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Éanna - Ein neuer Anfang

Éanna - Ein neuer Anfang

Titel: Éanna - Ein neuer Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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jungen Herrn im Haus gibt, der glaubt, wir wären Freiwild, wie es in manch anderem feinen Haushalt der Fall ist! So, aber jetzt zeige ich dir erst einmal, wo sich das Tafelgeschirr und das Silber befinden und welche Ordnung du beim Einräumen beachten musst!«
    »Muss ich denn auch Geschirr und Besteck zu den Mahlzeiten auflegen und mit auftischen?«, erkundigte Éanna sich vorsichtig.
    Agnes zog die Augenbrauen hoch. »Hast du etwa auch darin keine Erfahrung?«
    »Nicht viel«, antwortete Éanna ausweichend. »Die Wexfords lebten recht zurückgezogen, sodass es selten große Gesellschaften gab.«
    »Na, das scheint ja für dich ein Leben wie im Schlaraffenland gewesen zu sein! Lass das hier bloß keinen hören! Ich bring dir das schon noch schnell bei, ohne dass jemand etwas davon mitbekommt!«, beruhigte Agnes sie. »Außerdem ist das Servieren die Domäne von Claire und Rose, den beiden Lieblingen der gnädigen Frau. Du erkennst sie daran, dass sie besonders oft und tief vor Missis Harrington knicksen und sie immer mit kuhäugiger Bewunderung ansehen. Doch jetzt, zu Beginn der Ballsaison, wirst du sicher auch einmal mit anpacken müssen. Aber keine Sorge, bis dahin weißt du, was du zu tun hast! Versprochen!«
    Éanna war noch Wochen später froh, an ihrem ersten Tag bei den Harringtons von der fröhlichen und offenen Agnes empfangen worden zu sein, auch wenn sie sich im Laufe der Zeit gut mit den beiden anderen Dienstmädchen Claire und Rose verstehen sollte, weil sie erst gar nicht versuchte, ihnen ihren Sonderstatus bei Missis Harrington streitig zu machen.
    An diesem Vormittag lernte sie auch Miss Forsyth, die Haushälterin, kennen, die zu ihrer Erleichterung jedoch nicht die Zeit fand, sich näher mit dem neuen Dienstmädchen zu befassen. Ihren Argusaugen schien nichts zu entgehen und Éanna wusste sofort, dass sie vor Miss Forsyth auf der Hut sein musste. In ihrer Nähe würde sie sich nicht den kleinsten Patzer erlauben dürfen, wollte sie eine scharfe Zurechtweisung und einen Eintrag in das kleine graue Büchlein vermeiden, in dem die Haushälterin alle Verfehlungen des einfachen Personals notierte.
    Dieselbe Vorsicht war auch gegenüber Arthur Hemlock, dem leicht ergrauten Butler des Hauses, angebracht, den Éanna aufgrund seiner vornehmen Erscheinung zunächst für Mister Harrington hielt. Er würdigte die beiden Mädchen kaum eines Blickes und blieb nicht einmal stehen, als Agnes ihm Éanna vorstellte.
    Ganz anders verlief ihre erste Begegnung mit Amelia Simpson. Die füllige, aber wieselflinke Köchin, die gemeinsam mit ihren drei Helferinnen schon am frühen Morgen alle Hände voll zu tun hatte, legte für einen Moment die Küchengeräte beiseite, schüttelte Éanna die Hand und wünschte ihr freundlich ein gutes und schnelles Eingewöhnen im Haushalt.
    Und dann begann auch für Éanna Sullivan, Zimmermädchen im Hause Harrington, die Arbeit. Und wenn sie geglaubt hatte, siebeneinhalb Dollar wären ein fürstlicher Monatslohn, ganz egal, wie sehr man sich dafür plagen musste, so dachte sie schon bald ganz anders darüber.

Zweiundzwanzigstes Kapitel
    Dienstmädchen in einem so großen Haus zu sein, wie es die Harringtons bewohnten, erschien Éanna schon nach wenigen Tagen wie ein Leben in einer sich unaufhörlich drehenden Tretmühle. Sosehr man auch strampelte und sich abmühte, man kam doch nicht aus ihr heraus. Nur in der Nacht kam das geschäftige Treiben für kurze Zeit zum Stillstand.
    Die Arbeiten, die Éanna tagein, tagaus zu erledigen hatte, schienen sich wie die Perlen einer endlosen Kette aneinanderzureihen: Da mussten Kamine gesäubert und das Feuer darin neu entfacht werden, die Asche war zu den Eimern hinter das Haus zu tragen, Nachttöpfe mussten geleert, Kohlen und Brennholz ins Haus getragen, Treppen gefegt, Böden gescheuert und gewachst, Betten abgezogen und wieder neu bezogen werden. Es galt, Fenster zu putzen, Teppiche auszuklopfen, Silber auf Hochglanz zu bringen, Berge von Wäsche zu waschen, zu mangeln, zu bügeln und in die Schränke zu räumen. Ferner war der Gehsteig vor dem Haus zu fegen und im Winter vom Schnee zu befreien und nach langen nächtlichen Gesellschaften war es außerdem die Aufgabe der Dienstmädchen, im Anschluss aufzuräumen, damit am nächsten Morgen alles wieder so blitzsauber strahlte wie zuvor.
    Von morgens bis abends war Éanna auf den Beinen, doch wie sehr sie sich am Tag auch plagte, es schien doch immer etwas liegen zu bleiben, von dem sie nur

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