Echo des Blutes: Thriller (German Edition)
Tasche. »Heute findet hier eine Beerdigung statt. Ein Friedhofsangestellter hat heute Morgen das Grab ausgehoben und dabei die Leiche gegen sechs Uhr entdeckt. Er sagt, dass er gestern Nachmittag an der Grabstelle war und nichts gesehen hat. Die Leiche muss also zwischen gestern Nachmittag vier Uhr und heute Morgen sechs Uhr hier abgelegt worden sein.«
Byrne schaute auf den Zaun. »Kann man den Friedhof jederzeit betreten?«
»Im Grunde schon«, erwiderte Bontrager. Er zeigte auf den Teil des Friedhofs, der an den beiden Hauptverkehrsstraßen lag. »Ich bin um den halben Friedhof herumgelaufen, als ich hier ankam. Es gibt viele Stellen, an denen man den Friedhof betreten kann, ohne gesehen zu werden. Überall stehen Bäume, die die Sicht versperren.«
»Hat der Friedhofsangestellte irgendetwas verändert oder angefasst?«
»Er sagt, nein. Wie ihr euch vorstellen könnt, war der Anblick der Leiche kein großer Schock für ihn. Trotzdem ist es etwas anderes, wenn man hier plötzlich ein Mordopfer findet. Als er die Leiche gesehen hat, hat er sich eine Zigarette angesteckt, einen Schluck Tequila aus seiner kleinen Flasche getrunken – was natürlich verboten ist – und seinen Boss angerufen.«
»Hat er den Ort nach dem Telefonat verlassen?«
»Er sagt, nein, und ich glaube ihm.«
»Liegt die Leiche in der Nähe einer Grabstelle?«, fragte Jessica.
»Direkt auf einem Grab.«
»Gibt es Hinweise auf die Identität des Opfers?«
»Nein. Bis jetzt haben wir jedenfalls nichts gefunden. Ich habe das ganze Gebiet ringsum aber noch nicht abgesucht.«
Byrne schaute sich noch einmal um. »Ist es derselbe Täter, Josh?«
»Oh ja. Das ist unser Täter. Daran besteht kein Zweifel.«
»Okay«, sagte Byrne. »Dann wollen wir uns die Leiche mal ansehen.«
Die drei gingen einen schmalen, mit Unkraut überwucherten Pfad zwischen den Grabsteinen entlang, die aus der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts stammten. Etwa jedes zehnte Grab konnte man noch als einigermaßen gepflegt bezeichnen. Einige zierten sogar Plastikblumen. Die meisten Gräber waren jedoch furchtbar verwahrlost.
Auf der Anhöhe warf Jessica einen Blick über die Schulter. Allmählich wimmelte es hier von Polizisten. Ein halbes Dutzend Kollegen und auch Vertreter der Bezirksstaatsanwaltschaft waren eingetroffen. Die Tatsache, dass die Bezirksstaatsanwaltschaft anwesend war, verriet den Detectives, dass diesen Morden höchste Priorität eingeräumt wurde.
Die drei Detectives standen am Fundort. Josh Bontragers Blick wanderte zu Jessica und dann zu Byrne. Er kniete sich neben die Leiche. Jessica nickte. Bontrager hob das Tuch hoch.
»O mein Gott!«, murmelte Byrne. Der Anblick der Leiche erschütterte sie alle.
Wie das erste Opfer war die Frau mittleren Alters nackt, und auch hier hatte jemand die gesamte Körper-und Kopfbehaarung abrasiert. Jessica fielen sofort die blauen Striemen an den Fußknöcheln auf. Der Mörder hatte sie gefesselt.
Um den Kopf dieser Leiche war wie bei Kenneth Beckman ein Papierstreifen gewickelt, und auf den beiden Enden, die sich überlappten, klebte rotes Wachs. Die Wunden ähnelten sich stark: ein gerader Schnitt auf der Stirn, darunter etwas weiter links ein runder Blutfleck und neben dem rechten Ohr die mit Blut gemalte Zahl Acht.
Das waren die Gemeinsamkeiten zwischen dieser Leiche und der von Kenneth Beckman, aber es gab auch einen Unterschied. Diese Leiche lag mit einem Bein über dem niedrigen Grabstein auf der Seite neben der Grabstätte. Das linke Bein war in einem unnatürlichen Winkel vollständig abgewinkelt. Jessica sah den Knochen, der aus dem Oberschenkel herausragte.
»Ist der Rechtsmediziner schon da?«, fragte Jessica.
»Noch nicht.«
»Wurden Fotos gemacht?«
Bontrager nickte und zeigte auf den Kriminaltechniker, der an einem Baum in der Nähe lehnte und eine Zigarette rauchte. »Auch Videoaufnahmen.«
Jessica schaute auf den Grabstein. Das rechte Bein des Opfers lag auf dem Stein, der zur Hälfte mit Kieselsteinen und Unkraut bedeckt war. Der Fuß lag genau in der Mitte.
»Kevin. Hilf mir mal bitte.«
Die beiden Detectives streiften Latexhandschuhe über und knieten sich jeweils auf einer Seite der Leiche auf den Boden. Vorsichtig hoben sie das rechte Bein des Opfers ein paar Zentimeter hoch, achteten jedoch darauf, keine Spuren zu verwischen, und legten das Bein dann wieder ab. Der Grabstein sah nicht annähernd so alt aus wie die anderen ringsum, fast als wäre er erst vor ein paar Jahren
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