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Ebbe und Glut

Ebbe und Glut

Titel: Ebbe und Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Burkhardt
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die Plane und wehte sie aufs Wasser hinaus, wo sie eine Barkasse unter sich begrub. Fasziniert und beklommen zugleich starrte Mia hinaus.
    »Da kannst du jetzt unmöglich rausgehen«, sagte Arthur, und obwohl Mia sich über seinen bestimmenden Tonfall ärgerte, musste sie zugeben, dass er recht hatte.
    Schweigend standen sie nebeneinander und beobachteten das Chaos, das dieses plötzliche Unwetter ausgelöst hatte.
    »Ja, also, was machen wir dann jetzt?«, fragte Mia ratlos.
    Arthur war genauso unschlüssig und hilflos wie sie.
    Endlich fragte er: »Wie wär's mit Essen? Hast du Hunger?«
    Essen war eine großartige Idee! Da waren sie beide beschäftigt und nicht gezwungen, miteinander zu reden. Denn wer weiß, wie lange dieses Unwetter anhalten würde.
    »Essen ist gut«, sagte Mia. »Was gibt deine Küche denn so her? Hummer? Kaviar?«
    Arthur war irritiert. » Darauf hast du Appetit?«
    »Nein, überhaupt nicht. Ich dachte nur, dass sich die Leute in deinen Kreisen dieses Zeug reinstopfen wie andere Leute Pizza.«
    Arthur lachte. Es war ein überraschend jungenhaftes, fröhliches Lachen, das ihn zu einem völlig anderen Menschen machte. »Ich verrate dir ein Geheimnis: Es gibt in meinen Kreisen auch Leute, die sich nicht an die Spielregeln halten. Ich zum Beispiel. Ich hasse alles, was mit Fisch zu tun hat.«
    Er ließ sie vor sich die Treppe hinauf gehen. Mia sah sich in seiner nagelneuen Küche um, in der es an nichts fehlte.
    »Benutzt du das auch alles?«, fragte sie mit einem Blick auf blitzende Messer, Töpfe und Pfannen.
    Zu ihrer Verblüffung antwortete Arthur: »Ja, gewiss, ich koche oft.«
    Mia hatte Mühe, sich Arthur am Herd vorzustellen, diesen Mann, der wahrscheinlich sogar in seinen Maßanzügen schlief und den Eindruck erweckte, als würde er sich nicht nur beim Sex ständig von Frauen bedienen lassen.
    Vor dem Küchenfenster entdeckte sie eine große Dachterrasse, auf deren Holzplanken der Regen niederprasselte.
    »Du meine Güte, die Terrasse ist ja der Hammer!«, rief Mia begeistert.
    »Stimmt«, räumte Arthur ein, der einen Topf auf den Herd stellte. »Das ist ein schönes Plätzchen da draußen.«
    »Warum sind wir denn da noch nie raus gegangen?«
    Mia dachte an laue Frühlingsabende, die sie im Wohnzimmer statt oben auf dieser herrlichen Terrasse verbracht hatten. Aber sie war natürlich immer schnell wieder heimgegangen. Arthur hatte ihr nie angeboten, länger zu bleiben. Das fiel ihm offenbar auch gerade auf. Während er betont konzentriert in seinen Topf starrte, murmelte er:
    »Hat sich halt nie ergeben.«
    »Was gibt’s denn jetzt eigentlich?«, fragte Mia rasch, um ihre Unsicherheit zu überspielen.
    »Wie wär's mit Spaghetti und Pesto? Ich habe mir sagen lassen, dass das in deinen Kreisen ein recht beliebtes Gericht sein soll.«
    Mia gefiel der freundliche Spott in Arthurs Stimme. »Klingt super!«
    Sie setzte sich an den Esstisch, ließ sich von Arthur ein Glas Wein einschenken und schaute ihm beim Kochen zu. Bewundernd musterte sie seinen durchtrainierten Körper – die breiten Schultern, den knackigen Hintern, der sich deutlich unter der Hose abzeichnete, die langen Beine und den Nacken, der sich dunkel vom weißen Hemdkragen abhob. Plötzlich überkam sie das überwältigende Verlangen, diesen schmalen Streifen zwischen Kragen und Haar zu berühren, jene ungeschützte Stelle mit der weichen Haut, unter der die Muskeln spielten. Hastig nahm Mia einen Schluck Wein und zwang sich, Arthur ganz sachlich beim Kochen zu beobachten. Das war ohnehin aufregend genug.
    Dies war ein ganz anderer Arthur als der, den Mia bisher kannte. Er passte weder zu ihrem Bild des kalten, berechnenden Geschäftsmannes noch zu dem Mann mit den recht einseitigen sexuellen Obsessionen. Dieser Arthur war überraschend normal. Souverän bewegte er sich zwischen Herd und Kühlschrank und routiniert bereitete er das Essen zu. Das Basilikumpesto machte er selbst, der Parmesan kam frisch vom Stück. Zumindest in einem Punkt hatte Mia sich nicht getäuscht: Es gab nichts, wovon Arthur keine Ahnung hatte und das er nicht perfekt beherrschte.
     
    Das Essen war schlicht und doch vollkommen, es schmeckte fantastisch. Der Wein versetzte Mia in eine entspannte, leicht melancholische Stimmung. Dazu trug auch die Musik bei, die Arthur aufgelegt hatte. Suchende Klavierakkorde traten in Dialog mit einer Trompete, ihre klagenden Töne erfüllten den Raum.
    »Was ist das für Musik?«, fragte Mia.
    »Miles Davis«,

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