Echo gluecklicher Tage - Roman
Frau liebe, die mit einem Mann verheiratet ist, der sie unglücklich macht?«
Beth war überrascht und auch ein bisschen gerührt über seine Ehrlichkeit. »Warum hat sie ihn dann geheiratet?«, fragte sie.
»Sie wurde von ihrer Familie dazu gedrängt«, antwortete er.
Beth dachte einen Moment nach. »Und warum verlässt sie ihn dann nicht?«
»Sie überraschen mich«, sagte er mit einem Hauch Sarkasmus. »Ich dachte immer, dass die Frauen Ihrer Klasse an die Unantastbarkeit der Ehe glauben.«
Beth war wütend über seine Bemerkung über ihre Klasse und seine Annahme, dass ein Mädchen wie sie nicht offen für solche Dinge war. »So wie ich es sehe, ist eine Vernunftehe nicht unantastbar.«
»Sie klingen verbittert«, meinte er und sah sie forschend an. »Wenn Sie nicht so jung wären, dann würde ich glauben, Sie sprechen aus Erfahrung. Aber was Sie da vorschlagen, ist ohnehin unmöglich; ihr Mann lässt sie überwachen.«
»Von einer Dienstbotin?«, fragte Beth. Sie erinnerte sich, dass die Frau jemanden namens Aggie erwähnt hatte.
Er nickte.
Aus Gründen, die sie nicht verstand, nahm Beth Anteil an seinen Problemen und wollte ihm helfen. »Sie wird abgelenkt sein, wenn wir erst in New York sind. Vielleicht sollte Ihre Dame schon mal Pläne schmieden.«
»Und was für einen Plan würde sich ein verschlagenes kleines Luder wie Sie ausdenken?«, fragte er, und ein leichtes Lächeln spielte um seine Lippen.
Beth konnte gut verstehen, warum diese Clarissa bereit war, für ihn ein solches Risiko einzugehen. Es war nicht nur sein Gesicht, das attraktiv war, er hatte auch eine lässige Art. »Ich glaube, dass sie Hilfe von einer anderen Frau braucht«, sagte sie nachdenklich. »Ihre Dienstbotin würde sie nicht so scharf beobachten, wenn sie mit einer Freundin zusammen wäre.«
»Ich werde das im Hinterkopf behalten«, erwiderte er und schenkte ihr diesmal ein strahlendes Lächeln. »Schade, dass Sie nicht auch in der ersten Klasse sind, sonst könnten Sie das übernehmen.«
Beth lachte leichthin. »Ich wünschte, ich wäre in der ersten Klasse. Ich nehme nicht an, dass dort so viele Leute seekrank sind. Deshalb bin ich hier oben, um dem Gestank zu entkommen. Aber ich muss jetzt gehen, mir ist furchtbar kalt.«
»Und kann ich mich darauf verlassen, dass Sie mit niemandem darüber sprechen werden?«, wollte er wissen und hob fragend eine Augenbraue.
»Diskretion ist mein zweiter Vorname«, antwortete sie kichernd.
»Dann, Miss Diskretion, hoffe ich, dass wir einander noch einmal begegnen werden«, sagte er mit einer leichten Verbeugung. »Und jetzt gehen Sie besser, bevor Sie noch erfrieren.«
Der Rest der Reise verlief langsam und ereignislos, ohne dass Beth die beiden Liebenden wiedersah. Da so viele der Zwischendeck-Passagiere krank waren, gab es keine fröhlichen Abende mit Tanz, Musik und Zechgelagen mehr, und Beths Tage waren damit angefüllt, sich um die Kranken zu kümmern, sauber zu machen und auf die Kinder derjenigen aufzupassen, die zu schwach waren, um es selbst zu tun.
Viele, denen sie half, behaupteten, sie sei ein Engel, aber für Beth war es nichts Außergewöhnliches, sich um andere zu kümmern; sie war es gewohnt. Außerdem gab es zu wenig Licht zum Lesen, es war zu kalt, um für mehr als zehn Minuten am Stück an Deck zu gehen, und denjenigen, die sie am meisten mochte, vor allem Maria und Bridie, ging es zu schlecht, um mit ihnen zu scherzen oder zu reden.
Sam rief ihr mehrmals am Tag zu, dass sie sich mit ihm an Deck treffen solle, und Jack Child kam immer dazu. Beth nahm an, dass er sich mit Sam angefreundet hatte, aber ihr Bruder erklärte ihr, dass sie der Grund dafür sei.
Beth glaubte das nicht wirklich, denn sie hatte bemerkt, dass alle, Männer und Frauen gleichermaßen, Sam bewunderten. Er war lustig, freundlich, wagemutig und oft forsch.
Doch warum auch immer Jack Zeit mit ihnen verbringen wollte, Beth freute sich jedes Mal, ihn zu sehen. Er war lustig, schlagfertig und weltgewandt. Ihr war manchmal ein bisschen schwindelig in seiner Nähe, und er verstand immer ihre kleinen Witze und machte eine Bemerkung, die sie kichern ließ. Sie wünschte sich oft, dass es an Deck nicht so kalt wäre, denn dann hätte sie länger dortbleiben können; doch wie die Dinge lagen, dehnte sie ihre Treffen dort so lange aus, bis sie fast zu einem Eisblock geworden war. Im Niedergang blieben sie meist stehen und redeten noch weiter, bis ein Mitglied der Mannschaft oder ein Steward sie
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