Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
die Knie und rang nach Atem.
»Behandeln Sie mich anständig, dann werde ich es ebenso mit Ihnen machen« warnte er sie. »Es gibt nichts, das ich nicht für Sie tun würde, wenn Sie mich darum bitten, aber wenn Sie niederträchtig sind, dann –« er biß die Zähne knirschend aufeinander.
Sie schauderte, schwankte zum nächsten Stuhl und setzte sich. Sie versuchte, ihre wilden Gedanken zu ordnen.
»Es ist nicht gut, hier Spektakel zu machen, besonders jetzt nicht« sagte Coldharbour Smith. »Der Kapitän ist betrunken und wenn er das nicht ist, dann ist er schlimmer als ich. Verhalten Sie sich ruhig, mein Fräulein –«
Es wurde an der Türe geklopft und eine erregte Stimme rief nach ihm. Er ging nach draußen, kam aber nach zwei Minuten wieder.
»Kommen Sie hierher« rief er, und als sie nicht gleich gehorchte, brüllte er: »Kommen Sie hierher!«
Er packte sie am Arm, zerrte sie die Treppe hinauf und führte sie das unordentliche und schmutzige Deck entlang. Der Mann, der die Rolle des Sergeanten gespielt hatte, hob vorn am Schiff eine kleine eiserne Falltür auf und schlüpfte hinein, mit den Füßen zuerst.
»Machen Sie, daß Sie hineinkommen« zischte Coldharbour Smith ihr zu.
Mechanisch kletterte sie an der eisernen Leiter nach unten. Ein scharfer Geruch von rostigem Eisen schlug ihr entgegen. Sie befand sich in einem engen Raum und trat auf Ketten. Es war kaum Platz genug, daß man aufrecht stehen konnte, trotzdem folgte ihr auch Smith noch und zog die eiserne Tür dicht hinter sich zu. Sie standen dicht beieinander. Coldharbour Smith war hinter ihr und hatte seine dicken Hände auf ihre Schultern gelegt.
»Ich dachte nicht, daß sie schon so bald kommen würden« flüsterte er heiser. »Aber der Kapitän ist ja betrunken, der Kessel ist kalt, da werden sie nicht denken, daß ihnen ein Streich gespielt wird.«
»Wer hat die Sache verraten?« fragte der andere im selben Ton.
»Barnett… vielleicht hatten sie auch jemand zum Klub geschickt… Featherstone ist ein sehr umsichtiger Mensch, ein verdammter Kerl!«
Der kleine Raum, in dem sie standen, lief spitz nach vorne zu, und am engsten Teil sah Valerie zwei schmale, ovale Öffnungen, durch die die Ankerketten hindurchliefen. Von ihrem Platz aus konnte sie den Fluß sehen, und sie hörte deutlich das Geräusch eines näherkommenden Motorboots.
Sie vernahmen den Anprall, als es an dem Dampfer anlegte, und dann hörte sie eine Stimme – es war Jim Featherstone. Sie öffnete den Mund und wollte schreien, aber Coldharbours Hand legte sich mit eisernem Griff auf ihren Mund.
»Wenn Sie rufen, drehe ich Ihnen das Genick um!«
Er fürchtete sich und sie konnte fühlen, wie er zitterte. Schritte tönten auf dem eisernen Deck, dann wurde es ganz ruhig.
»Sie sind nach unten gegangen« flüsterte der andere Mann. Smith nickte ihm zu.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis die Leute, die das Schiff durchsuchten, wieder nach oben kamen. Sie hörte die Schritte über ihrem Kopf.
»Das ist der Raum für die Ankerketten, dort können sie nicht sein, aber ich will den Raum durchsuchen, wenn Sie es wünschen« sagte eine Stimme, die Valerie nicht kannte.
»Ich glaube nicht, daß sie überhaupt an Bord sind. Barnett ist bestochen worden, uns auf eine falsche Fährte zu führen.«
Coldharbour grinste in der Dunkelheit.
Oben berieten sich die Leute, dann gingen sie nach der Seite des Schiffes. Man hörte, wie sie ins Motorboot kletterten und wie sich das Fahrzeug langsam entfernte. Das Geräusch wurde schwacher und schwächer.
»Sie sind fort« sagte Coldharbour Smith und fühlte, wie das Mädchen unter seinen Händen zusammenbrach.
Sie hoben sie an Deck und brachten sie schnell wieder in die Kabine. Währenddessen legte ein kleines Boot an dem hinteren Teil des Dampfers an, und der Mann, der darin angekommen war, kletterte langsam an einem herunterhängenden Tau an Deck.
Er war vollständig beschmutzt von dem Staub der Landstraße, und sein sonst so sorgfältig gebürstetes Haar war unordentlich und zerzaust. Seine zarten Hände waren zerkratzt und bluteten von den ungewohnten Anstrengungen. Es war Julius Savini. Er hatte das Boot unten festgebunden und schritt nun behutsam auf dem Deck vorwärts. In den Händen trug er eine merkwürdige Waffe.
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» H ierfür ist noch Strafporto zu zahlen, Fräulein« sagte der Postbote. Fay war in ihrem Morgenrock an die Tür gekommen. Sein lautes Klopfen hatte sie aus dem Schlaf geweckt.
»Ich nehme keinen
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