Echte Biester: Roman (German Edition)
allmählich einschlummerte, hielt das Prickeln und Kribbeln in seinem Körper noch an. Bei Einbruch der Nacht musste er ausgeruht sein, um durch den dunklen Wald streifen zu können.
Mickey Cray war nicht gerade entzückt, dass ihn jemand mit einer Waffe bedrohte. Etwas Ähnliches war ihm schon einmal passiert, als er spätabends am Bankomat Geld abgehoben hatte. Plötzlich hatte ihm ein junger Mann in einer schleimgrauen Kapuzenjacke eine Pistole gegen die Rippen gedrückt und Cash verlangt. Mickey gab ihm alles, was er hatte – fünfundsiebzig Dollar –, der Räuber sprang in ein Auto und raste davon.
Ohne zu wissen, dass Mickey ihn verfolgte. Deshalb war er mehr als überrascht, als er später in der Nacht in seinem Apartment erwachte, weil ihn jemand bei der Kehle gepackt hatte. Da Mickey ständig mit Pythons und Boa constrictors hantierte, hatte er extrem kräftige Finger, und der Räuber schnappte verzweifelt nach Luft.
»Gib mir mein Geld zurück«, sagte Mickey.
Der keuchende junge Mann zeigte auf die Jeans, die auf dem Boden lagen und in denen Mickey seine fünfundsiebzig Dollar wiederfand.
»Und jetzt die Pistole«, sagte Mickey zu dem Räuber, der hervorstieß, dass die Waffe unter dem Bett versteckt sei.
Mickey nahm die Pistole an sich, die er später in einen See warf. »Wo kommst du her?«, fragte er den jungen Mann.
»Aus West Virginia.«
»Fahr nach Hause«, sagte Mickey. »Ich meine, gleich morgen früh.«
»Im Ernst?«
»Sonst komm ich mit der Polizei wieder her. Außerdem habe ich in deiner Brieftasche den Namen deiner Mutter gefunden.«
»Lassen Sie die bitte aus dem Spiel!«, flehte der Räuber.
»Dann gute Reise«, sagte Mickey.
Mickey bezweifelte, dass Tunas Vater so einsichtig sein würde wie der junge Räuber. Jared Gordon hatte bereits zweimal um sich geballert. Erst hatte er an der Anlegestelle auf das andere Sumpfboot geschossen, dann auf einen im Wasser treibenden Alligator, bei dem es sich um Old Sleepy handelte, Sicklers ausgestopfte Touristenattraktion.
Mickey fürchtete, dass Jared Gordon jederzeit wieder losballern könnte. Das war das Problem bei Säufern. Sie waren völlig unberechenbar.
Wenn die Umstände anders gewesen wären, wäre Mickey mit dem Sumpfboot scharf in die Kurve gegangen, damit der Mann über Bord geschleudert wurde. Doch Tunas Dad hatte sich mit seinem Gürtel am Fahrersitz festgeschnallt und presste Mickey den Lauf des Revolvers in den Nacken. Den Finger hatte er ständig am Abzug, sodass Mickey besonders vorsichtig sein musste. Die Situation erforderte Geduld, was nicht gerade Mickeys starke Seite war.
Tatsache war, dass er Waffen nicht mochte. Deshalb hatte er selten eine bei sich, und wenn doch, dann meist ungeladen. Gegenwärtig befand sich seine Pistole unter dem Vordersitz seines Pick-ups, der auf dem Parkplatz von Sicklers Laden stand. Ausnahmsweise wünschte Mickey, er hätte sie mitgenommen.
»Wo sind sie? Wo sind sie hin?«, brüllte Jared Gordon.
»Keine Ahnung«, erwiderte Mickey. »Der Sumpf ist groß.«
Mickey war heilfroh, dass sein Entführer in die entgegengesetzte Richtung geblickt hatte, als sie an dem anderen Sumpfboot vorbeigeflitzt waren und Wahoo ihnen zugewinkt hatte. Da Jared Gordon nichts davon mitbekommen hatte, war Mickey einfach weitergefahren. Inzwischen mussten sie mehrere Kilometer zurückgelegt haben, sodass Link genug Zeit gehabt hatte, um die Kinder zu Sicklers Anlegestelle zurückzubringen. Bald würde die Polizei eintreffen, falls sie nicht schon da war.
»He, halten Sie mal an!«, befahl Tunas Dad mit belegter Stimme.
Mickey stoppte das Boot. Jared Gordon schnallte sich vom Fahrersitz los und beugte sich über den Rand des Boots, um sich zu übergeben. Irgendwie gelang es ihm dabei trotzdem, seine Waffe auf Mickey gerichtet zu halten.
»Schieben Sie mal ’n Bier rüber«, verlangte Jared, nachdem er sich den Mund am Ärmel seines Shirts abgewischt hatte.
»Klar«, erwiderte Mickey.
Bevor Jared Gordon das Boot gekapert und sich an die Verfolgung gemacht hatte, hatte er Mickey in Sicklers Laden geschleppt und einen Zwölferpack mitgehen lassen. Deshalb hatten Link und die Kinder so viel Vorsprung.
»Warum läuft Ihre Tochter vor Ihnen davon?«, fragte Mickey, obwohl er es natürlich wusste.
»Weil sie vergessen hat, wer der Boss ist, darum.«
»Ich hatte den Eindruck, dass sie eine Heidenangst hat.«
»Ha!« Jared Gordon trank einen großen Schluck Bier. »Respekt nennt man das.«
»Was machen
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