Ebbe und Glut
nehme ich an.«
Arthur drehte sich abrupt um und funkelte sie zornig an. Ärger schwang in jedem Wort mit, als er sagte: »Ich habe keine Lust, mit Ihnen solche Diskussionen zu führen. Dazu habe ich Sie nicht herbestellt.«
Mia wusste nicht, was sie davon halten sollte. Was zum Teufel war mit dem Mann los? War er total verrückt? Sie hatte eine harmlose, durchaus berechtigte Frage gestellt. Darauf durfte sie doch wohl eine anständige Antwort erwarten, sonst konnte sie genauso gut gehen.
Um Geduld bemüht entgegnete sie: »Es ist wohl nicht zu viel verlangt, dass Sie mir höflich antworten.«
»Schluss jetzt!«, bellte Arthur. »Wir sind einen Deal eingegangen, mehr nicht. Das ist eine rein geschäftliche Beziehung, in der irgendwelche gefühlsduseligen Anwandlungen nichts zu suchen haben.«
Mia hatte vor Empörung Mühe, ihre Stimme ruhig zu halten.
»Das ist doch lächerlich! Und außerdem können Sie das auch in einem anderen Tonfall sagen. Vereinbarungen hin oder her, aber auch mit Geschäftspartnern sollte man anständig umgehen. Selbst wenn es sich dabei nur um die Putzfrau handelt. Oder die Schwanzlutscherin .« Das letzte Wort spuckte sie verächtlich vor Arthur aus.
Statt einer Antwort knallte er sein Glas auf den Tisch und stapfte mit wütendem Gesicht hinüber zu seinem Lieblingssessel.
»Können wir dann mal?«, knurrte er.
Mia blieb einen Moment lang reglos stehen und starrte ihn fassungslos an, wie er da saß, bereit, sie zu empfangen, trotz seines Zorns, der noch spürbar im Raum hing. Langsam drehte sie sich um und ging Richtung Tür.
»Wo wollen Sie denn jetzt hin?«, brüllte Arthur.
»Nach Hause. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich so weiter mache. Ich bin nicht Ihr Fußabtreter, an dem Sie hemmungslos Ihren Frust auslassen können.«
Das Schweigen, das sich anschließend ausbreitete, schien mit Händen greifbar zu sein. Mia ging in den Flur, nahm ihren Mantel aus dem Garderobenschrank und zog ihn über. Sie hatte die Wohnungstür schon halb geöffnet, als sie Arthurs Stimme dicht hinter sich hörte, so ruhig und souverän wie meistens, dunkel und erregend wie immer.
»Wie lange kommen Sie jetzt schon zu mir, Mia?«
Die Frage überraschte sie. Sie schob die Tür wieder zu und drehte sich zu Arthur um. Sie bemühte sich, hinter dem attraktiven Gesicht den Menschen zu finden, der diesen Arthur ausmachte. Aber da war nichts als eine Maske, schön, aber kalt und hart, selbst in diesem Moment, in dem er sie offen ansah und ihr seine ganze Aufmerksamkeit widmete.
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Sieben, acht Wochen, schätze ich. Ich müsste in meinem Kalender nachsehen.« Noch während sie die Worte aussprach, wurde ihr bewusst, dass sie mit ihrer Reaktion bestätigte, was Arthur behauptete: Sie hatten eine rein geschäftliche Beziehung, in der ein vertrauliches Du vollkommen fehl am Platz war. Was stellte sie sich überhaupt so an? War es wichtig, ob sie diesen seltsamen Menschen siezte oder duzte? Sie hatten sich doch sowieso nichts zu sagen.
»Sieben oder acht Wochen«, wiederholte Arthur bedächtig. »Warum haben Sie mich nicht schon vor acht Wochen darauf angesprochen, wie Sie gerne angeredet werden möchten?«
»Na ja, damals schien es mir noch unangemessen.«
»Und heute finden Sie es angemessener? Warum?« Arthurs Augen glänzten dunkel im Schein der Flurlampe. Er war blass und hatte tiefe Schatten unter den Augen. Schon die ganze letzte Zeit hatte er sehr erschöpft gewirkt, fand Mia. Vermutlich arbeitete er zu viel. Irgendwoher musste ja das viele Geld kommen. Arthur musterte sie auf eine Weise, die ihr Gesicht zum Glühen brachte.
»Ich weiß nicht«, stammelte sie verlegen. »Eigentlich ist nichts anders. Außer, dass wir uns seitdem ziemlich oft gesehen haben. Und … na ja, ich finde das alles irgendwie schräg.« Sie kam sich auf einmal unglaublich dumm vor. »Ich habe noch nie einen Mann gesiezt, den ich … na ja … Sie wissen schon ...« Hilflos brach sie ab. Ihr Zorn verlor sich in dieser seltsamen Unsicherheit, die sie in Arthurs Nähe immer wieder befiel.
Arthur fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und lehnte sich gegen einen Türrahmen. Er lächelte plötzlich und sah dadurch auf einen Schlag viel jünger aus.
»Acht Wochen sind eine ziemlich lange Zeit. Wissen Sie, dass noch keine Frau so lange in diesem Job durchgehalten hat wie Sie?«
»Was?« Mia hob überrascht den Kopf. »Soll das heißen, Sie spielen dieses Spiel ständig
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