Echtzeit
diesen Nächten habe ich manchmal Musik gehört, »Penny Lane« von den Beatles … das hat mir geholfen. Weil es so eine fröhliche, ruhige Melodie ist. Ja … »Penny Lane« … und dann habe ich geträumt, wie es wäre, eine Freundin zu haben und später dann habe ich geträumt davon, wie es wäre, einen Freund zu haben. Immer habe ich nur davon geträumt … nur geträumt.
Als ich dann größer geworden bin, habe ich die Jungs mit mir machen lassen, was sie wollten, nach der Zeit, in der ich immer davongelaufen bin … wenn mich einer anfassen wollte oder küssen. Dann haben sie gelacht und mich eine frigide Kuh genannt.
Da hab ich dann angefangen, sie machen zu lassen, um nicht ganz allein zu sein. Sie wollten mich alle nur ein wenig ficken und dann wieder gehen, weil keiner mit mir gesehen werden wollte. Also hab ich ihnen einen runtergeholt … oder ein wenig geblasen … oder mich ficken lassen, im Auto oder irgendwo bei einer Party. Es war zwar nicht besonders schön, aber ich war nicht mehr ganz so allein … weil, ich wollte es gut machen … damit sie wiederkommen.
Später dann haben sie sogar manchmal Geschenke gemacht. Ein Armband oder ein paar Blumen, aber geblieben ist nie einer … nie wirklich … nie lange, und wenn einer länger mit mir sein wollte, dann nur, weil er keine andere gefunden hat … weil er vielleicht komische Zähne hatte oder zu dick war und die wollte dann ich nach einer Zeit nicht mehr.
Ja, und so war ich dann wieder allein … lange … wirklich lange, bis ich dann dich getroffen habe. Warum du mich an deinen Tisch gelassen hast, verstehe ich bis heute nicht. Kann es sein, dass du eine hässliche Freundin gebraucht hast? Ich habe das oft beobachtet. Sehr schöne Frauen haben oft eine ziemlich unattraktive Freundin, die dient dann als Kontrast. Wie ein schlechter Rahmen, der einen Monet erst richtig zur Wirkung bringt. Na ja, wie auch immer, dann war ich eben dein Rahmen. Und wir hatten doch wirklich eine schöne Zeit, nicht? Wir hatten es doch wirklich gut … sehr lange Zeit. Wir haben so viel geredet und gelacht.
Ja, ich glaube, durch unser Zusammensein bin ich etwas schöner geworden. So wie ein Hund, der seinem Herrchen immer ähnlicher wird. Na ja, kleiner Scherz, du verstehst schon. Ich glaube wirklich, dass ich schöner geworden bin, sonst hätte sich ja auch Stefan nie mit mir abgegeben. Meinst du nicht?
Also hat er sich eigentlich schon, bevor er dich zum ersten Mal gesehen hat, in dich verliebt, weil du ja abgefärbt hattest … auf mich und er hat immer gesagt, dass er mich schön findet. Wirklich! Und etwas Besonderes, weil die Rothaarigen haben ja eine ganz spezielle Genetik und ich habe mal einen Artikel gelesen von einem Wissenschaftler, der gemeint hat, die Rothaarigen kommen vielleicht gar nicht von der Erde, sondern haben genetisches Material von Ufos implantiert bekommen, vor Millionen von Jahren.
Ich war sehr glücklich mit Stefan. Wirklich, zum ersten Mal. Ich danke dir … ich danke dir dafür, dass du ihn mir nicht schon gleich … Liebe ist ja keine Frage der Quantität, sondern der Qualität, nicht wahr? Na ja, und seither bin ich wieder allein und ich mag es nicht mehr. Ich habe wirklich alles versucht: Alles! Ich bin ausgegangen … tanzen gegangen … ich habe mich hübsch gemacht … ich habe gelächelt … ich war entgegenkommend. Es hat nichts genützt. Niemandem bin ich begegnet, niemandem. Alles nur verspannte Sonderlinge. Entweder im ergomanischen Karrierestress oder egozentrische Arbeitslose, die der Welt die Schuld geben für ihre Unfähigkeit.
Aber keiner, keiner ist fähig zuzuhören und hinzuschauen, wer ihm begegnet. Auf einer Parkbank oder in einem Restaurant … irgendwo und einen menschlichen Kontakt sucht, so wie ich. Einen menschlichen Kontakt … und dann habe ich mich eben zurückgezogen. Aber ich weiß wenigstens, warum ich arbeitslos bin. Weil ich unfähig bin … unfähig … zu funktionieren, wie es sein soll … im Berufsleben.
Das weiß ich wenigstens. Weil ich für etwas anderes geboren bin. Für etwas anderes … ich bin dafür geboren … jemanden lieb zu haben … für ihn da zu sein und nicht um zu kämpfen … da draußen. Das ist nicht meines. Nein, das ist nicht meines … und dann habe ich eben gesucht und nichts gefunden. Nichts – bis auf einen Haufen Wahnsinniger, aber man kann ihnen ja keinen Vorwurf machen. Sie zeigen ja nur, was aus ihnen geworden ist, in ihrer Einsamkeit, die sie krank gemacht hat. So
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