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Echtzeit

Titel: Echtzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
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haben alle Symptome von Malaria.«
    Damit ist er und seine Truppe wieder abgezogen. Zu dritt waren sie da. Zu dritt. Und dreifach hilflos.
    Ob ich ins Spital mitkommen möchte?, hat er mich gefragt.
    »Nein«, hab ich gesagt, »ich sterbe lieber zu Hause.«
    Dann habe ich zur Sicherheit gelacht, weil ich mir nicht klar war, ob er kleine Scherze versteht. Bei dem anstrengenden Tag, den er hat. Gut, nach zehn Tagen, in denen ich mich bewegt habe wie eine Hundertvierjährige, bin ich in eine Klinik und habe mich auf Herz und Nieren durchchecken lassen. Mit dem Ergebnis, dass ich kerngesund bin. Kerngesund. Der Arzt, der am Ende des zweiten Tages in mein Zimmer gekommen ist, um all meine gesammelten Befunde zu besprechen, hat gemeint, so was Gesundes wie mich hätte er selten gesehen. Mein Körper sei völlig in Ordnung. Und dann hat er die bedeutungsvolle Frage gestellt, die jeder verantwortungsbewusster Jungmediziner heutzutage stellen muss: »Haben Sie eine seelische Belastung … eine unübliche?«
    Eine »unübliche« hat er hinzugefügt, wohl um seine Hilflosigkeit mit Professionalität zu tarnen. Ich habe mich gefragt, was »übliche« seelische Belastungen sind und habe ihm lange in die besorgten Augen geblickt und mit leiser Stimme »Ja« gesagt.
    Um ihn zu beruhigen, dass seine Vermutung aus medizinischer Sicht einwandfrei war. Er hat dann sehr mitfühlend genickt und mir geraten, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das sollte ich deshalb tun, weil so ein Totalabsturz des Systems, wie ich es erlebt hatte, einer der vorletzten Hilfeschreie der Psyche seien.
    »Sie haben völlig recht, Herr Doktor«, habe ich gesagt und mir gedacht, dass er wunderschöne braune Augen hatte. Fast so schön wie deine, Isabell. Aber an dich kommt nicht einmal ein Chefarzt heran. Mit all seinem Wissen und seiner Ausbildung. Du bist unschlagbar, Isabell.
    Das durfte ich erleben. Darum habe ich auch gar nicht erst begonnen, einen Krieg gegen dich zu führen. Wie sollte das auch gehen? Kann man gegen den Wind einen Krieg führen? Gegen den »Wind of Change« …? Allein, dass du jetzt sicher gelächelt hast, zeigt mir, wie sinnlos so ein Kampf wäre. Na also …
    Ich habe mir in der Folge gesagt: »Gut … sie sind glücklich miteinander und ich bin der Verursacher dieses Glücks.«
    Für mein Karma ist das sicher ein Bonuspunkt. Isabell … ich hole nur noch einen »Carlos Primero«. Bis gleich …

    »En vaso caliente … Hola Señorita!« Ich bin wieder da! »En vaso caliente – Im heißen Glas«. Ich habe mir meinen »Carlos« im heißen Glas hergerichtet, so wie der Spanier es liebt. Das ist sehr angenehm um diese Uhrzeit. Ich habe die Fenster aufgemacht und höre den Autos zu, die unten vorbeifahren. Ich mag dieses Geräusch. Es erinnert mich an Meereswellen. Weißt du noch … das Meer am »Niu Blau« in Ibiza … da haben wir gegrillten Fisch gegessen und geplaudert: Hm … Manchmal will ich es nicht glauben, dass das alles für immer vorbei sein soll.
    Das dachte die Nachbarin aus dem Stockwerk über mir sicher auch … während ihres Fluges … hinunter … auf die Straße. Vorgestern hat sich hier in meinem Haus meine Nachbarin über mir auf die Straße geworfen. Sie hat die Fenster aufgemacht und ist gesprungen … niemand hat etwas gehört. Ich meine, einen Schrei oder so etwas. Ich bin nur aufmerksam geworden, weil plötzlich keine Autos mehr gefahren sind. Die Stille hat mich aufgeschreckt. Die plötzliche … Mit einem Mal waren keine Wellen mehr vor meinem Fenster. Ich bin hingegangen und habe hinuntergeschaut. Links und rechts von ihr hatte sich schon ein Stau gebildet. Aus stehenden Autos. Und einige Autofahrer sind um sie herumgestanden. Seltsamer Anblick. Sie ist auf dem Bauch gelegen und war tot. Einfach so. Und die Wellen haben aufgehört.
    Wer sie wohl verlassen hat? Habe ich mir gedacht und über eine Stunde lang dem Abtransport zugesehen. Der Ambulanz, der Polizei, den Ärzten. Nach einer Stunde war alles wieder beim Alten. Der Verkehr ist wieder ins Rollen gekommen. Dann hat die Polizei bei mir geläutet. Und Fragen gestellt. Bei mir und allen anderen Mietern. Und dann sind sie wieder gegangen.
    Ich hab mir einen »Carlos Primero« gemacht … »en vaso caliente« und an den Strand gedacht. Man sollte nie vergessen, wie wenig Zeit man hat, um auf den richtigen Weg zu kommen. Im Leben. Und wenn man dann unterwegs ist … endlich, dann sollte man bereit sein und jede Gefahr schon weit im Voraus erahnen,

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