Edelmann und Satansfreund
bist du mir eingefallen. Du hast mich schon einmal gerettet. Und ich weiß, daß du dich beruflich ja auch mit irgendwelchen Phänomenen beschäftigst.«
Ich mußte lächeln. »So kann man es auch sagen, Hilde.« Dann räusperte ich mich. »Überrascht hast du mich schon. Mit deinem Anruf hätte ich wirklich nicht gerechnet.«
»Tut mir wirklich leid, aber…«
»Egal, das braucht dir nicht leid zu tun. Außerdem bin ich jemand, der des öfteren aus dem Schlaf gerissen wird.«
»Danke.« Sie legte eine kurze Pause ein. Heftiges Atmen. Ich wußte, daß sie nachdachte. Sie mußte erst einen Graben überspringen, bevor sie die letzte Frage stellen konnte. »Wie sieht es denn aus, John?« Die Stimme zitterte. »Könntest du morgen, das ist ja ein Samstag, nein, heute, also ich meine… würdest du heute kommen? Der Flieger ist schnell in Frankfurt oder Stuttgart, und ich würde dir auch alles ersetzen. Flug und auch das Zimmer hier im Gasthof Krone.«
»Wenn du mir den Weg erklärst…«
»Wirklich?« Sie ließ mich nicht ausreden. Hilde jubelte am Telefon.
»Dafür könnte ich dich küssen.«
»Verschiebe das auf später. Aber ich komme darauf zurück, wenn ich bei dir bin.«
»Toll, danke.«
Ein Block lag immer neben dem Telefon bereit. Der Schreiber ebenfalls.
Ich klemmte den Hörer zwischen Kinn und Schulter fest. Dann ließ ich mir von Hilde eine genaue Wegbeschreibung geben. Sie erklärte mir auch, daß Bad Teinach-Zavelstein zu den kleineren Kurorten gehört, was auch seine Vorteile hätte, denn der große Rummel liefe daran vorbei.
»Das ist ja nicht schlecht.«
»Eben.«
»Gut, Hilde, dann sehen wir uns heute. Ich hoffe, am frühen Nachmittag bei dir zu sein. Gib auf dich acht, Mädchen.«
»Mach ich doch glatt. Und guten Flug.«
»Danke.«
Das war es nun. Der Hörer lag wieder auf. Ich saß auf der Bettkante, starrte ins Leere und schüttelte dabei den Kopf. Zudem fragte ich mich, ob ich alles richtig gemacht hatte. Da wird man in den frühen Morgenstunden aus dem Schlaf geklingelt, redet einige Worte, und schon ist die nächste Reise gebucht.
Hildegard von Zavelsreuth hatte wirklich Glück gehabt, mich anzutreffen.
Oft genug war ich auch am Wochenende im Einsatz.
Wäre es nicht so spät gewesen, wäre ich nach nebenan zu Shao und Suko gegangen. Da Shao neuerdings ihr Herz für den Computer entdeckt hatte, hätte sie sogar für mich den Flug auf diesem elektronischen Weg buchen können.
Ich weckte sie nicht, verschob die Buchung und legte mich noch hin.
Natürlich dauerte es seine Zeit, bis ich wieder einschlief.
Ich dachte intensiv an Hildegard von Zavelsreuth und an das Weekend, das wir beide vor knapp einem Jahr verbracht hatten.
Das war schon toll gewesen. Ob wir es wiederholen konnten, stand in den Sternen. Diesmal schien der unheimliche Ritter ihr verdammt nahe zu sein…
***
Ich hatte es geschafft und den Gasthof Krone erreicht. Es war schon mehr ein Hotel. Ein Parkplatz gehörte auch dazu, auf den ich den Leihwagen, einen BMW der 3er Reihe, abstellte. Es war wirklich ein wunderschöner Tag. Man sagte wohl Bilderbuchwetter dazu. Die Sonnenbrille noch vor den Augen, holte ich mein Gepäck vom Rücksitz – es war nur eine leichte Reisetasche –, schloß den Wagen ab und ging auf die Eingangstür des Hotels zu. Sie stand offen. Im Innern wurde gegessen. Mir drang ein wunderbarer Duft entgegen. Das Wasser lief mir im Mund zusammen. Aber ich ging noch nicht hinein, sondern betrat die Straße, an der das Hotel lag. An dieser Stelle liefen mehrere Straßen zusammen und bildeten eine breite Kreuzung, auf der sich der Verkehr jedoch in Grenzen hielt.
Ich blickte zur Ruine Zavelstein hinüber. Sie lag auf einem Hügel. Ich hatte sie von den Serpentinen aus, die nach Zavelstein führten, schon mehrmals gesehen.
In den vergangenen Jahrhunderten mußten die Mauern der Burg gewaltig gewesen sein. Leider war sie nicht mehr vollständig erhalten, aber der Bergfried ragte markant hervor. Er hatte die Zeiten entweder überstanden oder war restauriert worden. Die Straße, auf der ich stand, führte direkt auf die Burg zu, und hier hatte wohl auch das schreckliche Erlebnis meiner Freundin Hilde begonnen.
Heute war davon nichts zu sehen, denn Zavelstein und auch die Ruine lagen im hellen Sonnenschein. Im Gegensatz dazu standen die dunklen Wälder des Schwarzwaldes, die sich über die Kämme der Hügel hinwegzogen.
Tief atmete ich die frische Luft ein. Hier konnte man wirklich auftanken, die
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