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Echo Park

Echo Park

Titel: Echo Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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sie eine große Speisekarte, die den Ärger in ihrem Gesicht verbarg, als Bosch von einem Kellner an ihren Tisch geführt wurde.
    »Entschuldige bitte«, sagte Bosch, als er sich setzte.
    »Macht doch nichts«, erwiderte sie. »Aber ich habe schon bestellt. Ich wusste ja nicht, ob du noch auftauchst oder nicht.«
    Sie reichte ihm die Speisekarte. Er gab sie sofort an den Kellner weiter.
    »Ich nehme das Gleiche wie sie«, sagte er. »Und zu trinken nur Wasser.«
    Der Kellner entfernte sich eilig, und Bosch trank von dem Glas, das bereits für ihn eingeschenkt worden war. Rachel lächelte ihn an, aber nicht auf eine nette Art.
    »Das Essen wird dir bestimmt nicht schmecken. Du solltest ihn lieber zurückrufen.«
    »Warum? Ich mag Fisch.«
    »Aber ich habe Sashimi bestellt. Du hast neulich gesagt, du magst deinen Fisch gekocht.«
    Dieser Hinweis ließ ihn kurz stutzen, aber dann entschied er, er hätte es wegen seiner Verspätung nicht anders verdient.
    »Wandert sowieso alles an den gleichen Ort«, sagte er und erklärte das Thema damit für erledigt. »Aber warum nennt sich das Lokal eigentlich Water Grill, wenn sie das Essen gar nicht grillen?«
    »Gute Frage.«
    »Egal. Ich muss mit dir reden. Du musst mir helfen, Rachel.«
    »Bei was? Was ist passiert?«
    »Ich glaube, Raynard Waits ist nicht Marie Gestos Mörder.«
    »Wie bitte? Er hat euch doch zu ihrer Leiche geführt. War das gar nicht Marie Gesto?«
    »Doch. Die Identität wurde heute bei der Autopsie bestätigt. In dem Grab lag eindeutig Marie Gesto.«
    »Und Waits hat es euch gezeigt, richtig?«
    »Richtig.«
    »Und er hat gestanden, sie umgebracht zu haben?«
    »Richtig.«
    »Hat die Autopsie ergeben, dass die Todesursache in irgendeiner Weise von seinem Geständnis abweicht?«
    »Soweit ich weiß, nicht.«
    »Dann verstehe ich nicht, auf was du hinauswillst, Harry. Wie sollte er in Anbetracht all dessen nicht der Mörder sein?«
    »Weil hinter den Kulissen etwas läuft, wovon wir keine Ahnung haben – wovon ich keine Ahnung habe. Olivas und O’Shea hatten irgendeine krumme Tour mit ihm vor. Worum es dabei ging, ist mir allerdings noch nicht klar. Jedenfalls ist die Sache dann oben im Beachwood Canyon geplatzt.«
    Rachel hob die Hände, als wollte sie sagen: Jetzt bitte noch mal ganz von vorn.
    »Also gut, alles schön der Reihe nach. Und bitte keine Theorien und keine Mutmaßungen. Nur die Fakten.«
    Er erzählte ihr alles – von Olivas’ nachträglich eingefügtem Vermerk im Mordbuch bis zu einer detaillierten Schilderung der Ereignisse, nachdem Waits im Beachwood Canyon die Leiter hinaufzusteigen begonnen hatte. Er berichtete ihr, was Waits O’Shea hinterhergerufen hatte und was aus dem Video herausgeschnitten worden war.
    Dafür brauchte er fünfzehn Minuten, in denen ihnen das Essen serviert wurde. Klar, dass es schnell kam, dachte Bosch. Es musste ja nicht gekocht werden! Er war froh, dass er derjenige war, der die ganze Zeit redete. Das diente ihm als Vorwand, den rohen Fisch, der vor ihm stand, nicht anrühren zu müssen.
    Als er ans Ende seiner Geschichte kam, konnte er sehen, dass Rachel bereits dabei war, alles zu verarbeiten und gründlich zu analysieren.
    »Aus welchem Grund könnte er Waits nachträglich in das Mordbuch eingetragen haben?«, sagte sie schließlich. »Es bringt ihn mit dem Fall in Verbindung, das schon, aber infolge seines Geständnisses besteht diese Verbindung ohnehin, außerdem hat er euch zu ihrer Leiche geführt. Warum also dieser gefälschte Eintrag?«
    Bosch beugte sich über den Tisch, als er antwortete.
    »Zwei Dinge. Zum einen: Olivas fürchtete, das Geständnis könnte vielleicht bei dem einen oder anderen auf Zweifel stoßen. Er konnte ja nicht wissen, ob ich nicht ein paar strittige Punkte darin finden würde. Dagegen wollte er sich absichern. Also hat er Waits in die Akte geschmuggelt. Dadurch konnte er mich so polen, dass ich dem Geständnis Glauben schenkte.«
    »Okay, und der zweite Punkt.«
    »Hier wird die Sache ein bisschen haarig«, sagte Bosch. »Waits in das Mordbuch zu setzen war eine Möglichkeit, mich entsprechend zu polen – aber es stand auch die Absicht dahinter, mich von meiner ursprünglichen Beute fortzulocken.«
    Rachel sah ihn an, aber sie verstand nicht, was er meinte.
    »Kannst du mir das genauer erklären?«
    »Damit erreichen wir allerdings einen Punkt, an dem wir nicht mehr über bloße Fakten reden, sondern über das, was sie bedeuten könnten. Theorien, Mutmaßungen, Spekulationen

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