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Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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Faltschachtel, wie man sie
in jeder Postagentur kaufen konnte, mit schwarzem Filzstift adressiert an ›Privatdetektivin
N. Tann‹. Buchstaben und Ziffern sauber ausgerichtet. Wer auch immer das Päckchen
verschickt hatte: Auf den ersten Blick wollte er oder sie sich nicht zu erkennen
geben. Das Absenderfeld war frei geblieben.
    Das Mädchen
unterbrach Normas Begutachtung. »Wenn ich für dich den Postmann spiele, kannst du
mich auch reinlassen.«
    Norma gab
die Tür frei und schlenderte ihrem Gast hinterher, der den Flur durchquerte und
zielstrebig die Küche ansteuerte. Jedes Mal schneite Nina ohne Vorwarnung herein,
nervte mit ihrer kindischen Überheblichkeit, mit dem altklugen Getue und der gespielten
Zickigkeit, um dann das Weinregal zu durchforsten, den Zigarettenrauch vom offenen
Fenster zurück in die Küche zu pusten und sich schließlich auf der Couch zusammenzurollen
wie eine schläfrige Katze. Was sie ja auch war: Eine verwilderte, kleine Kratzbürste
auf der Suche nach einer sicheren Höhle. Kein Wunder, dass sie sich so gut mit dem
Kater verstand.
    Die Frage
ließ nicht lange auf sich warten. »Wo ist Poldi?«
    »Auf Streife.«
    »Schade!«
    Sie ließ
den Rucksack auf die Fliesen plumpsen, duckte sich unter die Dachschräge und fischte
eine Flasche aus der Wasserkiste. Den Verschluss abschrauben und die Flasche ansetzen
war eins. Außer Atem wischte sie sich mit der Hand über den Mund. »Hab ich einen
Durst!«
    Norma legte
das Päckchen neben dem Spülbecken ab und setzte sich auf die Fensterbank.
    Das Mädchen
pflanzte sich auf den Küchentisch und wippte mit den dünnen Waden, die in schwarzen
Netzstrümpfen steckten. »Sei froh, dass du meine allerbeste und einzige Lebensretterin
bist.«
    »Weil du
das Päckchen sonst hättest mitgehen lassen?«
    Nina grinste
und ließ die Stiefeletten baumeln, die ebenso pechschwarz waren wie die unverschämt
kurzen Shorts. Oben herum hatte sie sich für Dürftiges mit Leopardenmuster entschieden.
Wenn Norma das Mädchen um eines beneidete, dann um sein unnachahmliches Talent,
die schrillsten Klamotten zu tragen, ohne sich lächerlich zu machen.
    Lässig zuckte
Nina mit den Schultern. »Gelegenheit macht Diebe, so sagt man doch. Keine Sorge,
meine Freunde beklaue ich nicht.«
    »Jedoch
ungefragt etwas ausleihen, das darf man, oder wie? Übst du dich neuerdings in Schönschrift?«
    Die Kugelschreiber
und Lippenstifte, die nach Ninas Besuchen unauffindbar blieben, konnte Norma verschmerzen.
Pingelig war sie bei einem Geschenk von Lutz, einem smaragdgrünen Füllfederhalter
mit vergoldeter Spitze, der bis zu Ninas letztem Besuch auf dem Nachttisch gelegen
hatte und eigentlich viel zu anachronistisch war, um die Begehrlichkeiten einer
19-Jährigen zu wecken. So weit Normas Fehleinschätzung. Vielleicht hatte Nina vor
allem deswegen zugegriffen, eben weil es ein Geschenk von Lutz war, dem Lebenspartner
ihrer Mutter. Nina Santini, die den Nachnamen ihres Vaters trug, war Undine Abendsterns
Tochter. Die wilde Göre mochte den distinguierten Verleger ebenso sehr, wie er zu
ihr hielt. Undine dagegen hatte ihre liebe Last mit dem Nachwuchs.
    Nina lächelte
treuherzig. »Hab keinen Schimmer, wovon du redest. Was ist da drin?« Sie zeigte
auf das Päckchen.
    »Drogen,
was sonst!«
    Das Mädchen
riss die Augen auf. »Echt?«
    Norma nickte
ernsthaft. »Sag’s nicht weiter! Willst du Kaffee?«
    Nina stierte
zur Spüle hinüber. »Lieber was aus dem Päckchen, wenn der Stoff gut ist. Oder wenigstens
Wein!«
    Sie sprang
vom Tisch und steuerte den Schrank an, in dem der Rheingauer Riesling lagerte. Norma
fragte sich, was sie an sich hatte, dass sich junge Mädchen zu ihr hingezogen fühlten.
Chrissi. Ann-Marie. Nina. Nichts lag ihr ferner, als sie zu bemuttern. Womöglich
war es genau das, was den Mädchen gefiel.
    Sie klopfte
Nina wie einem Kind auf die Finger. »Nichts da. Du kannst nur eine Droge haben.«
    Sie füllte
den Wasserkessel und häufelte Kaffeepulver in den Filter.
    Nina griff
sich zwei Becher aus dem Regal. »Ich bin gekommen, um Tschüss zu sagen. Paris ruft!
Endlich!«
    Die Pariser
Modeschule war ihr Lebenstraum, und dafür hatte sie gekämpft. Sie hatte Entwürfe
eingereicht und sich in den Französischkurs mit einer Vehemenz gekniet, die ihr
niemand zugetraut hätte.
    »Sag bloß,
du wurdest angenommen? Wie wunderbar!«
    Nina strahlte.
»Heute Abend geht der Flieger. All diese Modefuzzis, sie sollen sich warm anziehen!«
    Die Begeisterung
deckte für einen

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