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Ebbe und Glut

Ebbe und Glut

Titel: Ebbe und Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Burkhardt
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seine Triebe unbedingt ausleben zu müssen. Er flirtete mit anderen Frauen und berauschte sich an der Vorstellung, mit ihnen ins Bett zu gehen. Aber dann dachte er daran, wie Carol roch, so warm und einladend, und er wusste, dass er mit keiner Frau jemals wieder so viel intensive Nähe und Leidenschaft erleben würde wie mit ihr. Er betrog Carol in all den Jahren nicht ein einziges Mal. Kein noch so aufregender Frauenkörper war es wert.
    »Ach, Honey, das Wichtigste ist doch, dass wir uns haben und wissen, dass wir zueinander gehören.« Carol umschlang ihn mit ihren Armen.
    »Das tun wir auf jeden Fall«, murmelte Arthur und ließ seine Hände langsam abwärts gleiten.
    »Schön.« Sie drängte sich ihm entgegen. »Dann ist ja alles klar und wir können jetzt ein Kind machen.«
    Arthur hob verblüfft den Kopf. Hatte er etwas verpasst? »Das heißt, du willst deinen Job doch kündigen?«, fragte er verwundert. Er konnte es kaum glauben.
    Carol schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht.«
    »Und wie stellst du dir das dann vor?«
    »Es wird schon irgendwie gehen. Vielleicht kann ich mich um ein neues Projekt in Asien bewerben, damit wir wieder näher beieinander sind.«
    Das war typisch Carol. Ihre Ideen waren oft ungar und wenig durchdacht. Unwillig ließ Arthur erneut von ihr ab. Der Morgen entwickelte sich weit weniger lustvoll, als er sich erhofft hatte.
    »Süße, du kannst nicht schwanger in New York sitzen, während ich in Singapur bin. Wie stellst du dir das vor?«
    »Ach, das geht schon.« Carol lachte unbekümmert. »Meine Schwester kann mir helfen. Und ich habe so viele Überstunden gemacht, dass ich sicher öfter mal ein langes Wochenende zu dir fliegen kann.«
    Arthur richtete sich abrupt auf. Was redete Carol da für einen Unsinn? »Du kannst doch nicht mehr alleine in New York wohnen, wenn du schwanger bist. Dann sehen wir uns ja gar nicht. Und dann kommt das Kind vielleicht sogar, während ich nicht da bin.« Er hatte noch nie über die Details nachgedacht, aber jetzt, in diesem Moment, fand er nichts unerträglicher als die Vorstellung, dass seine Frau irgendwo alleine ein Kind gebar, während er hilflos und untätig weit weg auf einem anderen Kontinent saß.
    »Es gibt doch noch den Mutterschutz«, sagte Carol leichthin. »Ich bleibe einfach ein paar Wochen bei dir, und alles wird gut.«
    Manchmal machte sie Arthur mit ihrer geradezu naiven Sicht auf die Welt wahnsinnig. Er konnte seinen Ärger nur mühsam unterdrücken. »Das ist doch alles Quatsch«, sagte er. »Du wirst in New York deine Ärzte haben, die dich betreuen und kennen. Da kannst du nicht einfach ein paar Tage vor der Geburt in ein anderes Land reisen. Und ich kann unmöglich wochenlang in New York sitzen und darauf warten, bis das Baby da ist. Und selbst wenn ich die Geburt zufällig mitbekomme – was dann? Dann fahre ich nach ein paar Tagen wieder weg und kriege das Kind erst Wochen oder Monate später mal wieder zu Gesicht.«
    »Dass du immer so übertreiben musst.« Nun wurde auch Carol ärgerlich. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich mich um einen neuen Auftrag in deiner Nähe bemühe.«
    Arthur bezweifelte, dass das so einfach war. Er unternahm einen neuen Anlauf, Carol begreiflich zu machen, dass sie ihren Job aufgeben musste, wenn sie ein Kind haben wollte, brach aber enttäuscht ab, als er Carols Blick sah.
    »Arthur, ich werde auf keinen Fall wegen eines Kindes meine Karriere an den Nagel hängen, das habe ich dir schon hundertmal gesagt, und ich bleibe dabei.«
    »Aber wie wollen wir denn weiter leben? Du in Amerika, ich in Asien? Wir schreiben uns haufenweise Mails, gucken uns über unsere Webcams an und treffen uns nur alle paar Wochen mal für ein langes Wochenende. So will ich auf keinen Fall die nächsten zwanzig Jahre verbringen. Schon gar nicht, wenn wir auch noch Kinder haben.«
    »Du hast doch selbst gesagt, dass es nur noch um drei Jahre geht. Und außerdem bist du ja auch ständig unterwegs.« Auf einmal war alle Wärme aus Carols grünen Augen verschwunden, ihre morgendliche Sanftheit wich vorwurfsvollem Groll.
    »Aber doch nicht halb so viel wie du.« Hilflos fuhr Arthur sich mit den Fingern durch die Haare. Sie drehten sich im Kreis, seit Monaten schon. Und jetzt kam auch noch Carols absurder Kinderwunsch hinzu. Wie sollte das gehen, wo sie das Zusammenleben nicht mal als Paar hinbekamen? Würden sie ein Kind haben, das bei Haushälterinnen und Nannys aufwuchs, während seine Eltern um die Welt jetteten?

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