Echo gluecklicher Tage - Roman
Es war ein wunderbar warmer Abend, und obwohl sie schrecklich müde war, hatte sie das Gefühl, alles bei sich zu haben, was sie wollte: Molly schlief im Kinderwagen, Sam ging neben ihr, und ein neues Heim wartete auf sie.
»Ich will nach Amerika«, sagte er. »Ich will nicht unterwürfig sein, auf einem Hocker sitzen und etwas in Depotbücher kritzeln und das Gefühl haben, dass ich dankbar für den Hungerlohn sein muss, den ich jede Woche bekomme. Und ich will auch nicht, dass du vorzeitig alterst, während du anderer Leute Sachen schrubbst. Amerika ist ein großes junges Land voller Möglichkeiten. Dort könnten wir es weit bringen.«
»Ich bin sicher, das könnten wir.« Beth hatte Angst zu fragen, ob Molly in seinem Traum auch vorkam. »Aber zuerst müssen wir wieder auf die Beine kommen.«
8
Edna Bruce überprüfte gerade die monatliche Rechnung des Fleischers, als sie Beth seufzen hörte. Sie sah auf und bemerkte, dass das Mädchen ungewöhnlich nachdenklich war, während es ein paar Knöpfe an einem von Mr Edwards Hemden festnähte.
Sie saßen in dem Raum, der früher das Zimmer des Butlers gewesen war, dem Zimmer am Fuß der Treppe in der unteren Etage. Da es keinen Butler gab, diente es jetzt als Näh- und Bügelzimmer, und da es draußen heftig regnete, war Molly bei ihnen und machte in ihrem Kinderwagen ihren Mittagsschlaf.
Es war sechs Wochen her, seit Beth und ihre kleine Familie am Falkner Square eingezogen waren, und Mrs Bruce freute sich darüber, wie gut es funktionierte.
Sie sah Sam immer nur sonntags, weil er früh am Morgen zur Arbeit ging, aber sie fand, dass er ein sehr angenehmer junger Mann war.
Beth kam jetzt jeden Werktag für drei Stunden, was allen recht war, da die Wäsche dann nicht zu einem kaum zu beherrschenden Berg anwuchs. Sie brachte Molly mit, und bei gutem Wetter blieb die Kleine in ihrem Kinderwagen draußen im Hof.
Nicht, dass sie dort jemals lange saß! Mrs Bruce, die Köchin und Kathleen nahmen sie alle heraus, um mit ihr zu schmusen, genauso wie die Herrin. Wenn Mr Edward mal morgens zu Hause war und in die untere Etage kam, dann verfiel auch er ihrem Charme und blieb stehen, um mit ihr zu spielen.
Tatsächlich war Molly der Liebling von allen geworden. Ihr lockiges Haar, ihre schwarzbraunen Augen und ihr Lächeln ließen sie alle weich werden. Sie war ein bemerkenswert fröhliches Baby, weinte fast nie und ließ sich willig von jedem auf den Arm nehmen.
Aber die überraschendste Konsequenz des Umzugs von Beth an den Falkner Square war, dass der alte Mr Langworthy sie mochte. Das war noch nie bei jemand anders vorgekommen. Es passierte, als Beth sich anbot, eines Nachmittags bei ihm zu sitzen, während die Herrin eine Stunde ausging. Als diese zurückkam, lauschte ihr Schwiegervater Beth aufmerksam, die ihm aus einem Groschenheft vorlas. Offenbar hatte sie es sich in die Tasche gesteckt, damit sie etwas zu lesen hätte, weil sie wohl glaubte, er würde schlafen. Aber da er wach war, wollte Beth herausfinden, ob ihm die Geschichte gefallen würde.
Da der alte Mr Langworthy vor seinem Schlaganfall so etwas wie ein intellektueller Snob gewesen war und eine solch niveaulose Lektüre in seinem Haus niemals geduldet hätte, fanden sein Sohn und seine Schwiegertochter das sehr amüsant.
Jetzt las Beth ihm oft vor, oder sie ging zu ihm und unterhielt sich mit ihm. Seine Invalidität schien sie überhaupt nicht zu stören, und auch nicht, dass er nur grunzen oder merkwürdige Laute ausstoßen konnte; tatsächlich sprach sie mit ihm so wie mit jedem anderen, über Dinge in den Nachrichten, Bücher, die sie in der Vergangenheit gelesen hatte, und über ihre verstorbenen Eltern.
Doch wie gut die Dinge auch liefen, sowohl Mrs Bruce als auch Mrs Langworthy machten sich ein wenig Sorgen darüber, dass ein so lebensfrohes junges Mädchen ein so begrenztes Leben führte. Es war natürlich kein hartes Leben, die meisten Hausmädchen arbeiteten von sechs Uhr morgens, bis ihre Herren und Herrinnen spätabends ins Bett gingen. Wenn Beth verheiratet und Molly ihr eigenes Kind gewesen wäre, dann hätte man sogar sagen können, dass sie ein schönes Leben hatte. Aber Sam war nicht ihr Mann, und da er jetzt einen zweiten Job als Barmann im Hotel Adelphi angenommen hatte und jeden Abend wegging, war Beth immer allein.
Mrs Langworthy selbst hatte gesagt, dass dies kein Leben für ein so junges Mädchen sei, mit einem Baby in zwei Zimmern zu hausen, ohne Familie oder Freunde, die zu
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