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Éanna - Ein neuer Anfang

Éanna - Ein neuer Anfang

Titel: Éanna - Ein neuer Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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kleinen Nachttisch davor, es gab einen Kleiderschrank, zwei schmale Regale und einen Tisch mit zwei einfachen Holzstühlen.
    »Deine Vorgängerin hat das Bett auf der linken Seite gehabt«, teilte Agnes ihr mit. »Das ist jetzt also auch deins, ebenso wie die Garderobe und das kleine Regal in der Ecke. Fürstlich ist es hier nicht gerade und im Winter haben wir manchmal sogar innen Eisblumen an der Fensterscheibe, sodass man mit Mütze und Handschuhen schlafen muss. Aber wenn endlich Feierabend ist und du hier heraufkommst, dann denkst du sowieso nur noch ans Schlafen und kriechst unter die Decken. Jetzt stell am besten schnell deine persönlichen Sachen da in die Ecke und dann gehen wir wieder ins Erdgeschoss und ich weise dich in die Arbeit ein. Sie beginnt morgens um sechs Uhr und endet gewöhnlich am Abend um zehn.«
    Ein solch vornehmes Haus wie das der Harringtons hatte Éanna noch nie betreten. Als Agnes sie nun durch die vielen verschiedenen Zimmer, die prachtvollen Salons und weitläufigen Wirtschaftsräume führte, wusste sie nicht, wohin sie zuerst blicken sollte. Und schon bald schwirrte und dröhnte es in ihrem Kopf von all den fremden Eindrücken und den nicht endenden Hinweisen und Ratschlägen, die das Dienstmädchen ihr unablässig gab.
    »Deine erste Aufgabe wird es morgens sein, die Asche aus den Kaminen zu räumen, von denen es hier mehr gibt, als du Finger und Zehen am Leib hast. Dabei musst du darauf achten, dass du genug Glut zum Entfachen eines neuen Feuers zurücklässt, damit die Herrschaften es auch schön warm in ihren Zimmern haben, wenn sie aus ihren Federbetten steigen.«
    Erschrocken sah Éanna Agnes an. »Du meinst, ich muss am Morgen auch in die Zimmer der Herrschaft?«
    »Na klar, und zwar noch bevor du irgendetwas anderes tust. Aber was ist denn schon dabei? Für die Herrschaften sind wir doch sowieso nur Luft. Die reden sogar über uns, wenn wir direkt neben ihnen stehen, gerade so, als wären wir überhaupt nicht da. Aber das müsstest du doch eigentlich schon von deiner früheren Arbeitsstelle kennen, oder?«
    »Ähm … ja schon, aber dort wurde die Arbeitsaufteilung anders gehandhabt«, antwortete Éanna geistesgegenwärtig. »Es gab einen Diener, der nur für die Zimmer der Herrschaften zuständig war.«
    »Ach so!« Agnes zuckte gleichmütig die Achseln. »Nun, hier bist du dafür verantwortlich. Du verrichtest diese Arbeit folgendermaßen: Zuerst klopfst du morgens bei der gnädigen Frau an die Tür. Erst wenn du nichts hörst, gehst du mit dem Ascheneimer in das Zimmer, wobei du den Blick immer zu Boden richtest. So schnell wie möglich machst du deine Arbeit und verschwindest dann leise wieder. Das Ganze wiederholst du im Zimmer von Mister Harrington und den beiden Töchtern.«
    »Mister und Missis Harrington schlafen in getrennten Zimmern?«, fragte Éanna verblüfft.
    Agnes nickte. »Klar. Das ist doch bei fast allen feinen Leuten so. Die begegnen sich eben morgens nicht gerne zerknittert vom Schlaf und mit verquollenen Augen und Mundgeruch, so wie unsereins«, sagte sie spöttisch. »Die gnädige Frau kommt erst dann aus ihrem Gemach heraus, wenn sie fein angezogen, frisiert und geschminkt ist. Und zu diesem Zeitpunkt ist der Vormittag meist schon halb vorbei. Also merk dir: Erst betrittst du das Zimmer der gnädigen Frau, dann das von Mister Harrington und danach die Zimmer ihrer Töchter, wobei Daphne darauf besteht, dass sie vor ihrer kleinen Schwester an der Reihe ist. Diese Reihenfolge musst du streng einhalten, sonst werden die Herrschaften fuchsig. Hier geht alles schön nach Rang und Namen.«
    »Und wenn Missis und Mister Harrington mein Klopfen gar nicht mitbekommen?« Éanna wurde rot.
    »Du meinst, weil sie zusammen in einem Bett sind?«
    Agnes lachte. »Das brauchst du nicht zu befürchten.« Und flüsternd fuhr sie fort: »Die Köchin hat nämlich mal zufällig mitbekommen, wie die gnädige Frau zu ihrer besten Freundin gesagt hat, dass ihr Mann nach der Geburt von Liz den Anstand hatte, nicht mehr auf seine ehelichen Rechte zu bestehen.«
    »Sie kann doch noch keine vierzig sein!«, entfuhr es Éanna ungläubig.
    »So sind die feinen Damen nun mal. Aber du kannst mir glauben, dass Mister Harrington dafür nichts anbrennen lässt!«, erzählte Agnes leise. »Der soll seine jungen Mätressen fast so oft wechseln wie seine Hemden. Was mit seinem Geld ein Kinderspiel ist. Wir können nur froh sein, dass er uns nicht auch an die Wäsche geht und dass es keinen

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