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Echtzeit

Titel: Echtzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
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Magnetnadel. Ununterbrochen hat es ihn dort hingezogen.
    »In den Brüsten der Frau sammelt sich wertvolle feminine Energie«, hat er gesagt. Und während er meinen Busen mit kreisförmigen Bewegungen massiert hat, war er immer noch in der Lage, ruhig weiterzusprechen und zu erläutern, dass durch ebendiese ruhige kreisförmige Massage die Energie am Fließen gehalten wird.
    Den Männern hat er eingeschärft, bei der Handmassage des Penis durch die Frau nur an den ruhigen Atem zu denken und in der Penetration ruhig zu verharren. Also nicht wild draufloszuficken, um Spaß zu haben. Nein. Der Mann soll ruhig atmend … bewegungslos … ohne in Erregung zu verfallen seinen Lingam in ihrer Yoni verweilen lassen und die angestaute Energie durch Atmen in das Juwelenchakra hochziehen.
    »Die armen Jungs«, habe ich mir gedacht, wenn ich ruhige Handmassage an ihren steifen Schwänzen vollzogen habe. Das war schon eine reife Leistung, dabei nicht in Erregung zu verfallen.
    Der Meister hat mich dann auserwählt, um seinen Lingam zu erwecken und nachdem er mich angespritzt hatte, hat er der Gruppe erklärt, dass er damit demonstrieren wollte, wie unbewegt sein Atem, selbst bei der absichtlich herbeigeführten Ejakulation, geblieben ist.
    Einmal im Monat sollte der Mann bis zur Ejakulation kommen. Um keinen Energiestau im Materiebereich des tiefsten Chakras zu provozieren.
    Einmal bei der Erweckung durch den Energiefluss in den Händen der Partnerin. Dann einmal … durch Atemerweckung im warmfeuchten Mundhöhlenraum und einmal bei bewegungslosem Verweilen in der Yoni. Meine warmfeuchte Mundhöhle hatte es ihm besonders angetan. Dort ist er ein paar Mal gekommen. Damit wollte er demonstrieren, dass es dem Mann möglich ist, durch gezielte Unterbauchatmung mehrfache Ejakulation zu provozieren. Was aber nicht das eigentliche Ziel des Kurses war.
    Ich habe mir das in aller Ruhe angeschaut und beschlossen, lieber auf die Suche nach einem Typen zu gehen, der heftig atmet, wenn er in Erregung fällt und die Erleuchtung auf anderen Wegen verführen möchte, bei ihm zu verweilen.
    Die Wahrheit ist, dass ich das ganze Wochenendseminar nur deshalb mitgemacht habe, weil mich unser Meister entfernt an Kevin Costner erinnert hat. Von hinten. In der Szene in dem Film »Der mit dem Wolf tanzt«. Wo man das Gesicht nicht sieht, dafür jede Menge von einem absoluten Prachthintern. Na gut! Der Erleuchtung ist es egal, wie du sie erlangst.
    Außerdem war dieses Seminar eine eigenartige Verdeutlichung. Es ging so eindeutig um Sex, dass ich mit einem Mal genug davon hatte. Ich habe genug davon gehabt, weil mir klar geworden ist, dass ich mit Stefan genau das erlebt habe, wonach ich mich ein Leben lang gesehnt hatte. Nähe … Wärme … Vertrauen. Eine Erregung, in die ich mich fallen lassen konnte wie ein Surfer in die Welle seines Lebens.
    »This is this«, sagt Robert de Niro im Film »The Dear Hunter« und zeigt seinem Kumpel eine Patrone. »Das ist das«, so ist es. Wenn mich jemand ins Bett kriegen will, soll er das bitte zeigen und nicht die Opiumnummer abfahren, um mich zu betäuben mit Schlagwörtern wie Liebe, Treue, Ewigkeit und was es da sonst noch alles im Angebot gibt. Und wenn jemand nicht auf mich steht, sondern vielleicht wirklich nur mal reden will … Ja mein Gott, ich bin bereit … man muss mir nicht vorspielen, wie nett und anziehend ich bin, wenn man echt nur mal zwei Takte quatschen will. Du weißt, worauf ich hinauswill … auf die Fakten … auf das Ungeschminkte … auf die schlichte, einfache, unbestechliche Wahrheit … aber Jesus Christus! Alleine, wenn ich das Wort ausspreche, muss ich lachen. Weil nichts schwerer ist als das Leichte. Nichts ist unerreichbarer als das Einfache. Nichts ferner als die Nähe. Gut … und was macht man, wenn man das erkannt hat? Man beschließt, keine Kompromisse mehr zu machen. So lautet die Antwort.
    Nach der Erkenntnis, dass ich einen Mann so erleben will, wie ich Stefan erlebt habe oder eben keinen Mann mehr zu erleben … habe ich beschlossen, radikal zu werden. Verstehst du: Radikal! Von »Radix« – die Wurzel.
    In derselben Sekunde habe ich ein seltsames Gefühl von Freiheit empfunden. Im Alleinsein. Selbst in dem Zustand, den ich mein Leben lang gescheut habe wie der Teufel das Weihwasser – im Alleinsein habe ich eine ungeahnte Freiheit empfunden. Eine Leichtigkeit … eine Glückseligkeit, zumindest eine Zeitlang. Weil mir eines wirklich klar geworden ist. Für halbe Sachen

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