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Echtzeit

Echtzeit

Titel: Echtzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Reitz
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der Bar herum. Auch wenn er begriffen hatte, dass er ihr nichts bedeute, ja, dass sie ihn nie geliebt hatte, so hoffte er dennoch inständig, sie würde zu ihm nach vorne kommen. Er wollte unbedingt mit ihr sprechen, sie berühren, in den Arm nehmen und noch einmal ihren Duft einatmen. Das war immer das Erste, was er glaubte zu vergessen. Ihr Geruch. Seine Erinnerungen sagten ihm nur, dass sie unbeschreiblich gut gerochen hatte.
    Er nahm noch einen großzügigen Schluck Bier, um sich selbst ein wenig Mut zu machen. Mit den Augen suchte er auf der anderen Seite des Clubs nach dem Backstageeingang. Er war die Warterei leid. Er wollte losgehen und versuchen, hinter die Bühne zu kommen, doch seine Knie waren jetzt schon so weich, dass er nicht mal einen Schritt wagte.
    Ein bulliger Typ kam gerade aus dem Bereich, der ihm so weit entfernt erschien, und stakste quer durch die Menge direkt auf die Bar zu. Einen halben Meter davor blieb er stehen und blickte sich um. Dann musterte er ihn streng. »Hey! Are you Tom?«
    Tom zögerte. »Yes.«
    »Nina asked for you. Come with me.« Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte sich der breitschultrige Kerl um und ging den Weg zurück, den er gekommen war. Das Wort »Security« prangte auf seinem Rücken und erweckte bei Tom das nötige Vertrauen, um ihm zu folgen. Schnell bahnte sich der Sicherheitsmann eine Schneise durch die Gäste, sodass Tom keine Mühe hatte, ihm zu folgen. Sie erreichten die Feuerschutztür, die den Backstagebereich vom eigentlichen Club trennte.
    Toms Mund fühlte sich trocken an, seine Hände waren dagegen umso feuchter. Er war aufgeregt und bastelte in seinem Kopf Satzfetzen zusammen, damit sie eine passende Begrüßung bildeten. Den ganzen Abend hatte er auf diesen Moment gewartet und jetzt ging ihm dermaßen die Düse, dass er am liebsten kehrt machen wollte, um sich in die nächstbeste, dunkle Ecke zu verkrümeln.
    Ihm blieb jedoch keine Chance zur Flucht. Sein Begleiter packte ihn an der Schulter, öffnete die Tür und schob ihn unsanft hinein. Mit einem lauten Rumms schloss er die Eisentür und Tom fand sich mutterseelenallein in einem dunklen Gang wieder, an dessen Ende Licht aus einer weiteren Tür fiel. Er hörte Stimmen, die nicht weit entfernt sein konnten. Sie sprachen Englisch, doch eine männliche Stimme stach mit einem besonders bayrischem Akzent hervor. Das musste Lolli sein.
    Plötzlich erschien eine kleine Gestalt in dem Lichtschein mit einem seltsamen wirkenden Kopf. »Tom!«, rief sie und kam auf ihn zu.
    Es war Nina, die sich gerade ein Handtuch vom Kopf wickelte. Seine Gedanken überschlugen sich. Er wollte etwas Besonderes sagen, etwas, dass ihr zeigte, was sie ihm bedeutete. Und das ihr erklärte, warum er überhaupt hier war. Natürlich musste er von Katrin erzählen. Und von Paul. Wenn es doch nur ein einziges Wort gäbe, dass alldem gerecht werden würde.
    »Hi«, sagte er. Zu mehr war er nicht fähig.
    »Hi«, erwiderte sie leise.
    Dann war es still um sie beide und doch war gerade diese Ruhe das, was sie jetzt so sehr brauchten, um sich und ihre Gedanken zu ordnen. Nina blickte Tom direkt in die Augen, während seiner an ihrem Hals entlang glitt.
    Nasse Strähnen fielen auf ihre nackten Schultern, und als er näherkam, erkannte er das neue Tattoo besser. Ein Totenkopf, auf dessen Augenhöhlen zwei Münzen lagen, eingerahmt von bunten Blüten und Schmetterlingen.
    Nina folgte nun seinem Blick und grinste. »Na, gefällt's dir?« Sie streckte den Arm aus und betätigte einen Lichtschalter. Flackernd sprangen zwei lange Leuchtstoffröhren an und tauchten den Gang in grelles Licht. Nun zog sie den Träger ihres giftgrünen Tops ein wenig herunter und präsentierte ihm das Tattoo in Gänze.
    »Wow! Tolle Arbeit! Das ist aber nicht von Georg, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich hab es hier in London stechen lassen.« Mit zwei Fingern streifen sie den Träger zurück, sammelte ihr Haar zu einem Zopf und band es geschickt mit einem Gummi, welchen sie zuvor am Handgelenk getragen hatte, zusammen.
    Tom holte tief Luft. Es gab so viel, was er ihr sagen wollte und er musste irgendwo anfangen. »Happy Birthday.«
    »Danke.«
    Wieder Schweigen. Doch diesmal war die Luft mit Nervosität und Anspannung geladen.
    Sie tippelte von einem Fuß auf den anderen. »Wie geht es dir?«
    »Gut.« Er räusperte sich, um den Kloß im Hals loszuwerden.
    »Und wie geht's deinem Sohn?«
    »Paul ist inzwischen drei und geht in den Kindergarten. Er

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