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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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der Bühne die Schauspieler schrien, dachte Rincewind
    wieder an Ankh-Morpork. Dort konnte man sich wenigstens richtige
    Waffen besorgen. Hier im Achatenen Reich dagegen…

    den: »Ein kleines Rosinenbrötchen.« Daraus mußte er schließen, daß sich entweder die Sprache im Lauf der Jahre verändert hatte oder es aus irgendeinem Grund schrecklich war, jemanden neben Teegebäck aufzuhängen.
    Arme Teufel. Man brauchte mehr als nur einige freundliche Slogans
    und ehrlichen Enthusiasmus, um eine Revolution in Schwung zu brin-
    gen. Man benötigte erfahrene Kämpfer und vor allem einen guten An-
    führer. Hoffentlich finden die Aufständischen einen, wenn ich weit ent-
    fernt bin.
    Das Plätzchen enthielt den üblichen Zettel. Rincewind entrollte ihn
    und las seine Botschaft, achtete nicht auf den Wirt, der stumm hinter ihn
    trat.
    Er rechnete mit einem »Du hast gerade eine nicht besonders gute
    Mahlzeit zu dir genommen« oder etwas Ähnlichem. Statt dessen fiel sein
    Blick auf ein kompliziertes Piktogramm.
    Rincewinds Zeigefinger folgte den Pinselstrichen.
    »›Viele… viele… Entschuldigungen…‹ Was sol das denn bedeu…«
    Einer der Musiker hämmerte die Becken gegeneinander.
    Ein Totschläger aus Holz knallte an Rincewinds Kopf.
    Die mit Shibo beschäftigten Alten nickten glücklich und setzten ihr Spiel fort.

    Es war ein herrlicher Morgen. Im Versteck regten sich die Geräusche der
    erwachenden Grauen Horde: Hier und dort stöhnte jemand; improvisier-
    te Prothesen und Stützapparate wurden in die richtige Position gebracht;
    jemand beschwerte sich, weil er seine Brille nicht fand; ein anderer such-
    te vergeblich nach seinem Gebiß.
    Cohen saß mit den Füßen in warmem Wasser und genoß den Sonnen-
    schein.
    »Lehrer?«
    Der frühere Geographielehrer war damit beschäftigt, eine Karte zu
    zeichnen.
    »Ja, Dschingis?«
    »Was grummelt der Irre Polterer da?«
    »Er meint, das Brot sei hart und trocken. Außerdem kann er sein Ge-
    biß nicht finden.«
    »Richte ihm aus, daß er sein Brot von zehn jungen Frauen vorkauen
    lassen kann, wenn al es nach Plan läuft«, sagte Cohen.
    »Das ist nicht sehr hygienisch, Dschingis«, gab Herr Zervelatwurst zu
    bedenken, ohne von der Karte aufzusehen. »Ich hab dir das mit der Hy-
    giene erklärt, erinnerst du dich?«
    Cohen verzichtete auf eine Antwort. Er dachte: Sechs alte Männer.
    Und Lehrer kann man eigentlich gar nicht mitzählen, weil er ein Denker
    ist, kein Kämpfer…
    Zweifel fand nur selten einen Platz hinter Cohens Stirn. Wenn man ei-
    ne zappelnde Tempeljungfrau sowie einen Sack mit erbeuteten Schätzen
    in der einen Hand hält und mit der anderen ein halbes Dutzend Priester
    abwehrt, hat man kaum Zeit zum Nachdenken. Wenn sich professionel e
    Helden in kritischen Situationen nach dem Sinn ihres Lebens fragten, so
    sorgte die natürliche Auslese dafür, daß sie ziemlich schnel beides verlo-
    ren.
    Aber sechs alte Männer… Und die Streitkräfte des Achatenen Reiches
    bestanden aus fast einer Million Soldaten.
    Wenn man die Lage im kalten Licht des Morgens beurteilte – oder
    auch in diesem recht angenehmen warmen Sonnenschein –, kam man
    nicht umhin, sich mit der Arithmetik des Todes zu befassen. Falls der
    Plan schiefging…
    Cohen biß sich nachdenklich auf die Lippe. Wenn der Plan schiefging,
    dauerte es Wochen, alle Gegner umzubringen. Vielleicht hätte er doch Thog den Schlächter mitnehmen sol en, obgleich dieser den Kampf al e
    zehn Minuten unterbrechen mußte, um auf die Toilette zu gehen.
    Nun gut. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Eigentlich blieb ihm gar
    nichts anderes übrig, als das Beste daraus zu machen.
    Cohens Vater hatte ihn als Jungen zum Gipfel eines Bergs geführt, ihm
    das Kredo des barbarischen Helden erklärt und behauptet, es gäbe keine
    größere Freude, als im Kampf zu sterben.
    Solche Prinzipien erschienen Cohen von Anfang an seltsam, und die
    Erfahrungen seines Lebens ergaben folgendes: Es war eine viel größere
    Freude, die Gegner im Kampf zu töten und anschließend auf einem mehrere Meter hohen Haufen Gold zu sitzen.
    Er stand auf und streckte sich im Sonnenschein.
    »Es ist ein herrlicher Morgen, Jungs«, sagte er. »Ich fühle mich pudel-
    wohl. Ihr nicht auch?«
    Die Antwort war widerstrebend gemurmelte Zustimmung.
    »Gut«, sagte Cohen. »Wie wär’s mit einem kleinen Abenteuer?«

    Die Große Mauer umgab das Achatene Reich überall.
    Für gewöhnlich ist sie etwa sechs Meter hoch und an der

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