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Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Titel: Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Declan Hughes
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verlassene, kaputte Gebäude, dass der Bachelor’s Walk und der Ormond Quay aussahen wie ein Mund fauler Zähne. Jetzt zeugten edle neue Restaurants und schicke Ladenfronten davon, dass in Dublin die kosmetische Zahnbehandlung Einzug gehalten hatte, und das galt nicht nur für Gebäude. Es gab schließlich Geld in den Straßen dieser Stadt, und die Leute trugen es am Leib, an den Handgelenken, um den Hals – warum dann nicht auch im Mund? Was brachte es, Geld zu haben, wenn es keiner sah? Die Iren hatten sich viel zu lange dafür schämen müssen, aus dem letzten Loch zu pfeifen. Das sollte jetzt kein Mensch mehr denken, selbst wenn man dafür demonstrative Geschmacksverirrungen und Habgier zur Schau tragen musste. Schließlich hatten wir lange genug darauf gewartet. Und hatten wir es etwa nicht verdient? Hatten wir nicht bewiesen, dass wir genauso gut waren wie die anderen? Wer etwas anderes behauptete, war doch nur ein Miesmacher.
    Ich ging am Fluss entlang, den Burgh Quay hinunter bis zur Butt Bridge, und schaute an der grauen Kalksteinkuppel des Zollamts vorbei zu der neuen Kathedrale des wirtschaftlichen Aufschwungs von Dublin: dem Irish Financial Services Centre, einem funkelnden Gebäudekomplex aus bläulichem Glas und grauem Stahl. Es war eine Hochburg für Banker, Broker und jegliche Sorte Geschäftemacher und ließ Dublin aussehen wie jede beliebige andere Großstadt. Darum ging es vermutlich auch: Irgendwann in unserer historischen Entwicklung hatten wir versucht, unsere ureigenste irische Identität zu behaupten, indem wir uns von der Außenwelt abschotteten. Das hatte nur zur Folge, dass die Hälfte der Bevölkerung auswanderte. Und jetzt bemühten wir uns eben, jede nationale Besonderheit zu vermeiden. Nachdem wir früher verzweifelt beweisen wollten, dass Irland eben nicht die kolonisierte Provinz Westbritannien war, waren wir jetzt ganz aus dem Häuschen über unsere erneute Kolonisierung und versöhnt mit dem Schicksal, der 51. Staat der USA zu werden.
    Ich hörte Geräusche hinter mir und drehte mich um. Drei graugesichtige, rotznasige Gestalten in dreckigen, blauweißen Trainingsanzügen hatten mich umzingelt. Wenn ich sie nicht über den Verkehrslärm hinweg gehört hätte, wären sie vielleicht auf mich losgegangen, aber jetzt sahen sie mich nicht einmal direkt an. Sie hatten Pappbecher mit einer leuchtend gelben Flüssigkeit in der Hand, die wie Limonade aussehen sollte, obwohl jeder wusste, dass es Methadon war. Das Mädchen gab dem Größeren der beiden Typen einen Schubs, aber er schaute eisern zu Boden. Der Kleinere nickte und grinste mich dümmlich an. Er hatte Schorf an den Augenbrauen und an der Unterlippe, wo seine Piercings sich entzündet hatten.
    Ich zog ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche und fragte: »Wie wär’s mit ein paar Kippen?« Sie nahmen sich jeder zwei, und ich nickte ihnen zu und ging weiter in Richtung Tara Street Station.
    »Na, klasse. Hältst dich jetzt wohl für sonst was? Das muss man sich mal geben«, rief mir das Mädchen hinterher.
    »Hält sich echt für sonst was, der Typ«, bekräftigte einer ihrer Freunde.
    Dublin: Hier bleibt keine Wohltat ungestraft.
    Ich fuhr mit dem DART zurück und ging das letzte Stück zum Haus meiner Mutter zu Fuß. Mir war nicht besonders wohl dabei, eine Pistole dort aufzubewahren, die Podge Halligan gehörte, egal, ob Tommy Owens’ Geschichte nun stimmte oder nicht. Ich holte die Glock 17 und die Magazine aus der Anrichte, wickelte sie in ein altes Handtuch und steckte sie in die abgewetzte Ledertasche, die mir die Fluggesellschaft widerwillig überlassen hatte. Als ich wieder aus dem Haus kam, hörte ich Tommy in der Garage werkeln. Ich legte die Pistole in den Kofferraum meines Mietwagens und fuhr nach Castlehill.
    * **
    Das helle Parkett und die kahlen weißen Wände ließen das offene Erdgeschoss von Linda Dawsons Haus noch größer und leerer wirken, als es ohnehin war: wie eine Galerie, die auf die nächste Ausstellung wartete. Die geschwungene Rückwand war vom Boden bis zur Decke verglast, sodass man das halbe County überblicken konnte, von dem Wicklow-Gebirge zum Meer, über Bayview hinweg bis zum Hafen von Seafield und sogar noch weiter, bis zur Dublin Bay.
    Linda hatte nasse Haare, ihr Gesicht leuchtete, sie war barfuß und trug nur einen kurzen schwarzen Seidenmorgenmantel. So stand sie an der steinernen Arbeitsplatte neben dem zweitürigen Edelstahl-Kühlschrank, einen Kristallkrug mit Minzblättern und eine

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