Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut
hat er hier gewohnt. Aber er brauchte auch einen Wohnsitz im Verwaltungsbezirk Seafield. Also habe ich ihm eine Wohnung in einem der alten Häuser an der Victoria Terrace gekauft. Die Polizei hat die Wohnung bereits durchsucht, aber ich weiß nicht, ob sie etwas gefunden haben. Oder ob sie überhaupt wussten, wonach sie suchen sollten.«
»Hat Ihr Mann je von Peter Dawson gesprochen?«
»Nur von Dawson Construction.«
»Er mochte die Firma nicht.«
»Joseph war Stadtplanungsgegner. Er mochte überhaupt keine Bauunternehmen.«
»Und wo sollen die Leute dann wohnen?«
»So denken alle. Aber Joseph war Idealist. Er wollte, dass alles, was gebaut wird, auch schön ist. Und er hat an seinen Grundsätzen festgehalten. Er war sein eigener Herr.«
Sie war dabei, ihm ein Mausoleum zu errichten. Ich setzte ihrer Lobeshymne ein Ende, indem ich nach einem Scheck fragte. Sie war entsetzt über den Preis und versuchte, ihn zu drücken. Aber ich ließ nicht mit mir handeln, und schließlich gab sie nach. So anders sind die Reichen gar nicht – zumindest unterscheiden sie sich nicht groß voneinander.
»Eins noch«, sagte ich. »Soviel ich weiß, gehören Ihrem Vater auch Zeitungen.«
»Er besitzt oder kontrolliert etwa die Hälfte aller Zeitungen im Land«, erwiderte sie, nicht ohne einen gewissen Stolz.
»Dann begreife ich eins nicht. Hätten Sie ihn nicht dazu bringen können, seine Redakteure zurückzupfeifen, die Sache klein zu halten und Ihnen eine Atempause zu gönnen?«
»Jack Parland hat es nicht so weit gebracht, indem er anderen Atempausen ermöglicht.«
»Nicht mal seiner eigenen Familie?«
»Vor allem nicht seiner eigenen Familie. Ich wohne als einziges von sieben Kindern überhaupt hier im Land, die anderen konnten es nicht ertragen, in seiner Nähe zu sein. Übrigens mochte er Joseph nicht. Im Grunde hat er mir nie verziehen, dass ich ihn geheiratet habe. Ich hätte eigentlich bei ihm bleiben und mein Leben lang Daddys Liebling sein sollen.«
Sie verzog die Lippen zu einem dünnen Lächeln, das etwas Farbe in ihre bleichen Wangen brachte, und in ihren blauen Augen flackerte ein heftiges Gefühl auf, das ich nicht recht einordnen konnte. Es lag irgendwo zwischen Scham und Stolz, Wut und Trauer – und was immer es war, es war kein Grund zum Lächeln.
Draußen rief mich Dave Donnelly auf dem Handy an.
»Was brauchst du, Ed?«
»Vor allem Peter Dawsons Bank- und Telefonverbindungen.«
»Kriegst du.«
»Und alles, was du an ballistischen Analysen, Spurensicherungsberichten und so weiter bekommen kannst.«
»Ich werde mein Bestes tun. Die krieg ich natürlich nicht von selbst … aber ich habe meine Quellen.«
»Und DI Reed …«
»DI Reed versucht’s mit Diplomatie bei Superintendent Casey. DI Reed wird sich ganz bestimmt nicht aus dem Fenster lehnen.«
»Erklär mir eins, Dave. Tommy Owens sagt, die Schüsse waren schon abgefeuert, als Podge Halligan ihm die Pistole gegeben hat. Das bringt die Halligans doch ganz klar ins Spiel, oder nicht?«
»Casey wird alles tun, um zu verhindern, dass die Dawsons im selben Spiel wie die Halligans auftauchen. Das wird einfach nicht passieren. Und die Pistole ist praktischerweise schon verschwunden.«
»Wie bitte? Die Glock 17?«
»Ist irgendwo im Kriminaltechnischen Zentrum am Phoenix Park verschollen. Die ballistische Analyse war fertig, die Waffe war eingetütet und beschriftet. Danach hat sie sich einfach in Luft aufgelöst.«
Wir schwiegen lange. Dave fand als Erster die Sprache wieder. Seine Stimme klang heiser und kehlig.
»Ich kann da nicht einfach wegschauen, Ed. Wenn ich das mache … dann bin ich genauso schlimm wie die.«
Zwölf
»Kein Mucks, sonst bist du tot.«
Es war Jahre her, dass mich jemand mit dem Messer bedroht hatte, und es war in der Zwischenzeit nicht angenehmer geworden. Ich hatte gerade Joseph Williamsons Wohnung betreten und die Tür hinter mir zugemacht, als ich von links eine Klinge am Hals spürte.
»Wie heißt du?«
Eine dünne, näselnde Stimme mit Dubliner Einschlag. Ich antwortete nicht.
»Kannst wohl nicht reden, was? Wie heißt du, verdammt?«
Er stand links von mir, an die Wand gepresst, mit ausgestrecktem Arm. Die Hand mit dem Messer zitterte. Die zackige Klinge hatte mich bereits am Adamsapfel geritzt, und jetzt schnitt sie mich nochmal unterm Kinn. Ich spürte das Blut in die Kuhle über dem Schlüsselbein tropfen. Die Mäntel, die innen an der Tür hingen, streiften mich am Nacken und an den Ohren.
»Ich
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