Echo des Blutes: Thriller (German Edition)
brauchen, rufen Sie ihn auf jeden Fall an. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir nicht den geringsten Verdacht gegen Sie hegen. Sie sind eine Zeugin, und eine sehr wichtige dazu. Wir müssen Ihnen lediglich ein paar Fragen stellen. Je mehr Sie uns erzählen, desto größer ist die Chance, dass wir die Person finden, die Ihrem Mann das angetan hat.«
Jessica ließ ihren Blick noch einmal schnell durch den Raum schweifen. Auf dem Sims über dem gemauerten Kamin standen keine Bilder der Beckmans, keine weichgezeichneten Hochzeitsfotos in kitschigen Goldrahmen.
»Wenn Sie uns noch ein paar Minuten ertragen«, fuhr Byrne fort, »werden wir alle Informationen haben, die wir brauchen. Dann lassen wir Sie allein, damit Sie sich fassen und darüber nachdenken können, was Sie nun alles regeln müssen.«
Sharon Beckman starrte ihn an. Byrne stellte ihr die Fragen, die er stellen musste, und versicherte ihr immer wieder, dass sie nichts zu befürchten habe. Schließlich bat er sie um ein Foto ihres Mannes.
Während Sharon Beckman im Korridor stand und in einem großen Pappkarton ein Foto suchte, wurde die Eingangstür geöffnet.
Der Junge, der das Haus betrat, sah jünger als neunzehn aus. Ein supercooler Typ mit strähnigem blondem Haar und in einem Kapuzenshirt. Sein glasiger Blick wies darauf hin, dass er Drogen konsumiert hatte. Als er Byrne erblickte, schien er sofort zu erraten, dass dieser Polizist war. Diese Erkenntnis veranlasste den Jungen, die rechte Hand tief in seine Baggy-Shorts zu stecken. Das Dope-Versteck.
»Guten Tag«, murmelte der Junge.
»Guten Tag«, erwiderte Byrne. »Bist du Jason?«
Der Junge starrte ihn schockiert an, als wundere er sich maßlos, dass Byrne das wusste. »Ja«, flüsterte Jason kaum hörbar. Er stellte sich auf die Absätze, als könnte er die Distanz zwischen ihnen dadurch vergrößern. Jessica roch den Marihuana-Geruch in seiner Kleidung aus drei Metern Entfernung.
»Kenny ist tot«, sagte Sharon Beckman, als sie mit ein paar alten Fotos ins Wohnzimmer zurückkehrte. Sie reichte sie Jessica.
Jason starrte seine Mutter an und blinzelte. Es sah fast so aus, als hätten die Worte sein Gehirn nicht erreicht. »Tot?«
»Ja. Er lebt nicht mehr, verstehst du?«
Jessica beobachtete den Jungen. Er zeigte keinerlei Regung.
In den nächsten Minuten stellte Byrne Jason die Standardfragen und erhielt die erwarteten Antworten. Jason sagte aus, dass er seinen Stiefvater seit mehr als drei Tagen nicht mehr gesehen habe.
»Ich möchte Ihnen noch einmal unser Beileid aussprechen«, sagte Byrne zu den beiden und steckte sein Notizbuch ein. Er warf zwei Visitenkarten auf den vollgestellten Couchtisch. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, was uns helfen könnte, rufen Sie uns bitte an.«
Sie kehrten schweigend zu ihrem Wagen zurück und überlegten beide, was die zurückhaltenden Reaktionen von Beckmans Witwe und seinem Stiefsohn wohl bedeuteten. Sharon und Jason hatten, gelinde gesagt, nicht so reagiert, wie es üblich war, wenn jemand vom Tod eines nahestehenden Menschen erfuhr.
Seitdem sie das Haus der Beckmans betreten hatten, war die Temperatur um ein paar Grad gesunken. Es regnete noch immer und wurde kälter. Zum ersten Mal in diesem Jahr roch es nach Schnee.
Als sie auf dem Parkplatz des Roundhouse ankamen, stieg Josh Bontrager gerade in einen Wagen der Mordkommission. Als er sie sah, schlug er die Tür zu und lief auf sie zu. Dennis Stansfield, der im Auto saß, blieb wohlweislich darin sitzen.
»Was ist los, Josh?«, fragte Byrne ihn.
»Habt ihr die Witwe schon informiert?«
»Ja, wir waren gerade da. Hast du was für uns?«
»Ich hab Kenneth Beckman überprüft. Die Polizei hat sich schon mal für ihn interessiert.«
»In welchem Zusammenhang?«, fragte Jessica.
»Mord.«
Jessicas Herzschlag beschleunigte sich. »Dieser Typ wurde in Zusammenhang mit einem Mord unter die Lupe genommen? Wann war das?«
»2002.«
»Wie weit gingen die Ermittlungen?«
»Er musste zum Verhör antreten, hat aber nicht gestanden«, sagte Bontrager. »Der Detective, der den Fall damals bearbeitet hat, blieb noch ein paar Jahre an Beckman dran und fügte noch ein paar Vermerke hinzu. Schließlich wurden die Ermittlungen eingestellt, und 2006 wurde der Fall zu den Akten gelegt.«
»Wer war das Opfer?«
Bontrager zog sein Notizbuch aus der Tasche. »Ein neunzehnjähriges Mädchen namens Antoinette Chan. Sie wurde durch mehrere kräftige Schläge mit einem Klauenhammer getötet. Die Waffe
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