Eden Prophecy
Hamburg landet, melde ich mich vom Dienst ab. Ich bitte um alles, was du mir an Information geben kannst. Aber ich kann das nicht so stehen lassen.«
»Ich verstehe, wie du dich fühlst«, sagte sie. »Es überrascht mich nicht. Aber es gibt ein größeres Problem.«
»Stellst du dich in dieser Sache gegen mich?«
»Nein«, sagte sie. »Im Gegenteil. Ich werde dir helfen. Wir – das NRI – werden dir helfen. Es ist ein merkwürdiger Zufall, aber Botschafterin Gonzales war früher eine Angestellte des NRI , vor zehn Jahren. Und da du nun für uns arbeitest, haben die maßgeblichen Stellen beschlossen, wir seien die richtige Behörde zur Bearbeitung dieses Falls. Daheim werden wir uns mit dem Center for Desease Control zusammentun, um das Virus zu studieren, und hier draußen … hier draußen haben wir Befehl, die beteiligten Akteure aufzuspüren, wenn wir können. Das schließt die Leute mit ein, die deinen Freund getötet haben.«
Hawker lehnte sich wieder zurück, auf sein Gesicht trat ein besorgter Ausdruck.
»Du würdest es lieber allein machen?«, fragte sie.
»Nein.«
»Du glaubst nicht, dass wir hilfreich sein werden.«
»Doch«, sagte er. »Aber ich glaube nicht an Zufälle, und jetzt sehe ich mich zum zweiten Mal in vierundzwanzig Stunden mit einem konfrontiert.«
Danielle nickte. Sie glaubte ebenfalls nicht an Zufälle, Tatsache war jedoch, dass Claudia Gonzales für die öffentlich bekannte Abteilung des NRI gearbeitet hatte, wie viele Tausend andere Menschen auch in den vergangenen zehn Jahren. Viele von ihnen hatten danach Karriere in amerikanischen Unternehmen, in der Politik und in anderen staatlichen Behörden gemacht. Gonzales hatte keine Verbindung zur operationalen Einheit, kannte nicht einmal deren wahren Zweck und wusste, da sie vor zehn Jahren aufgehört hatte, ganz gewiss nichts von Hawkers Rolle beim NRI .
Wenn es je einen Zufall gegeben hatte, dann war das einer.
»Ändert es etwas an deinem Entschluss?«, fragte Danielle.
»Nein«, sagte Hawker. »Im Moment könnte nichts auf Erden etwas an meinem Entschluss ändern.«
Danielle nickte und drückte auf ihren Bordfunkknopf, um den Piloten anzurufen.
»Wir sind startklar«, sagte der Pilot.
»Gut«, erwiderte sie. »Sobald wir uns über internationalen Gewässern befinden, möchte ich, dass Sie Ihren Flugplan berichtigen.«
»Wohin?«
»Paris?«, sagte sie und sah zu Hawker hinüber.
Er nickte.
»Direkt nach Paris«, sagte sie an den Piloten gewandt.
Hawker lehnte sich in seinem Sitz zurück und lächelte ein wenig gezwungen. »Ich wünschte, die Umstände wären erfreulicher«, sagte er. »Aber es ist schön, wieder mit dir zu arbeiten.«
7
La Courneuve, Frankreich
Sein Name war Marko. Ein mürrisches Gesicht, ein kantiger Unterkiefer und eine breite, knochige Stirn verliehen ihm das Aussehen eines Riesen. Er war nur einen Meter achtzig groß, aber stämmig wie ein Baum, mit Händen wie Bärenklauen. Er war der Erste unterhalb des Meisters, und innerhalb der Gruppe war er als der Killer bekannt oder als Cruor, der Mann des Bluts, denn er war es, der jenen die Klinge in den Leib stieß, die der Meister auswählte. Er war es, der die Beamten der französischen Polizei erwürgt hatte.
Er würde alles tun, was der Meister verlangte, denn das war sein Daseinszweck.
Heute wartete er am Ende des Boulevards in einem heruntergekommenen Unterstand, der einmal eine Bushaltestelle gewesen war, und beobachtete, wie ein junger Mann in zerschlissenen Jeans, Stiefeln und einer übergroßen Kapuzenjacke auf dem von Abfall übersäten Gehsteig auf ihn zukam. Ringsum gab es rostige Autos und Graffiti – sogar einen Lieferwagen, der bei den letzten Unruhen ausgebrannt und noch nicht weggeräumt worden war.
La Courneuve war eine Vorstadt von Paris und einer der rauesten Slums in Westeuropa. Arme Franzosen und Wellen von Einwanderern ließen sich hier nieder und lebten ohne Job und ohne Hoffnung, zusammengepfercht im Gestank der Verzweiflung.
Die Unruhen von 2005 hatten hier begonnen, nachdem zwei Jugendliche, die sich vor der Polizei versteckten, versehentlich durch einen Stromschlag getötet wurden. In den Medien wurden die Unruhen auf ethnische Spannungen zurückgeführt, aber Marko wusste es besser. Es gab viele Volksgruppen hier, viele Religionen und Hautfarben. Alle teilten sie die Wut und den Frust darüber, vergessen worden zu sein, gehasst und nicht beachtet zu werden.
Bürger warfen der Polizei regelmäßig Brutalität vor,
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