Ed King
Treffen der Anonymen Alkoholiker oder der Weight Watchers untervermieten; außerdem könnte sie auch noch eine Selbsthilfegruppe für geschiedene Frauen einrichten, in der diese gegen eine entsprechende Gebühr lernten, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Vielleicht brauchte Sir Charles eine Agentin oder der Barkeeper eine Kupplerin, oder sie konnte sich als vermeintliche ausgebildete Masseuse selbständig machen oder sich als Investitionsberaterin versuchen. An ihrem Mai Tai nippend, suchte Diane nach Wegen, wie sie, ohne zu arbeiten, zu Geld kommen könnte, wie die Leute ganz oben, die auch nur ihr Aktienkapital für sich arbeiten ließen.
Von einem Kerl, groß, gepflegt, aber nicht besonders gut aussehend, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, der ihr über Sir Charles’ LetsStay Together hinweg seine Standardanmache zurief: »Ich weiß, du glaubst, ich will dich anbaggern.« Diane antwortete: »Erraten.«
»Ich wollte eigentlich nur sehen«, sagte der Typ, »ob du etwas Koks gebrauchen kannst.«
»Ich kokse nicht.«
»Lust, es auszuprobieren?«
»Verschwinde.«
»Und wenn es umsonst ist?«
»Du verschenkst Koks?«
»Jawohl«, sagte der Typ. »Wie die Scheibe Wurst beim Fleischer. Gleiche Strategie. Kundenwerbung.«
Diane stützte ihren Ellbogen auf den Tresen und legte das Kinn in die Hand. Der Koksdealer machte es ihr nach. Er hatte kurz geschorenes, gegeltes Haar und eine breite gallische Nase. Er trug ein bis zum Hals zugeknöpftes Poloshirt, enge Chinos und einen Ehering. Er machte einen zuverlässigen, wenngleich etwas schmierigen Eindruck, wie viele von Candy Darks früheren Kunden. »Eine Linie gratis?«, sagte Diane.
»Genau.«
»Bei Gratisangeboten sage ich nie nein.«
»Das ist ein Wort.«
»Wie heißt du?«
»Ich heiße … Bill. Ich meine Mike. Warum sage ich Bill? Mein Name ist Michael Bill, ich meine Bill Michaels. Sag einfach Bill zu mir. Oder Mike. Und wie heißt du?«
»Lustig«, sagte Diane. »Ich heiße ebenfalls Bill.«
»Großartig«, sagte der Dealer. »Was trinkst du?«
»Ich trinke einen Mike«, sagte Diane.
Der Ehering des Dealers befand sich gleich neben einem Nasenflügel, und das grüne Zifferblatt seiner protzigen Uhr mit dem silbernen Gliederarmband leuchtete im Halbdunkel des Pelican . Er wirkte niedergedrückt und ungeduldig, mit breiten Ellbogen, linkischen Bewegungen und der vornübergebeugten Haltung eines Basketballspielers. »Großartig«, sagte er. »Mike. Egal. Bill. Aber da du gerade von deinem Mai Tai trinkst, schaue ich vielleicht besser später noch mal vorbei.«
»Warum?«
»Lass dir Zeit. Genieß deinen Drink. Ich komme später wieder. Wir ziehen gemeinsam eine Linie.«
Von hinten drängte sich eine der Kellnerinnen an Diane heran, legte ihr eine Hand auf die Schulter und brüllte gegen den Lärm der Musik an: »Hi, Mike!« Mike machte das Peace-Zeichen, und Diane sagte: »Ich dachte, es ginge um die Extrascheibe Wurst, Bill. Warum sollen wir da gemeinsam koksen?«
»Verstehe«, sagte er und schaute auf seine Uhr. »Du kokst, und ich sehe zu.«
Diane hob ihr Glas, als wollte sie trinken, setzte es aber wieder ab. Dann öffnete sie ihre Handtasche und zog eine Streichholzschachtel hervor. »Hier, nimm«, sagte sie, »und steck den Koks da rein. Ich bleibe noch eine Weile.«
»Und es ist das erste Mal?«
»Ich krieg schon raus, wie’s geht.«
»Gute Nummer«, sagte Mike. »Wir sehen uns.« Aber zehn Minuten später brachte er ihr den Koks.
Am Sonntag trug Diane den weniger auffälligen Zweiteiler und mischte sich am Pool unter die Leute. Sie ging zu zwei Mädchen, die zehn Meter von ihr entfernt im Liegestuhl saßen, und redete mit ihnen über Mexiko, Sonnenstudios, England und Kohlenhydrate. Die eine, Kelly, zeigte ihr einen Kerl mit tollen Brustmuskeln. Die andere, Teddie, versicherte ihr, dass die Typen auf Mädchen mit britischem Akzent ständen. Sie tauschten sich über Sonnencremes aus. Diane sagte, sie wohne in Apartment 226, und lud die Mädchen ein, vorbeizuschauen, wenn sie Lust auf Margaritas hätten. Kelly erzählte sogleich, wie sie einmal mit Margaritas abgestürzt sei. Teddie, die eine Cosmopolitan auf dem Schoß hatte, erklärte, alle sagten nur Ted zu ihr. Dann redeten sie über die Prinzessin von Wales, die nach Kellys Auffassung nicht besonders hübsch sei. Sie könne den ganzen Wirbel um sie nicht verstehen, aber vielleicht könne Diane als Engländerin es ihr erklären. Ted war überraschend gut informiert über die
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