis Harrington mir jede Woche.«
    »Wirklich großzügig von ihr«, murmelte Brendan böse und starrte mit finsterer Miene vor sich auf die Tischplatte.
    Éanna musste sich sehr zusammenreißen, um nicht wütend zu werden. Am liebsten hätte sie ihn an den Armen gepackt und geschüttelt, damit er zur Vernunft kam. Aber sie wollte nicht, dass sie sich jetzt noch richtig in die Haare gerieten. Sie wünschte sich, dass er das Positive an ihrer neuen Arbeitsstelle sah und an ihre gemeinsame Zukunft dachte, so wie sie. Und deshalb legte sie ihm nun sanft ihre Hand auf den Arm.
    »Brendan, nun benimm dich doch nicht wie ein kleines Kind! Es wird mir natürlich auch schwerfallen, dich nicht öfter sehen zu können. Aber es ist doch nicht für alle Ewigkeiten, sondern nur für ein paar Jahre, bis …«
    »Nur!«, fiel er ihr ins Wort und lachte freudlos auf.
    »Ja, bis wir eben gemeinsam genug zusammengespart haben, um …«
    Wieder unterbrach er sie. »Ich weiß, für das eigene Stück Land und die Milchkuh!«
    »Ja, genau! Und dafür lohnen doch das Opfer und all die harte Arbeit, die wir noch vor uns haben, oder nicht? Und wenn wir zusammenhalten und gemeinsam dafür kämpfen, werden wir unser Ziel sicher viel schneller erreichen, als wir jetzt denken!«
    Brendan schüttelte langsam den Kopf. »Ich wünsche mir das ja auch, Éanna. Aber dieser Traum von der Zukunft ist nichts, woran ich mich festhalten kann, nichts, das es mir erträglich macht, dich von jetzt an nur noch so selten zu sehen und für mich allein zu haben.« Jeder Zorn war nun aus seiner Stimme gewichen, Müdigkeit und tiefe Niedergeschlagenheit lagen in seinem Blick.
    »Versuch es doch wenigstens, Brendan!«
    Er nickte. Aber als sie später in dem winzigen Zimmer in der Mulberry Street auf den alten Decken lagen, nahm er sie nicht wie sonst in den Arm, sondern drehte sich mit dem Rücken zu ihr auf die Seite. Und als sie ihm Gute Nacht wünschte, antwortete er nur mit einem unverständlichen Brummen.
    Éanna biss sich auf die Lippen, um die Tränen zurückzuhalten. Sie betete, dass es bald wieder gut zwischen ihnen sein würde und dass dies nicht der Anfang von etwas noch viel Schlimmerem war.

Einundzwanzigstes Kapitel
    Als Éanna am folgenden Morgen pünktlich zur verabredeten Zeit ihren Dienst bei den Harringtons antrat, wartete Agnes Fuller schon auf sie. Das

Weitere Kostenlose Bücher