Echo gluecklicher Tage - Roman
werde ich auch noch aktiv werden müssen.«
Jack hatte für das obere Stockwerk nicht viel Zeit gehabt. Es waren drei leere Zimmer mit groben Holzwänden und Holzböden, aber nachdem sie so lange in einem Zelt gelebt hatten, würde es für sie alle ein großer Luxus sein. Und was das Badezimmer anging, konnte sie kaum glauben, dass es Jack tatsächlich gelungen war, Rohre vom Boiler im Erdgeschoss bis nach oben zu verlegen, sodass man die Wanne mit heißem Wasser füllen konnte.
»Ein Ingenieur hat mir viel dabei geholfen«, erklärte er bescheiden. »Aber eine Toilette konnten wir nicht einbauen, denn es gibt noch keine Kanalisation in der Stadt. Deshalb müssen wir uns mit einem Plumpsklo draußen begnügen, bis es so weit ist.«
Die Front Street war die Hauptschlagader von Dawson City, die Tag und Nacht pulsierte. Am Tage war sie ein gigantischer Markt, wo man alles von Medizin über Pferde oder Hunde bis hin zu jeder Art von Lebensmitteln und Luxusartikeln kaufen konnte. Nachts war sie ein lautes, hedonistisches Paradies, wo man trinken, spielen, sich eine Show ansehen oder einfach nur vorbeigehen und Leute beobachten konnte, wenn man pleite war.
Selbst an Sonntagen, an denen laut Gesetz eigentlich alle Läden geschlossen sein mussten – was von der North-West Mounted Police rigoros durchgesetzt wurde –, strömten die Menschen durch die Straße. Die beliebtesten Saloons, Tanzlokale und Theater lagen an der Front Street und konkurrierten miteinander darum, der beste Laden zu sein. Sie wollten die hübschesten Tänzerinnen, die höchsten Einsätze beim Poker oder die besten Sänger und Entertainer.
Obwohl Beth, Theo und Jack noch nicht lange in Dawson waren, hatten sie gegenüber anderen Neuankömmlingen, die einen Laden eröffneten, den Vorteil, dass sie bereits genug Aufsehen in der Stadt erregt hatten, um einen Spitznamen zu erhalten. Die Leute mochten hier Spitznamen: Lime-juice Lil, Two-step Louis, Billy the Horse und Deep-hole Johnson waren nur einige, die sie gehört hatten. Theos Auftreten als englischer Gentleman und sein Ruf als guter Pokerspieler hatten ihm den Namen »The Gent« eingetragen. Jack wurde liebevoll »Cockney Jack« genannt und war der Mann, an den sich alle wandten, wenn sie etwas bauen wollten. Beth hieß immer noch »Gypsy«, so wie schon auf der Reise hierher, und im Monte Carlo wurde sie als die »Klondike Gypsy Queen« angekündigt.
Doch als sie um sechs Uhr abends den Saloon zum ersten Mal öffneten, waren sie trotzdem nervös. Die meisten anderen Lokale an der Front Street wurden von Eldorado-Königen betrieben, Männern mit Claims, die ihnen ein Vermögen eingebracht hatten und die es sich leisten konnten, ihre Läden mit Kronleuchtern, Samtteppichen, fünfköpfigen Bands und einem ganzen Haufen Mädchen auszustatten, um Leute anzulocken, bei denen das Geld locker saß. Aber Theos Geld war aufgebraucht, und er stand mit einigen Tausend Dollar für Getränke, Holz, Tische und Stühle in der Kreide.
Er hatte draußen ein Schild aufgestellt, auf dem alle Drinks zum halben Preis angeboten wurden, und sie hofften, dass das zusammen mit Beths Spiel die Leute anziehen würde. Theo trug einen weißen Anzug, den er als Begleichung für Spielschulden am Lake Bennett akzeptiert hatte. Mit Rüschenhemd, Fliege und glänzendem Öl in seinem schwarzen Haar sah er aus wie ein erfolgreicher Saloonbesitzer. Jack trug eine rote Weste, eine rot-weiß getupfte Fliege und einen Strohhut.
Beth hatte sich das neue pinkfarbene Kleid angezogen, das eigentlich für den Unabhängigkeitstag gedacht gewesen war. Sie hatte abgenommen, weil sie kaum etwas gegessen hatte, seit die Nachricht über Molly gekommen war, und sie sah so blass aus, dass sie sogar Rouge auf die Wangen aufgetragen hatte.
Sie fing an, einen Jig zu spielen, als sechs Männer an die Bar traten.
Sie hatten Will und Herbert eingestellt, zwei Männer aus Portland, die sie vom Lake Bennett kannten. Die beiden wollten unbedingt genug Geld zusammenbekommen, um mit dem nächsten Schiff nach Hause zu fahren, und Theo hatte ihnen versprochen, wenn sie zwei Wochen für ihn arbeiteten, würde er ihnen die Fahrscheine kaufen und jedem noch fünfzig Dollar geben.
Bei Beths dritter Nummer waren bereits ziemlich viele Leute hereingekommen, und plötzlich war sie überglücklich, weil sie die Leute hereinzog, um Geld in ihrem Saloon auszugeben. Sie hoffte, dass Sam jetzt auf sie heruntersah und sich freute, dass sie endlich ihr Ziel erreicht
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