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Echo gluecklicher Tage - Roman

Echo gluecklicher Tage - Roman

Titel: Echo gluecklicher Tage - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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Augen lassen.«
    Die Zwischendeck-Passagiere waren im Bauch des Schiffes untergebracht, und als wenn ihnen das ihre untergeordnete Position noch nicht deutlich genug gemacht hätte, gab es Metallgitter, die verhinderten, dass sie in den Bereich der ersten und zweiten Klasse gelangen konnten.
    Während Beth und Sam den Niedergang hinuntergingen, erhaschten sie einen Blick auf die feine Welt hinter den Gittern: weiche Teppiche und Kabinentüren aus poliertem Holz mit Messingbeschlägen; Stewards in weißen Jacken, die Tabletts mit Getränken zu den glücklichen Kabinenbewohnern trugen; und saubere und wunderschön angezogene Kinder, die ihren Kindermädchen zu entkommen versuchten.
    Als sie die untere Ebene erreichten, waren die Türen und Böden aus Metall und der Anstrich verkratzt und dreckig. Hier bahnten sich die Leute ihren Weg durch die schmalen Korridore, und ihre besorgten und manchmal wütenden Gesichter sandten die Botschaft aus, dass kein Steward hier mit einer Tasse Tee, einer Decke für ein Kind oder einem Wort des Trostes erscheinen würde. Der Lärm der Maschinen übertönte beinahe das Geschrei der Babys und der besorgten Mütter, die versuchten, ihre Kinder beisammenzuhalten, und Beth wurde noch niedergeschlagener.
    Die Männer waren vorne untergebracht, die Frauen im Heck und die Familien in der Mitte. Sam hatte schon seit Tagen darüber gescherzt, was das Zwischendeck tatsächlich bedeutete. Manche meinten, es würde so genannt, weil es die Kabinen zwischen den Maschinenräumen waren, doch Sam war der Meinung, dass es so hieß, weil man dort zwischen den Menschen eingepfercht war wie Vieh, denn so würden sie reisen müssen. Aber Beth, die Bilder von Zwischendeck-Passagieren aus den Zeiten der Segelschiffe gesehen hatte, mit vier oder fünf Leuten in einer Koje und einem Eimer als Toilette, war erleichtert, als sie sah, dass die Liegen aus Stoff bestanden und so konstruiert waren, dass man sie während des Tages wegklappen konnte, um mehr Platz zu schaffen, und dass es in jedem Abschnitt Toiletten und Waschräume gab.
    Es war allerdings ziemlich eng und sehr düster, und als sie die verhärmten Gesichter und die schäbige Kleidung ihrer Mitpassagiere sah, war sie froh, dass sie Mrs Bruces Rat befolgt und ihr Geld in ihre Kleidung eingenäht hatte, denn ihr Instinkt sagte ihr, dass sie besser niemandem hier trauen sollte.
    Gestern hatte Mr Edward ihnen dreißig Pfund gegeben; er sagte, sie sollten es als Notgroschen betrachten, für den Fall, dass sie nicht sofort Arbeit fanden. Außerdem hatten seine Frau und er ihnen noch so viel anderes gegeben – Taschen, zwei warme Decken, Handtücher und Kleidungsstücke –, und sie hatten sich mit feuchten Augen bei den beiden bedankt.
    Als Sam Beths Reisetasche im Frauenquartier abstellte, trat eine ernste ältere Frau in einem grauen Kleid auf ihn zu. »Raus hier, junger Mann«, fuhr sie ihn an.
    »Ich wollte meiner Schwester nur helfen, sich einzurichten«, entgegnete er.
    »Ich kümmere mich schon um sie«, erklärte die Frau. »Ich bin Miss Giles, die Hausmutter. Ich gestatte es nicht, dass alleinstehende Frauen mit Männern zusammen sind. Wenn Sie Ihre Schwester während der Reise sehen wollen, dann müssen Sie sich an Deck mit ihr verabreden.«
    Sam sah sie ungläubig an, und zwei hübsche junge Irinnen fingen an zu kichern.
    »Ich treffe dich in einer Stunde«, sagte Beth, die Miss Giles nicht verärgern wollte. »Mach dir keine Sorgen, ich komme zurecht.«
    Die Erkenntnis, dass fast alle genauso aufgeregt und ängstlich waren wie sie selbst, tröstete Beth ein wenig. In ihrem Quartier waren noch sechsundzwanzig andere Frauen untergebracht, und die Mehrheit davon war unter zwanzig, genau wie sie. Die meisten reisten mit ihren Eltern und jüngeren Geschwistern und hassten es, von ihnen getrennt zu sein, obwohl es vier wie Beth gab, die mit ihren älteren Brüdern unterwegs waren. Die Übrigen waren entweder mit einer Schwester oder einer Freundin zusammen, und nur eine Frau, eine der ältesten, war ganz allein; sie sagte, sie würde zu ihrem Verlobten nach New York fahren.
    Eines der vielen Geschenke, die Beth von Mrs Langworthy erhalten hatte, war ein neuer brauner Mantel mit einem Fellkragen. Sie trug fast neue, glänzende Schuhe mit Knopfleiste und ein braunes Reisekleid, und im Vergleich zu den anderen Frauen sah sie reich aus. Sie hatten sich zerschlissene Schals um die dünnen Schultern geschlungen, trugen Stiefel mit Löchern und geflickte

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