Echten Maennern gibt man ein Kuesschen - Roman
gut.«
»Ja?«
»Es war zu heiß. Hoffentlich bringt das jetzt den Wetterumschwung. Wenn es morgen kühler ist, lässt es sich leichter laufen.«
»Bist du nervös wegen morgen?«
»Natürlich. Aber ich will nicht zulassen, dass ich nur noch ein Nervenbündel bin.« Er lehnte sich gegen den Türrahmen und sog den metallischen Geschmack der Gewitterluft ein. »Sorgen lähmen einen nur.«
»Wem sagst du das.«
Plötzlich flackerte etwas Helles auf, wie das Blitzlicht eines Fotoapparats.
»War das ein Blitz?«, fragte Alex.
»Ich glaube, es zieht ein Gewitter auf.«
Es donnerte.
Alex zählte bis zwei, dann blitzte es wieder.
»Es ist nah.«
»Sehr nah.«
Und dann öffneten sich die Himmelsschleusen. Der leichte Regen ging in einen sintflutartigen Guss über. Alex trat zurück ins Zimmer, neben ihn, doch sie blieben beide an der geöffneten Tür stehen, beobachteten schweigend das Spektakel und genossen das Schauspiel des heftigen Gewitters, das blitzend und donnernd über die Insel und das Meer zog.
»Beeindruckend«, sagte Björn schließlich, als erneut ein Blitz aufzuckte und für einen Moment die vor ihnen liegende Finsternis erhellte und den Blick auf die Stadt, den Hafen und das Meer freigab. »Ich sehe mir gern Gewitter an.«
»Bei mir hängt es davon ab, wie nah es ist.« Alex verzog das Gesicht, als direkt über ihnen ein Donner krachte. Es blitzte erneut, diesmal unmittelbar über ihnen, und für einen Augenblick versank der Raum in Finsternis. Stromausfall. Dann sprangen die Notgeneratoren des Hotels an, und das Licht ging wieder an. Björn, der gespürt hatte, wie Alex bei dem Donner zusammengezuckt war und ihr eine Hand auf die Schulter gelegt hatte, um sie zu beruhigen, musste lachen, als er ihre weit aufgerissenen Augen und ihre leicht bestürzte Miene sah.
»Alles in Ordnung?«
Sie nickte heftig und ärgerte sich, was für ein Schisser sie war.
»Ist doch nur ein bisschen Regen«, sagte er.
»Ein bisschen Regen«, wiederholte sie und musste lächeln, als ein weiterer Blitz den Himmel entzweizureißen drohte und der Regen mit der Lautstärke von Pistolenschüssen auf den Balkonboden prasselte. »Du bist wirklich ein Optimist.«
»Ist das so schlecht?«
»Keine Ahnung.«
»Ich glaube, es ist ein typisch britischer Charakterzug, stets alles schwarz zu sehen. Ihr denkt immer, dass grundsätzlich das Schlimmste eintreten wird. Wobei …« Er sah sie neugierig und besorgt an, »ich habe das Gefühl, dass du vielleicht glaubst, dass das Schlimmste schon eingetreten ist. Kann das sein?«
Sie sah ihn überrascht an. »Bin ich so durchschaubar?«
Er betrachtete ihr blasses Gesicht und lächelte sie aufmunternd an. »Es ist unübersehbar, dass dir etwas auf der Seele liegt. Du kannst mit mir reden, Alex, wenn dir das hilft. Ich bin ein guter Zuhörer, und ich könnte mir vorstellen, dass du vielleicht jemanden brauchst, der dir zuhört …«
Einen Moment lang saß sie einfach nur da, während sich in ihrem Mund eine Sturzflut an Worten zusammenbraute, die sie zunächst zu unterdrücken versuchte, doch dann, so plötzlich wie der Regen den sonnigen Sommertag beendet hatte, sprudelte alles aus ihr heraus: Sie erzählte ihm alles, was ihr während der vergangenen Wochen auf der Seele gelegen hatte, erwähnte jedes greifbare Detail, jede dumme Begebenheit, das Erbe, das geplatzte Mittagessen, die nächtlichen Anrufe, Alison King, einfach alles, und er saß einfach nur da und sagte kein Wort, sondern hörte ihr nur aufmerksam zu. Ließ sie sich alles von der Seele reden. Und als sie schließlich zum Ende gekommen war, nahm er behutsam ihre Hand.
»Ich bin mir ganz sicher, dass er dich sehr liebt und dich niemals betrügen würde.«
»Das glaubst du nach allem, was ich dir erzählt habe?«
Er nickte.
»Wieso bist du dir so sicher?«
»Denk doch mal nach, Alex. Hat er je etwas getan, das dir Anlass gegeben hat, ihm zu misstrauen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ganz und gar nicht. Er war immer aufrichtig und supernett.«
»Na bitte. Nach allem, was ich über Männer weiß, ändert sich ein Mann, der immer gut war, nicht von heute auf morgen. Außerdem schließe ich aus dem, was du mir erzählt hast, dass er kein Dummkopf ist, und er müsste ein furchtbarer Dummkopf sein, wenn er irgendetwas täte, womit er riskieren würde, dich zu verlieren.«
»Danke«, entgegnete Alex und biss sich auf die Unterlippe.
»Es ist die pure Wahrheit«, sagte Björn leise.
Und in dem Augenblick fing Alex
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