Echo des Zorns (German Edition)
und ließ sich kalte Luft ins Gesicht wehen.
Zu knapp.
Er hatte vorgehabt, Veronica umzubringen, allerdings nicht jetzt und nicht dort. Aber er war diesem Blödmann Ridgeway gefolgt, und als dieser ins Express gegangen war – da hatte er gewusst, dass ihre Zeit abgelaufen war.
Veronica war schwach, das hatte er gewusst. Er hatte diese Schwäche genutzt. Wenn das FBI sie in die Finger bekommen hätte, hätte sie alles gestanden – und alles ruiniert.
Er hatte gewusst, dass er etwas unternehmen musste, und dann war Veronica ihm in die Arme gelaufen. Gut, dass er vorbereitet gewesen war.
Das FBI war ihm schneller auf die Spur gekommen, als er gedacht hatte. Er musste aufpassen.
Als er an der Ampel anhalten musste, sah er an sich herunter. Sein Hemd war voller Blut. Veronica war sanft gestorben. Kein ausgedehntes, mühseliges Sterben, sondern ein schnelles, fast schmerzfreies Ende. Seiner Ansicht nach hatte sie das auch verdient.
Arme Veronica. Ihr Leben lang hatte sie nie zu viel getaugt.
Aber eins war sie sicher gewesen: eine geile Frau.
Er zog sein Mobiltelefon heraus, wählte die Nummer, und als sich Frank, der große Baulöwe, mit zitternder Stimme meldete, sagte er: »Es ist so weit.«
10
Lichtkegel beleuchteten die Leiche. Max stand hinter dem gelben Polizeiband, aber auch von dort konnte er die Frau und den tiefroten Fleck auf ihrer Brust sehen. Blut, das sich mit dem Abfall und der Erde unter ihr mischte.
»Lassen Sie ihn durch«, befahl Dante, und schon wurde Max unter dem Band hindurchgezogen und näher an den Tatort herangeführt.
»Sie wissen, was los ist«, sagte Luke.
Er hatte nicht die geringste Ahnung. Er wusste nur, dass immer mehr Leichen auftauchten – und das war alles andere als gut.
»Der Boss der Kidnapper verwischt seine Spuren. Er bringt sein Team und jeden, der ihn identifizieren könnte, um.«
»Was ist mit Quinlan?«
An Lukes Kinn zuckte ein Muskel. »Zu diesem Zeitpunkt …« Er rieb sich den Nacken. »Tut mir leid, Ridgeway, aber die Chancen, dass er noch lebt, sind sehr gering.«
Max ballte die Fäuste.
»Wir waren ihr schon ganz nahe.« Noch immer sah er ihr Gesicht vor sich. Weit aufgerissene Augen, aus denen sie ihn angestarrt hatte, als erkenne sie ihn wieder, und dann war sie in die Nacht hinausgestürmt. »Wenn sie doch nur mit uns gesprochen hätte …«
»Dann wäre sie vielleicht nicht so geendet, das Herz halb herausgeschnitten.« Erbarmungslos.
Dante nahm kein Blatt vor den Mund.
»Sehen Sie sich das an!«
Max drehte sich um, als er Sams Stimme vernahm. Sie klang ärgerlich und sehr entschlossen.
Sam stand an der südlichen Einfahrt zur Gasse und hatte eine Frau fest am Arm gepackt – die rothaarige Barfrau, die die Blondine gewarnt und Sam angerempelt hatte, als sie ihr folgen wollten.
Dieser kurze Augenblick … wenn sie einfach …
»Sam?« Dante bedeutete Max stehen zu bleiben und lief auf Samantha zu. »Samantha, was ist los?«
Sie duckte sich unter dem Polizeiabsperrband durch und zog die Frau hinter sich her.
Die Barfrau schrie. »Nein, verdammt! Nein, ich will nicht …«
»Mir ist egal, was Sie wollen.« Sam blieb abrupt stehen und starrte die Frau an. »Ihre Freundin ist tot, und Sie werden sie sich anschauen.«
Die Frau schüttelte den Kopf und versuchte, sich loszureißen.
Sam ließ nicht los.
»Sam …« Luke trat neben sie. »Vergiss nicht, das ist ein Tatort. Du kannst nicht einfach …«
»Ich habe keine Zeit zu verlieren.« Jetzt klang sie plötzlich nur noch erschöpft und unglücklich.
Max wollte zu ihr, aber sofort legte ihm ein Polizist die Hand gegen die Brust und hielt ihn zurück, damit er den Tatort nicht verunreinigte. Dabei hatte er wahrscheinlich schon alle Spuren zertrampelt, als er mit Samantha in die Seitengasse hineingerannt war.
»Ich habe keine Zeit zu verlieren«, wiederholte Samantha, »und Quinlan ebenso wenig.«
Die Barfrau starrte auf den Leichnam hinab. »Ich kenne keinen …«
»Mein Bruder«, fuhr Max sie an. »Er heißt Quinlan Malone, und er wird vermisst.«
Sam warf ihm einen Blick zu. Einen kurzen Augenblick lang sahen sie sich an, dann ließ sie die Frau los und trat zur Seite. Jetzt konnte die Rothaarige das Gesicht der Leiche sehen. »Nein!« Bebend wandte sie sich ab.
Sam starrte den Rücken der Frau an. »Sie waren Freundinnen.«
Gina nickte.
»Sie haben sie gewarnt, Sie hätten lieber auf mich hören sollen. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich ihr helfen kann.«
Ginas Schultern
Weitere Kostenlose Bücher