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Echtzeit

Titel: Echtzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
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vielleicht hat da das Kind im Manne gesprochen. Wie auch immer … jetzt hatte ich ihn! Jetzt konnte ich ihm den Todesstoß geben! Ich habe ohne zu zögern Folgendes zurückgeschrieben:
    »Nein! Nein! Nein, das will ich nicht! Mir ist in der letzten halben Stunde so heiß geworden bei dem Gedanken, deine willige Autobahnbrückenhure zu sein! Jetzt ist alles verdorben!! Für dich wollte ich da sein in dieser Vollmondnacht! Für dich und deine zügellose Lust. Du unhaltbarer Hengst. Ich habe schon die Glut von deinem heißen Auspuffrohr gespürt … Ein blauer BMW! In dem irgendwelche abgefuckten Typen sitzen, die meine glatt rasierte Muschi filmen! Mit einer Videokamera! Mein heißes Nest, das nur für dich, vom Sturmwind deiner Begierde, geöffnet werden sollte! Irgendwelche zweitklassigen Wichser wollen mich mit dir teilen?! Nein! Nie und nimmer! Ich wollte deine Sklavin sein! Deine! Auf ewig! Aber nun ist alles vorbei! Leb wohl!«
    Ich sag dir, Isabell, wenn du einmal angefangen hast mit diesem Stil, dann kommst du nicht mehr so schnell raus. Ich meine zurück in die Sprache, in der du und ich uns verständigen, aber es hat was … es erlaubt dir Sachen zu sagen, für die es in unserer »Hol mal ein Bier aus dem Eis«-Sprache keinen Raum gibt. Solltest du mal ausprobieren, mit Stefan vielleicht … in irgendeinem Waschraum für Männer … in einem Nobelrestaurant, in das du dich geschlichen hast. Um – na gut, den Rest überlasse ich deiner Vorstellungskraft.
    Zurück zu Peter: Ich habe ihm also diesen Fächertorpedo unter die Wasserlinie gedonnert und war nur mehr neugierig, wie das Sinken seines Schiffes sich anhören würde. Sinken musste es, daran bestand kein Zweifel. Ihm musste klar sein, dass er einen schweren, strategischen Fehler gemacht hatte. Das mit dem Meister-und-Sklavin-Ding ist ja nichts Besonderes. Es muss nur von Anfang an klar sein, ob ein Meister seine Puppe exklusiv hat oder ob er sie zur Benützung frei gibt. Das hat er verpasst. Er hat sozusagen zwei divergierende Drehbücher abgeliefert. Das geht nicht! Nicht bei den ungeschriebenen Gesetzen, die in der Szene herrschen. Dementsprechend war er auch von der Rolle, als er zurückgeschrieben hat.
    »Nein!!!!«
    Er hat wirklich vier Rufzeichen geschrieben, Isabell … vier!
    »Nein!!!! So ist es nicht. Du hast mich falsch verstanden. Verzeih mir! In dem Wagen sitzt … meine Frau!! Sie filmt dich. Nur sie … damit sie sehen kann und miterleben, welche Prachtweiber bereit sind, mir alles zu geben … Sie soll lernen! Lernen, was es heißt, sich hinzugeben. Bis in das Letzte. Zu Hause werden wir dann das Video anschauen. Ich habe einen Riesenplasma-Flachbildschirm. Da sehe ich jede Pore von dir und deinem Götterkörper. Du unsagbar geile Bestie. Lass es uns so machen. So und nicht anders. Meine Frau wird dann neben mir sitzen und mir einen runterholen, während ich mir dein Exklusivvideo anschaue. Niemand sonst wird es sehen!! Sag ja! Melde dich!«
    Was für ein trauriges Bild. Was für ein erbärmliches Gewinsel … ist das nicht traurig? Ist das nicht ein Bild des Jammers? »Verzeih mir!« Niemals … wirklich niemals darf ein Meister seine Sklavin um Verzeihung bitten! Niemals! In der Sekunde ist das Gefüge zerstört. Die kosmische Ordnung ins Wanken gebracht! Himmel und Hölle vertauscht. Ja, so schnell kann es gehen. Ich habe natürlich das einzig Richtige getan: Ich habe ihn bestraft. Indem ich geschwiegen habe. Konsequent. Radikal. Total. Für immer. Eine Zeitlang ist das Gewinsel noch weitergegangen mit Bitten und Betteln, dann hat er angefangen, mir sogar Geld zu bieten, damit ich nur überhaupt kommen würde … auf die Brücke. Bei 4000 Euro habe ich kurz mal gezögert, aber dann bin ich konsequent geblieben. Wie sollte das auch gehen? Wie sollte ich zu dem Geld kommen? Wollte er im Vorbeifahren ein Päckchen rauswerfen? Meine Kontonummer konnte ich ihm ja schlecht geben. Also habe ich einen Schlussstrich gezogen und ihn einfach verbluten lassen.
    Da hat er recht, habe ich mir gedacht und das Kapitel geschlossen. Ja, Isabell … das erlebt deine Freundin so an ihren freien Tagen und ich habe viele freie Tage. Ich sage dir, es gibt nichts, was es nicht gibt und eines darf man nicht vergessen … Du lernst aus jeder dieser Begegnungen etwas … aus jeder. Und aus der Erfahrung mit Peter habe ich einen nicht uninteressanten Gedanken mitgenommen: »Geld!«
    Verstehst du? Der Typ wäre bereit gewesen, locker bis auf 4000 Euro zu gehen.

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