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Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag

Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag

Titel: Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
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detailreich ausgeschmückten Erzählung. Wie auch sonst in seinem Leben ist er auch beim Reden eher minimalistisch unterwegs. Yussuf ist ein großer Anhänger der Einwortsätze.
    »Ich hatte doch ihren Sohn gehauen.«
    Auch Chronologie ist für ihn überbewertet.
    »Also jetzt mal von vorne, Yussuf. Wo? Wie? Was?«
    »Also, neulich Kennedyplatz war eine Frau. Ihr Portemonnaie ist runtergefallen, und sie meinte, ich wollte das klauen. Und dann hat ihr Sohn mich gehauen, und dann hab ich ihn gehauen.«
    Damit ist für Yussuf die Sache hinreichend erklärt. Wir Zuhörer allerdings verstehen die Zusammenhänge nicht ganz. Die Klasse starrt ihn weiterhin an. Ich auch.
    »Yussuf. Also du warst am Kennedyplatz, und da ist einer Frau das Portemonnaie runtergefallen.«
    Er nickt.
    »Und dann hat sie dich beschuldigt, dass du es klauen wolltest.«
    Er nickt wieder.
    »Und was hast du gesagt?«
    »Gar nichts.«
    »Wie gar nichts? Hast du nicht gesagt, dass du ihr nichts klauen wolltest?«
    »Doch.«
    »Und das hat sie dir dann nicht geglaubt.«
    »Nein.«
    »Und dann?«
    »Dann hat ihr Sohn mich gehauen. Und ich habe ihn zurückgehauen.«
    »Und dann?«
    »Dann bin ich weggerannt.«
    »Und das ist vorhin am Kennedyplatz passiert?«
    »Nein, letzte Woche.«
    »Und heute?«
    »Heute habe ich sie wiedergesehen, wieder Kennedyplatz, und da hat sie mich verfolgt.«
    »Und was hast du gemacht?«
    »Ich bin weggerannt.«
    »Hm. Und nun?«
    Yussuf zieht kurz die Schultern hoch.
    »Hast du das deinen Eltern erzählt?«, fragt die Erzieherin.
    Yussuf guckt uns an, als hätten wir ihn gefragt, ob er ohne Hose am Kennedyplatz war. Er macht einen kurzen verneinenden Zungenschnalzer.
    »Wie können wir dir denn jetzt helfen?«, will die Erzieherin wissen.
    Er zuckt mit den Schultern. Mir fällt auch nichts ein.
    »Willst du zur Polizei gehen?« Er schüttelt den Kopf.
    »Vielleicht solltest du mal mit der Frau sprechen«, schlägt die Erzieherin vor. Ich muss grinsen. Auch Yussuf scheint nicht besonders begeistert von diesem Vorschlag.
    Ratlos sitzen wir noch eine Weile mit ihm am Tisch. Als die anderen merken, dass die Geschichte nicht mehr weitergeht, widmen sie sich wieder ihren Plakaten. Ich bleibe noch ein wenig bei Yussuf sitzen. Er tut mir leid.
    »Na, Yussuf, komm erst mal richtig an. Wenn du willst, darfst du heute auch deine Jacke anlassen.«
    Er nickt und grinst ganz kurz.
    Wer einmal lügt …
    »Frau Freitag, ich muss Ihnen was sagen.« Volkan steht neben meinem Pult und guckt mich mit großen Augen an.
    »Was denn, Volkan?«
    »Also, äh, das mit Frau Merkel, also, das habe ich mir nur ausgedacht.«
    Volkan hatte in der Woche zuvor erzählt, dass er uns ein Treffen mit der Bundeskanzlerin organisieren könne. »Frau Freitag, ich kann Ihnen jetzt nicht sagen wie, aber ich schwöre, ich kann Frau Merkel am Wandertag zu uns in die Schule einladen.«
    Frau Merkel bei mir in der Klasse – schöne Vorstellung. Über was wir alles reden könnten … Ich war so entzückt von der Idee, dass ich gar nicht weiter nachgefragt habe, wie Volkan den Kontakt zu ihr aufnehmen würde. Schon zwei Tage später erzählte er mir, dass er der Bundeskanzlerin einen Brief mit dem Datum unseres Wandertages geschrieben hätte.
    »Mein Vater war von Frau Merkel der Chauffeur«, verriet er uns.
    »Ah, dein Vater war Knecht!«, rief Taifun.
    Und nun kommt Volkan also mit der Wahrheit. Schade. Ich sage ihm daraufhin, dass ich ihm nun erst mal nichts mehr glauben könne, da er so überzeugend gelogen habe. Er guckt traurig. Ich bin auch traurig, weil wir nun wohl auf Frau Merkel beim Wandertag verzichten müssen.
    Nach der Stunde denke ich an Mehmet. Mehmet war vor Jahren in meiner 10. Klasse. Er sprach nicht viel und guckte immer sehr böse. Nach dem Unterricht blieb er gerne in meinem Raum sitzen, um mir aus seinem Leben zu erzählen. Die Geschichten waren immer ähnlich: »Frau Freitag, wissen Sie, was am Samstag passiert ist?«
    »Nein.«
    »Ich war mit meiner Freundin unterwegs, und da kam so ein Typ, und er hat sie angemacht, und dann habe ich eine Flasche genommen und auf seinen Kopf geschlagen.«
    »Echt?«
    »Ja.«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Ich bin abgehauen.«
    Oder: »Frau Freitag, die Polizei sagt, dass ich abgeschoben werde, wenn ich noch einmal was mache.«
    »Wie abgeschoben?«
    »Na, weil ich doch schon zweimal im Jugendarrest war.«
    »Echt? Warum denn?«
    »Also das letzte Mal kamen so fünf Typen, und die wollten mich schlagen,

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