Echo Park
kehrte zum Aufzug zurück. Bosch und Walling gingen wieder dazu über, das Haus in der Figueroa Lane zu beobachten. Bosch fragte Rachel, ob sie sich lieber abwechseln sollten, und sie sagte Nein. Er fragte sie, ob sie lieber das Fernglas haben wollte, und sie erwiderte, sie bliebe bei der Kamera. Mit dem Teleobjektiv könnte sie sogar mehr sehen als mit dem Fernglas.
Zwanzig Minuten vergingen, und nichts im Haus bewegte sich. Bisher hatte Bosch den Blick zwischen Haus und Garage hin- und herwandern lassen, aber inzwischen konzentrierte er sich auf das dichte Gebüsch auf dem Hang darüber und suchte nach einem Beobachtungspunkt, von dem sie das Haus aus der Nähe beobachten konnten.
»Harry, die Garage.« Walling hörte sich aufgeregt an.
Bosch senkte das Fernglas, bis die Garage im Blickfeld auftauchte. Die Sonne war hinter einer Wolke verschwunden, und das Blitzen in den kleinen Fenstern der Tore war erloschen. Bosch sah sofort, was Rachel meinte. Durch die Fenster des Tors, das noch intakt aussah, war das Heck eines weißen Kastenwagens zu sehen.
»Ich habe gehört, bei der Entführung gestern Abend wurde ein weißer Kastenwagen verwendet«, sagte Walling.
»Genau das habe ich auch gehört. Es war Teil der Fahndungsmeldung.«
Sein Puls beschleunigte sich. Ein weißer Lieferwagen in der Garage eines Hauses, in dem Raynard Waits einmal gewohnt hatte.
»Wir haben ihn!«, rief er. »Da drinnen muss er mit dem Mädchen sein. Komm, Rachel!«
Sie standen auf und eilten zum Lift.
ACHTUNDZWANZIG
Während sie aus der DWP-Tiefgarage schossen, debattierten sie darüber, ob sie Verstärkung hinzuziehen sollten. Walling war dafür. Bosch war dagegen.
»Alles, was wir haben, ist ein weißer Kastenwagen«, sagte er. »Durchaus möglich, dass sie im Haus ist, er aber nicht. Wenn wir jetzt mit der ganzen Mannschaft anrücken, geht er uns möglicherweise durch die Lappen. Ich will mir das Ganze nur mal aus der Nähe ansehen. Verstärkung können wir immer noch anfordern, wenn wir da sind. Falls sie überhaupt nötig ist.«
Er war fest davon überzeugt, dass sein Standpunkt vernünftig war, aber das war ihrer auch.
»Und was, wenn er im Haus ist?«, hielt sie ihm entgegen. »Wir zwei könnten in einen Hinterhalt geraten. Wir brauchen wenigstens ein zweites Team zur Verstärkung, Harry, wenn wir es korrekt und sicher durchziehen wollen.«
»Wir verständigen sie, sobald wir da sind.«
»Dann ist es zu spät. Ich weiß, was du vorhast. Du willst diesen Kerl ganz für dich allein haben, und dafür bist du bereit, das Leben des Mädchens – und unseres – aufs Spiel zu setzen.«
»Möchtest du, dass ich anhalte und dich aussteigen lasse, Rachel?«
»Nein, ich möchte nicht aussteigen, Harry.«
»Gut. Und ich möchte, dass du dabei bist.«
Entscheidung getroffen, Diskussion beendet. Bosch fuhr auf der Figueroa Street, die hinter dem Gebäude der Stadtwerke vorbeiführte, in Richtung Osten, unter dem Freeway 101 hindurch, über den Sunset Boulevard und dann weiter nach Norden und unter dem Freeway 110 hindurch. Dann ging die Figueroa Street in die Figueroa Terrace über, und sie fuhren bis zu der Stelle, wo sie endete und die Figueroa Lane den Hügel hinaufführte. Vor der Abzweigung hielt Bosch am Straßenrand an.
»Das letzte Stück gehen wir zu Fuß und halten uns bis Nummer 710 dicht an den Garagen. Dann kann er uns vom Haus aus nicht sehen.«
»Und wenn er gar nicht im Haus ist?«, fragte Rachel. »Was, wenn er in der Garage auf uns wartet?«
»Auch kein Problem. Wir sehen nach, ob jemand in der Garage ist, und gehen dann zum Haus rauf.«
»Die Häuser liegen alle auf der Hangseite. Das heißt, wir müssen erst mal die Straße überqueren.«
Bosch blickte sie über das Autodach hinweg an, als sie ausstiegen.
»Kommst du jetzt mit, Rachel, oder nicht?«
»Ich hab dir doch gesagt, ich komme mit.«
»Dann los.«
Bosch schloss die Tür und begann, auf dem Gehsteig den Hügel hinaufzulaufen. Er holte das Handy heraus und schaltete es aus, damit es nicht zu vibrieren anfing, während sie das Haus auskundschafteten.
Bis er oben ankam, war er völlig außer Atem. Rachel, die sich dicht hinter ihm hielt, hatte weit weniger mit Sauerstoffmangel zu kämpfen. Bosch hatte zwar schon vor einigen Jahre mit dem Rauchen aufgehört, aber der in den fünfundzwanzig Jahren davor angerichtete Schaden war kaum wiedergutzumachen.
Der einzige Moment, in dem sie von dem rosafarbenen Haus aus zu sehen waren, kam, als sie die
Weitere Kostenlose Bücher