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Echo gluecklicher Tage - Roman

Echo gluecklicher Tage - Roman

Titel: Echo gluecklicher Tage - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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durchzubringen.
    Am Sonntagabend jedenfalls, als Sam den ganzen Tag zu Hause war und die hektische Betriebsamkeit beobachtete, konnte Beth an seinem besorgten Gesicht sehen, dass er endlich begriff, wie ernst die Lage war.
    »Warum hast du es mir nicht gesagt?«, fragte er Beth vorwurfsvoll, die im Sessel mit Molly schmuste.
    »Du hast schon genug Sorgen«, erklärte sie wahrheitsgemäß. »Außerdem hatte ich gehofft, dass sie sich erholt.«
    Die kleine Glocke erklang, die Beth auf den Nachttisch ihrer Mutter gestellt hatte, damit sie sie rufen konnte, wenn sie etwas brauchte. Beth erhob sich und ging mit Molly auf dem Arm ins Schlafzimmer.
    Es war sehr heiß und stickig darin, und der unangenehme Geruch war noch stärker geworden.
    »Möchtest du etwas trinken, Mama?«, fragte Beth und wandte den Blick vom Gesicht ihrer Mutter ab. Es tat weh, sie anzusehen, denn das Fleisch in ihrem Gesicht schien in die Knochen eingesunken zu sein, und ihre Augen standen heraus wie die der Fische in der Auslage des Fischhändlers.
    »Nein. Hol Sam, ich muss mit euch beiden sprechen«, erwiderte sie, und ihre Stimme war nur noch ein heiseres Flüstern.
    Sam kam sofort und rümpfte die Nase über den Gestank.
    »Kommt näher«, flüsterte ihre Mutter. »Das Sprechen tut jetzt weh.«
    Bruder und Schwester traten an das Bett, und Beth drückte Molly fest an ihre Brust. »Was ist los, Mama?«, fragte Sam mit zitternder Stimme.
    »Ich muss euch etwas Schlimmes sagen«, erklärte Alice. »Ich weiß, dass ich sterbe, aber ich kann nicht gehen, wenn mir das auf der Seele liegt.«
    Sam erwiderte, dass sie nicht sterben würde und dass sie immer gut gewesen sei, aber sie winkte nur schwach mit der Hand, um ihn davon abzuhalten. »Ich bin keine gute Frau«, sagte sie mit matter, rauer Stimme. »Euer Vater hat sich meinetwegen umgebracht.«
    Sam warf Beth einen fragenden Blick zu. Seine Schwester zuckte mit den Schultern, weil sie glaubte, dass ihre Mutter durch das Fieber verwirrt war.
    »Es gab einen anderen Mann. Euer Vater fand es ein paar Wochen bevor er sich das Leben nahm, heraus. Er sagte, er würde mir vergeben, wenn ich ihm verspreche, dass ich diesen Mann nie mehr wiedersehe.« Sie brach ab und hustete schwach. Weder Beth noch Sam rührten sich, um ihr etwas zu trinken zu geben.
    »Ich habe es ihm versprochen«, fuhr sie fort, als der Husten aufhörte. »Aber ich konnte das Versprechen nicht halten und traf mich weiter mit dem Mann, wenn ich mich wegschleichen konnte. Das letzte Mal war ich mit ihm an dem Morgen des Tages zusammen, an dem Frank sich erhängte.«
    Beth war fassungslos. »Wie konntest du nur?«, platzte sie heraus.
    »Du, du ...«, rief Sam, und sein Gesicht wurde rot vor Wut und Ekel. »Du Hure!«
    »Ganz egal, was ihr sagt, ich könnte mich nicht schlechter fühlen, als ich es schon tue«, krächzte Alice. »Ich habe euern Vater betrogen und bin verantwortlich für seinen Tod. Er war ein guter Mann, zu gut für mich.«
    »Und Molly? Wer ist ihr Vater?«, schrie Beth.
    »Der andere Mann«, sagte ihre Mutter und schloss die Augen, als könnte sie es nicht ertragen, die wütenden Gesichter ihrer Kinder zu sehen. »Seht in der Schublade nach, wo ich meine Strumpfhosen aufbewahre«, sagte sie. »Da ist eine Nachricht, die ich in jener Nacht fand. Frank hatte sie mir unter das Kopfkissen geschoben.«
    Sam öffnete die kleine obere Schublade der Kommode und wühlte einen Moment darin, dann zog er einen Bogen Briefpapier heraus. Er nahm sich die Gaslampe, um zu lesen, was darauf stand.
    »Was steht da?«, fragte Beth.
    Liebe Alice , las Sam.
    Ich weiß schon seit einiger Zeit, dass Du Dich immer noch mit Deinem Liebhaber triffst. Wenn Du das hier findest, werde ich nicht mehr da sein, und Du bist frei und kannst mit dem Mann gehen, der Dir wichtiger ist als ich. Ich bitte Dich nur, nach meinem Tod eine gewisse Anstandsfrist zu wahren, bevor Du zu ihm ziehst, um unserer Kinder willen.
    Ich habe Dich geliebt, und es tut mir leid, dass das nicht genug war.
    Frank
    Beth fing an zu weinen, während Sam die Nachricht vorlas. Sie stellte sich vor, wie ihr ruhiger, sanftmütiger Vater diese Nachricht unten im Laden geschrieben hatte und dann zur Teezeit heraufgekommen war, um sie unter das Kopfkissen zu schieben. Selbst mit einem gebrochenen Herzen war er nicht wütend oder rachsüchtig geworden, sondern bis zum Schluss ein liebevoller Ehemann und Vater geblieben.
    Sam ging zu Beth und legte den Arm um sie. Er blickte auf Molly

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