Echo gluecklicher Tage - Roman
und die Frauen waren alle Huren. Doch diesem Mädchen zuzuhören gab ihm das Gefühl, voll im Saft zu stehen, so als könne er es mit jedem Halbstarken aufnehmen, der über die Straßen lief. Als könne er mit jeder Frau ins Bett gehen und die ganze Nacht lang steif bleiben.
Er würde heute Abend im Mittelpunkt stehen. Jeder Mann, der hier war, würde ihm auf die Schulter klopfen und ihm einen Drink spendieren wollen, weil er die Kleine engagiert hatte. Sie waren fasziniert; das Mädchen hatte sie wie Fliegen in seinem Spinnennetz eingefangen. Und sie würden jeden Abend wiederkommen, um noch mehr zu hören.
Pat blickte zu ihrem Bruder hinüber. Er war auch eine echte Entdeckung, weil er das gute Aussehen des blassen englischen Adels besaß. Er hatte sehr gute Manieren, die fast schon versnobt wirkten, aber sein Lächeln war entwaffnend, und er servierte die Getränke schnell und mit Stil. Pat wusste außerdem instinktiv, dass der Junge ehrlich war, und das war seltener als ein Pferd, das keine Äpfel kackte.
Aber es würde nicht lange dauern, bis jemand versuchte, ihm dieses Pärchen auszuspannen. Er konnte Fingers Malone am Ende der Theke sitzen sehen; sein mieses kleines Gehirn ersann vermutlich schon Pläne, wie er sie in den schicken Saloon seines Bruders am Broadway bekommen konnte.
Deshalb wusste Pat, dass er sich etwas ausdenken musste, um sich ihre Loyalität zu sichern.
13
»So viel?«, keuchte Beth, als Heaney ihr die Hälfte dessen gab, was die Leute für sie in den Hut gelegt hatten. Es waren alles Fünf- und Zehn-Cent-Stücke, aber es war ein großer Haufen.
»Acht Dollar und fünfundvierzig Cent«, sagte Heaney. »Willst du, dass ich es dir wechsle?«
Beth nickte, zu erstaunt, um etwas zu sagen. Sie hatte drei einstündige Sets gespielt, mit einer Pause dazwischen. Es war jetzt fast ein Uhr morgens, und sie war erschöpft.
»Erwarte nicht, dass du jeden Abend so viel bekommst«, erklärte Heaney trocken. »Heute Abend warst du neu, und es ist Samstag. Am Montag sind es vielleicht nur ein paar Cent, aber ich mag dich, deshalb verspreche ich dir, dass du hier nie ohne mindestens zwei Dollar rausgehst.«
»Sie wollen, dass ich Montag wiederkomme?«
»Jap. Montag, Freitag und Samstag. Vielleicht spielen am Wochenende auch noch ein paar andere Musiker.«
»Und wie wird das Geld dann zwischen uns aufgeteilt?«, fragte Beth, die Angst hatte, dass ihr Anteil dann geringer sein würde.
Er sah sie scharf an, vielleicht weil es ihn überraschte, dass sie das zu fragen wagte. »Das überlässt du mir«, erwiderte er. »Aber wie gesagt, ich werde dafür sorgen, dass du nicht leer ausgehst. Du kannst jetzt gehen, und dein Bruder auch. Ich möchte nicht, dass ein hübsches Ding wie du allein nach Hause geht.«
»Er ist ein komischer Kerl«, sagte Sam nachdenklich, während sie Arm in Arm nach Hause gingen. Die Bowery war noch immer genauso voll wie am frühen Abend; Betrunkene torkelten auf dem Bürgersteig zwischen den Nüchterneren herum und liefen beinahe in die Essbuden. Musik und Gelächter drangen aus den Saloons, von irgendwoher war das Stampfen tanzender Füße zu hören und wie sich Gruppen von Leuten über die Straße hinweg Grüße zuriefen. In der Luft lagen alle möglichen Gerüche: von gebratenen Zwiebeln von den Hotdog-Ständen, gemischt mit dem von Bier, von Tabak, billigem Parfüm, Schweiß und von Pferdeäpfeln der Droschken. »Er hat den ganzen Tag nicht mit mir gesprochen. Ich wusste nicht, ob es ihm gefällt, wie ich arbeite. Dann hat er mir fünf Dollar in die Hand gedrückt und gesagt, dass ich am Montag wiederkommen soll. Bedeutet das, ich kann den Job haben, so lange ich ihn will? Und wie viel bezahlt er mir pro Woche?«
»Ich glaube, er legt sich nicht gerne fest, deshalb müssen wir nach solchen Dingen ausdrücklich fragen«, erwiderte Beth gedankenvoll. »Ich weiß, dass mein Auftritt den Leuten gefallen hat, aber er hat nichts dazu gesagt.«
»Das liegt daran, dass er die Fäden in der Hand behalten will. Natürlich hast du ihm gefallen – ich habe sein Gesicht beobachtet, während du gespielt hast. Ich hoffe nur, er denkt nicht, dass er dich haben kann.«
»Das denkt er doch bestimmt nicht, oder? Er ist viel zu alt«, rief Beth.
Sam schmunzelte. »Den meisten Männern, die dir zugesehen haben, dürfte Ähnliches durch den Kopf gegangen sein. Ich denke, dass ich auf meine kleine Schwester sehr gut aufpassen muss.«
»Wer hätte das gedacht?«, sagte Beth verträumt,
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