Echo des Zorns (German Edition)
Wahnsinnige durch die Nacht rasen musste. Sie katapultierte die Schuhe von den Füßen und lief noch schneller.
Dann bog sie in eine Seitengasse ab. Sie ächzte. Sie hatte es geschafft. Sie musste es einfach geschafft haben. Sie wollte nicht wegen Mordes verurteilt werden.
Mike war tot, das hatte sie in den Nachrichten gesehen. Die Geldübergabe war schiefgelaufen, und die FBI -Agenten hatten ihn niedergeschossen. Immerhin würden sie sich schwertun, ihn zu identifizieren. Mike war es immer gelungen, den Bullen ein Schnippchen zu schlagen. Aber diesmal hatte es ihn erwischt.Mike war tot, aber Kevin lebte, und auf ihn hatte sie sich immer verlassen können. Er würde im Lagerhaus auf sie warten, und dann würden sie sich eine Zeit lang nicht mehr blicken lassen, bis sich alles ein wenig beruhigt hatte.
Jemand packte sie. Eine Hand legte sich auf Veronicas Mund und nahm ihr das bisschen Luft, nach dem sie mühsam rang.
»Sei ganz still«, hörte sie die bekannte Stimme flüstern, und sofort wurde sie ruhiger. Er hätte nicht hier sein dürfen. Sie hatten sich ursprünglich nicht treffen wollen – aber sie war verdammt froh, nicht mehr allein zu sein.
Er zog sie tiefer in die Seitengasse und schob sie hinter einen Müllcontainer, eine Hand noch immer auf ihrem Mund, die andere um ihre Taille geschlungen.
Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. Ihre Lunge schmerzte. Aber er war da. Er würde auf sie achtgeben. Das hatte er versprochen.
Die Schritte wurden lauter. Oder war das ihr Herz?
Seins?
»Schaut nur nicht in die Seitengasse«, dachte sie. »Nicht hereinschauen.«
Dann erhaschte sie einen kurzen Blick auf die Rothaarige, die die Straße entlanggerannt kam. Auf dem Weg zum Parkplatz . Genau dorthin, wohin auch Veronica unterwegs gewesen war.
Ridgeway war direkt hinter ihr. Er schien die Gasse nicht mal zu bemerken.
Ihre Lippen drückten sich fester gegen den weichen Handschuh an der Hand ihres Liebsten. »Sie sind fort«, wisperte er und küsste sie auf die Wange.
Sie war in Sicherheit.
Er nahm die Hand von ihrer Körpermitte, und ein eisig heißer Schmerz schnitt in ihr Herz.
Er presste die Hand noch fester auf ihren Mund und erstickte den Schrei, der sich ihrer Kehle entringen wollte. »Sie sind fort, aber sie werden bald wieder da sein, deshalb muss ich mich beeilen, meine Liebe.« Das Messer drehte sich. Brannte.
Alles in ihr wurde leblos und taub.
»Hast du wirklich geglaubt, ich teile mit dir?« Noch immer war seine Stimme nur ein Flüstern. »Du bist wirklich eine selten blöde Kuh! Aber eine perfekte Hure.«
Er zog das Messer aus ihrem Herzen. Blut spritzte, und sie sackte zusammen. Sie versuchte noch, sich am Abfallcontainer festzuhalten, aber ihre Hände glitten ab, und der Metalldeckel krachte herab.
Er tauchte in die dunkle Nacht ein.
***
Samantha blieb stehen. Sie hatte etwas gehört, einen Knall, ein undeutliches Echo – als hätte jemand eine Metalltür zugeschlagen. Sie fuhr herum.
»Sam?«
»Die Seitengasse …« Sie hatte schon die Schusswaffe gezogen. Drei Meter. Fünf. Dann hatte sie die Gasse erreicht, an der sie zuvor vorbeigelaufen war, und hastete hinein.
Eine Katze fauchte und schoss an ihren Beinen vorbei.
Verdammt, verdammt, verdammt!
»Sie ist weg«, hörte sie Max grimmig sagen. Der Spurt schien ihn nicht angestrengt zu haben. Er ging weiter in die Gasse hinein. »Mist, die führt zur Hauptstraße. Vermutlich ist sie hier durch und dann zurück zu ihrem Auto.«
Sam stieg der durchdringende Gestank von Abfall, Zigaretten und sonstigem Dreck in die Nase, über den sie lieber nicht genauer nachdenken wollte.
Ein metallischer Knall.
Nachdem sie ein paar Schritte gegangen war, kam ein neuer Geruch hinzu. Stärker. Frischer.
»Die Barfrau kennt sie«, sagte Max. »Wir müssen zurück und herausbekommen, wo die Blonde wohnt.«
Sam kniff die Augen zusammen, um in der Dunkelheit besser sehen zu können.
In der Ferne sprang ein Motor an. Reifen quietschten. In ihrer Brust machte sich unendlicher Schmerz breit. »Ich weiß, wo sie ist.«
Max drehte sich um und sah sie fragend an.
Kopfschüttelnd beugte Samantha sich vor. Sie wusste, was sie roch, war Blut. Aus einem Fenster im ersten Stock fiel ein wenig Licht direkt auf eine Strähne blonden Haars.
Samantha holte ihr Handy heraus und rief Dante an. »Ich habe eine Leiche«, sagte sie, als er abhob.
***
Der Killer trat das Gaspedal voll durch. Verflucht, das war knapp gewesen. Er kurbelte das Fenster herunter
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