Echten Maennern gibt man ein Kuesschen - Roman
Humphrey schwenkte strahlend sein Glas, das irgendein blaues Gemisch enthielt. »Schmeckt ziemlich gut.«
»Was ist los, Lex?«, fragte Remy und zwickte sie in den Arm.
»Na ja, eigentlich sind wir doch hier, um uns das Rennen anzusehen, und nicht, um uns volllaufen zu lassen, doch wie es scheint, kriegen wir außer dem Boden eines Glases nicht viel von dem Rennen zu sehen …«
»Keine Sorge, Alex«, beruhigte Bentley sie. »Die nächste Wechselzone ist quasi die letzte. Die Athleten springen dort auf ihre Fahrräder und kehren zur gleichen Stelle wieder zurück, um sich dann ins Wasser zu stürzen. Von da aus werden wir viel mehr zu sehen bekommen als nur vorbeiflitzende Läufer.«
»Wir könnten viel mehr sehen, wenn wir den Läufern tatsächlich folgen würden«, sagte Alex wehmütig, als mehrere Motorräder mit Kameramännern vorbeifuhren, dicht gefolgt von einem Autokonvoi voller jubelnder Leute, die aus den offenen Fenstern hingen und die Athleten anfeuerten und Fähnchen schwenkten.
»Würdest du lieber die ganze Zeit dabei sein?«, fragte Bentley.
Alex nickte mit Nachdruck.
»Dein Wunsch ist mir Befehl«, entgegnete Bentley und zog sein Handy aus der Tasche. »Zumindest vorübergehend.«
Alex runzelte verwirrt die Stirn, als Bentley sich umdrehte und in schnellem Französisch etwas in sein Telefon tuschelte.
»Bentley, was führst du im Schilde?«, fragte Alex, als er sein Handy zuklappte, sich ihr wieder zuwandte und sie selbstgefällig angrinste.
»Gedulde dich, chérie. In zehn Sekunden weißt du mehr. Wenn du willst, kannst du zählen … zehn, neun, acht, sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins …«
Bei dem Wort eins hörten sie das Röhren eines Motors, das sich rasch von der Straße näherte, und im nächsten Moment tauchte zu Alex’ Verblüffung eines der Motorräder wieder auf.
»Ihr Transportmittel steht bereit, verehrte Lady«, sagte Bentley und vollführte mit der Hand eine schwungvolle Geste, als das Motorrad vor dem Restaurant anhielt.
»Ist das dein Ernst?«
»Na klar.« Bentley strahlte.
Der Kameramann stieg vom Soziussitz des Motorrads, nahm seinen Helm ab und reichte ihn auf ein Nicken von Bentley hin an Alex weiter.
»Du hast zehn Minuten, danach schmeißen sie mich raus, weil ich so viel Bildmaterial vergeigt habe. Ich sage ihnen, dass meine Kamera ein Problem hatte, das ich aber wieder beheben konnte. Und du, Michael Bentley, schuldest mir einen großen Gefallen.«
»Das weiß ich doch, Fabian. Wir wär’s, wenn wir das bei einem Glas Champagner besprechen, und dabei reden wir über eine paar Plätze in der ersten Reihe beim Monaco Grand Prix nächstes Jahr…«
Er legte einen Arm um die Schultern des gutaussehenden
Kameramanns und führte ihn zur Theke, während der Fahrer des Motorrads sich umdrehte und Alex angrinste.
»Worauf warten Sie? Wollen Sie das Rennen nun sehen oder nicht?«
Alex setzte sich den Helm auf und nahm auf dem Soziussitz des Motorrads Platz.
Es war eine Freude, die jubelnden Menschen zu sehen, die die Straße säumten und sich von dem Ereignis des Tages so mitreißen ließen, dass sie sogar Alex zujubelten, als sie auf dem Rücksitz des BBC-Motorrads vorbeirauschte.
Etwa hundert Meter vor sich konnte sie schon die Rücken einiger Läufer erkennen und begann bereits, in freudiger Erwartung zu lächeln, doch dann erregte etwas in unmittelbarer Nähe ihre Aufmerksamkeit.
Es war Tommy.
Er saß zusammengekauert am Straßenrand, die Knie auf dem Boden, und das Gesicht vor Enttäuschung darüber verzerrt, dass er bereits so früh schlappgemacht hatte. Schließlich stand er wieder auf, zwang sich, erneut loszulaufen, bewegte sich ein paar Meter und blieb abermals stehen.
»Er ist am Ende … er kann nicht mehr«, sagte der Fahrer durch die Helmsprechanlage.
Alex tippte ihm auf die Schulter. »Können wir bitte anhalten?«
Er nickte und fuhr an den Rand, doch als Alex abstieg und sich hastig daranmachte, ihren Helm abzunehmen, legte er ihr eine Hand auf den Arm.
»Sie dürfen ihm nicht helfen. Es wäre ein Verstoß gegen die Regeln. Einem Wettkampfteilnehmer darf nur von einem der offiziellen Betreuer oder von einem Mitglied des Ärzteteams geholfen werden. Wenn ihm jemand anders hilft, wird ihm eine Zeitstrafe auferlegt.«
Alex biss sich auf die Unterlippe, nickte aber. Was konnte sie nur tun? Sie konnte doch nicht nichts tun; ihre Augen füllten sich mit Tränen. Und da sah sie in der Menge eine junge Frau. Sie beobachtete Tommy
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