Echo der Angst - Eden, C: Echo der Angst
Luke.
Sie grunzte. » FBI -Agenten.« Dann stieß sie einen Pfiff aus. »Auf der Suche nach Kyle? Hier werden Sie ihn nicht finden.«
»Wie wir hörten, hat er die Stadt verlassen«, sagte Monica.
»Ja. Nach Saundras Tod – die süße kleine Saundra – ist er fortgegangen.« Sie neigte den Kopf leicht nach rechts.
»Wissen Sie, wohin?«
May drehte sich um. »Kommen Sie. Ich will mir die Marken im Licht ansehen.«
Als sie ihr folgten, quietschten die Treppenstufen unter ihren Schritten.
Mays Haus war vollgestopft mit alten Kisten, deren Stapel fast bis zur Decke reichten. Außerdem lagen überall alte Tageszeitungen und Puppen herum, Porzellanpuppen mit weit aufgerissenen schwarzen Augen.
Auf der Couch war kein Platz zum Sitzen. Sie war übersät mit Büchern.
Im hellen Licht des Zimmers beschäftigte sich May ausgiebig mit ihren Marken. »Ich habe keine Ahnung, wo Kyle steckt«, sagte sie schließlich.
»Haben Sie eine Vermutung?«, hakte Luke nach.
»Sind Sie in eine Prügelei geraten? Was ist mit Ihrem Auge los?«
Luke zuckte die Achseln. »Ich bin in eine Faust gelaufen.« Er wich Mays Blick nicht aus. »Ma’am, haben Sie eine Ahnung, wo Kyle sich zur Zeit aufhalten könnte?«
Sie zögerte, dann schienen ihre ohnehin schon schmalen Lippen noch schmaler zu werden. »Vermutlich im Westen. Er hat immer davon geredet, nach Kalifornien zu gehen und seinen Vater zu suchen.«
Luke zückte ein Notizbuch. »Wer ist sein Vater?«
»Ich will verdammt sein, wenn ich es weiß.« May schob ein paar Bücher zur Seite und setzte sich auf den Rand der Couch. »Meine Schwester Margaret wusste es auch nicht. Irgendein Typ, den sie eines Abends kennengelernt hat. Der Idiot hat ihr ein besseres Leben versprochen, stattdessen hat er sie geschwängert und sitzengelassen.«
Das klang nicht gerade nach großem Familienzusammenhalt. »Kyle hat nie erfahren, wer sein Vater ist?«
»Niemand wusste es. Als mein Bruder Henry erfuhr, dass der Mann Margaret geschwängert hatte, wollte er ihn unbedingt finden, aber es ist ihm nicht gelungen. Vielleicht hat er es auch gar nicht versucht.«
Henry. Das musste dann wohl Sheriff Patterson gewesen sein. Monica schlenderte unauffällig durchs Zimmer. Die Tageszeitungen waren mindestens zehn Jahre alt, und auf den meisten Büchern lag Staub. May las die Bücher nicht, sie bewahrte sie nur auf.
Wie augenscheinlich fast alles andere. »Was ist mit Kyles Mutter?«
Als Monica sich zu der Frau umdrehte, sah sie, dass sie zusammenzuckte. »Tot.«
»Tut mir leid«, sagte Luke sanft. »Es muss hart für Sie gewesen sein, Ihre Schwester zu verlieren.«
Sie nickte.
»Wie ist sie gestorben?«, fragte er und trat näher an May heran, nicht drohend, sondern voller Anteilnahme.
May runzelte die Stirn. »Bei einem Feuer. Sie ist vor fünfzehn Jahren bei einem Brand in der Brantley Street ums Leben gekommen. He, lassen Sie meine Sachen in Ruhe«, knurrte sie Monica an.
Monica trat von den Zeitungen zurück. »Haben Sie vielleicht irgendwelche Briefe von Kyle? Oder vielleicht so etwas wie alte Hausaufgaben?« So wie das Haus aussah, konnte das absolut der Fall sein. May schien alles aufzuheben. Möglicherweise konnten sie etwas Handschriftliches von Kyle bekommen, das sie mit den Zetteln vergleichen konnten.
May strich sich irritiert übers Haar. »Wie bitte? Was wollen Sie denn damit?«
Feststellen, ob er ein Mörder ist , dachte Monica, sagte aber stattdessen: »Es hängt mit einer Untersuchung zusammen, die wir gerade durchführen.«
»Verdächtigen Sie Kyle wegen irgendwas?« Ungestüm schüttelte sie den Kopf. »Glauben Sie mir, er hat nichts getan.«
»Ganz ruhig, es ist alles in Ordnung«, sagte Luke.
Aber May rutschte ganz ans Ende der Couch und stieß dabei mit dem Ellbogen gegen einen Stapel Zeitungen, der krachend zu Boden fiel. »Mein Herz … tut wieder weh. Ich brauche meine Arznei.« Sie verzog das Gesicht und brummte: »Be mine, Valentine.«
»Wie bitte?« Monica räusperte sich.
»Wo ist denn Ihre Arznei, May?« Luke beugte sich zu ihr hinunter. »Ich hole sie.«
»Nein! Nein! Ich brauche Sie nicht. Ich … «
»Schon gut.« Er lächelte freundlich. Wie mühelos ihm das immer gelang! »War Kyle bei Margaret, als das Feuer ausbrach?«
May wurde blass, und ihre grünen Augen verrieten Angst. »Ich will, dass Sie jetzt gehen. Los. Ich bin eine kranke, alte Frau. Sie sollten mich nicht behelligen.«
»Tut mir leid, May«, antwortete Luke sofort. »Wir wollten Sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher