Edelmann und Satansfreund
Seele baumeln lassen und Ruhe finden. Gegenüber befand sich ein Geschäft, in dem Lebensmittel und Zeitschriften verkauft wurden.
Zahlreiche Fahrräder standen vor dem Laden, der bald geschlossen werden würde, denn wir hatten Samstag.
Mir blieb zunächst nichts anderes übrig, als meine Tasche zu nehmen und die Treppe hoch zum Eingang zu gehen. Sehr schnell war ich in der Gaststube.
Schon beim ersten Hinsehen gefiel sie mir. Helle, saubere, aber dennoch rustikal anmutende Holztische verschiedener Größe. Einige Wanderer und Kurgäste saßen dort beim Mittagessen.
Ich mußte nach rechts gehen, passierte einen Kachelofen, vor dem ebenfalls ein Tisch stand. Auf ihm lagen mit Zeichnungen vollbemalte Blätter. So malten Kinder, und ich hörte ihre Stimmen auch im Hintergrund. Ich ging weiter vor zur Theke, wo zwei Frauen standen.
Eine davor, es war wohl die Bedienung, deren Ohren von zahlreichen Ringen geziert wurden.
Sie unterhielt sich mit einer dunkelhaarigen, hübschen, jüngeren Frau, sicherlich die Wirtin, die Bier zapfte. Ich verstand zwar deutsch. Was sie jedoch sagten, verstand ich nicht, denn das Schwäbische war nicht einfach zu verstehen.
Die Kellnerin sah mich, lächelte mir kurz zu. Dann füllte sie ihr Tablett mit den Getränken und ging. Aus der Küche hörte ich eine Männerstimme.
Dann wurden zwei mit Maultaschen bedeckte Teller in den Gastraum geschoben, die die Wirtin an sich nahm und sie dorthin stellte, wo die Bedienung sie abholen würde.
»Ich bin gleich soweit, mein Herr«, sagte sie zu mir.
»Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
»Nein, nein, das geht schon.« Sie sah mich lächelnd an. »Hildegard von Zavelsreuth hatte von einem Freund gesprochen, den sie erwartet. Ich denke, daß Sie Herr Sinclair sind.«
»In der Tat.«
»Ich bin Frau Brandenburg.« Sie reichte mir die Hand und lächelte herzerfrischend. »Karin Brandenburg.«
»Und die Wirtin, denke ich.«
»Ja, meinem Mann Heinz und mir gehört die Krone.«
»Sehr schön haben Sie es hier.«
»Oh, danke.«
»Bevor ich in mein Zimmer gehe, möchte ich ein schnelles Pils trinken. Ist das möglich?«
Aus ihren dunklen Augen strahlte mich Karin Brandenburg an. »Aber natürlich, gern.«
Die Kellnerin hatte mittlerweile die beiden mit Maultaschen gefüllten Teller abgeholt und zu den Gästen gebracht. Im Flugzeug hatte ich frühstücken können. Das lag schon etwas zurück. Ich verspürte plötzlich Hunger, hielt mich aber zurück. Dafür trank ich erst einmal das Pils. Es sah so herrlich frisch aus, es war auch frisch, und außen am Glas liefen noch einige Schaumstreifen herab.
»Das ist auf Kosten des Hauses, Herr Sinclair. Wohl bekomm’s.«
»Danke, Frau Brandenburg.« Und da sagt man immer, die Schwaben wären geizig und überaus sparsam. Traf wohl nicht auf alle zu.
Beim ersten Schluck leerte ich das Glas bis zur Hälfte. Bisher hatte ich Hilde noch nicht zu Gesicht bekommen. Das aber änderte sich. Woher sie plötzlich erschienen war, war mir nicht bewußt, aber sie war auf einmal da. Ich ahnte sie mehr, denn sie war hinter mir. Ich drehte mich um. Zum Glück hatte ich das Glas abgestellt, denn Hildegard von Zavelsreuth flog mir um den Hals.
»John!« rief sie. »John! Du bist gekommen!«
Himmel, war sie stürmisch. Ich wurde gegen die Theke gedrückt, und Hilde hielt das Versprechen, das sie mir in den frühen Morgenstunden gegeben hatte, denn ihr Kuß war schon beinahe anrüchig. So wild preßte sie ihre Lippen auf die meinen und ließ auch ihre Zunge in meinem Mund kreisen.
»Ich bin ja so froh«, flüsterte sie später. »Ich bin ja so froh, daß du hier bist.«
»Wenn mich eine schöne Frau ruft, kann ich eben nicht nein sagen.«
Sie trat zurück und funkelte mich an. »Schöne Frau, John? Ich dachte, du hättest das für mich getan.«
»Habe ich auch.«
»Es hat sich aber angehört, als würdest du es für jede Frau tun.«
»Für dich besonders, Hilde.«
Karin Brandenburg hatte unserer Unterhaltung amüsiert gelauscht. Hilde sprach mit ihr. Sie wollte wissen, ob wir uns schon gegenseitig bekannt gemacht hatten. Das konnten wir bestätigen, und dann kam sie auf die leiblichen Genüsse zu sprechen. »Ich wollte etwas essen, John. Jetzt, wo du hier bist, habe ich wieder Hunger.«
»Ich auch.«
»Dann komm.«
Ich nahm meine Tasche mit. Wir fanden einen kleineren Tisch, an dem wir unsere Ruhe hatten. Die Kellnerin brachte die Speisekarte, mein halbleeres Bierglas hatte ich mitgenommen. So bestellte ich erst
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