Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]
gewechselt!«
»Das glaube ich nicht! Überleg es dir gut, ob du die Meuterer wirklich nicht erkannt hast«, fauchte Caleb Crimshaw sie an. »Ich habe Mittel und Wege, es notfalls auf ganz andere Art aus dir herauszubekommen!«
»Das geht zu weit, Captain Crimshaw!« Patrick schaltete sich wieder ein. »Diese Drohung will ich nicht gehört haben! Und Ihr werdet das arme Mädchen auf der Stelle in Ruhe lassen!«
»Ihr haltet Euch da raus, Mister O’Brien!«, herrschte der Captain ihn an. »Ihr wisst wohl nicht, mit wem Ihr redet! Auf der Metoka gilt allein das, was ich sage und befehle!«
»Und Ihr wisst wohl nicht, mit wem Ihr redet, Captain!«, gab Patrick gelassen zurück und trumpfte nun wortgewaltig auf, indem er ihn mit seinem Redefluss förmlich überschüttete. »Ihr mögt auf dem Schiff der alleinige Herrscher sein und vielleicht auch noch die Allmacht Gottes beanspruchen, aber Ihr scheint vergessen zu haben, dass meine Familie über großen Einfluss verfügt, vor allem die meines Onkels Edmund Wexford von der gleichnamigen Brauerei. Und ganz davon abgesehen bin ich als Berichterstatter für die Dublin Gazette auf dem Weg nach Amerika. Ihr Herausgeber wird sich meinen Bericht über Euer skandalöses, gesetzloses Tun nicht entgehen lassen und es auf die erste Seite setzen, dessen könnt Ihr gewiss sein! Wie Ihr auch gewiss sein könnt, dass Ihr Euch dann nicht nur vor einem Gericht wiederfinden werdet, sondern es sogar bei einem höchst unwahrscheinlichen Freispruch wohl kaum noch wagen dürftet, Euch noch einmal mit Eurem Schiff im Hafen von Dublin sehen zu lassen.«
Caleb Crimshaw war das Blut ins Gesicht geschossen. Er sah aus, als würde ihn jeden Moment der Schlag treffen. Mehrmals hatte er versucht, Patrick zu unterbrechen, doch dieser hatte unbeirrt weitergesprochen.
»Ist das jetzt alles, Mister O’Brien?«, stieß er wütend hervor. Er war sichtlich am Rand seiner Selbstbeherrschung und starrte ihn an, als wollte er ihn mit seinem stechenden Blick durchbohren.
Patrick hielt seinem Blick, ohne mit der Wimper zu zucken, stand. »Dem wäre sicher noch einiges hinzuzufügen, aber ich denke, es dürfte für den Augenblick genügen, Captain!«, erwiderte er kalt und mit der Arroganz eines Mannes aus vornehmem Haus.
»Dann könnt Ihr Euch entfernen!«, forderte Crimshaw ihn mit seinem gewohnten Kommandoton auf. Und in Richtung Éanna machte er eine abfällige Handbewegung und fügte barsch hinzu: »Und das gilt auch für dich!«
Éanna, die ihr Zittern nur mühsam unter Kontrolle gehalten hatte, konnte gar nicht schnell genug vom Achterdeck kommen. Doch Patrick holte sie ein, bevor sie unter das Seil schlüpfen und wieder auf den ihr erlaubten Teil des Hauptdecks gelangen konnte.
»Du hast dich tapfer gehalten, Éanna!«, raunte er ihr zu. »Der Captain wird es sich gut überlegen, ob er den angeblichen Meuterern besser den Wind aus den Segeln nimmt.«
»Ich hoffe inständig, dass er das auch wirklich tut!«
»Er mag ein skrupelloser Halsabschneider sein, aber ein Dummkopf ist er mit Sicherheit nicht. Er wird sich hüten, sein Schiff und sein Kommando wegen ein paar Tonnen Proviant aufs Spiel zu setzen«, versicherte Patrick. »Du hast deine Sache jedenfalls ausgezeichnet gemacht. Ich bewundere deinen Mut, Éanna.«
»Es ist nicht Mut, sondern reine Verzweiflung, die mich dazu getrieben hat«, wehrte sie ab.
»Aber du hast dabei einen kühlen Kopf bewahrt! Was man von manch einem anderen nicht gerade sagen kann!«
»Den Kopf habt Ihr mir gerettet. Ohne Euren Beistand wäre die Sache bitter für mich ausgegangen. Ihr wart wunderbar, wie Ihr den Captain zusammengestaucht und ihn in seine Schranken gewiesen habt! Was Euch da in dem Moment alles eingefallen ist! Mir wäre vor Angst nichts eingefallen.«
»Manchmal ist es schon von Vorteil, wenn man mit Worten umgehen und den Finger sofort tief in die wunden Stellen einer wackligen Argumentation bohren kann«, sagte er mit einem leisen Auflachen. »Und die wunden Stellen habe ich gottlob auch gleich gefunden. Mögen sie ihn noch lange schmerzen!«
»Stimmt es wirklich, dass Ihr für diese Zeitung schreibt?«, wollte Éanna wissen, die Hand schon auf dem Seil.
Patrick lachte leise auf. »Ach, das war wohl ein bisschen dick aufgetragen. In Wirklichkeit hatte ich nur ein kurzes Gespräch mit den Leuten von der Dublin Gazette . Sie waren sehr höflich und haben versichert, sich gerne anzusehen, was ich ihnen schicken würde. Mehr war da nicht.
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