EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
Begleiter sind. Die Kinder sind wie kleine Pflänzchen, die aufwachsen, und hier ist immer jemand bei ihnen, aber zerrt nicht an ihnen herum.
Iris Bussler, Schülermutter
An der esbz liegt der Kern für eine gute Beziehungskultur in den regelmäßigen Gesprächen mit dem Tutor. Die Klassenlehrer bekommen für die Gespräche mit ihren Tu tanden ein angerechnetes Zeitkontingent von 90 Minuten, in der 10. Klasse eine Stunde. Während dieser Einzelgespräche hat der Rest der Klasse Studierzeit, macht also Hausaufgaben, Logbucheinträge, lernt Vokabeln. Wir erleben, dass die Kinder es als große Wertschätzung empfinden, dass ihr Lehrer Zeit für sie hat. Sie sagen auch nie: »Frau Soundso ist meine Lehrerin«, sondern: »Sie ist meine Tutorin«.
Durch die Tutorengespräche nehmen die Lehrer wirklich jedes einzelne Kind wahr, merken, wenn ein Schüler beispielsweise ein bisschen stiller oder auch unruhiger ist, und können dann nachfragen. »Die Lehrer wissen, wie ich ticke, auch was ich nicht so gut kann und wo man mich noch stützen muss«, sagt Martha aus Jahrgangsstufe 9. Und Nicolas, der zum Gründungsjahrgang gehört, meint sogar: »Die Lehrer an dieser Schule sind anders als an anderen Schulen. Sie sind uns viel näher. Auf dem Gymnasium, auf dem ich vorher war, wusste man den Namen, man wusste, wie der Lehrer aussieht, aber ansonsten hat man ihn nicht kennengelernt.«
Ich freue mich auf die Tutorengespräche am Freitag, sie sind auch für mich ein guter Wochenabschluss.
Jenni Leonhard, Mittelstufenleiterin
Im Tutorengespräch wird die Woche nachbesprochen und die kommende Woche ge meinsam strukturiert: Welche Lernbüros wurden besucht? Welche Bausteine bearbeitet oder abgeschlossen? Wurden die im vorigen Gespräch selbst gesetzten Wochenziele erreicht? Es ist eine wichtige Lernbegleitung – für den Tutanden wie auch für die Tutoren. Die Lehrer sind immer auf dem Laufenden, wissen, wo jemand gerade steht, und fühlen sich verantwortlich. Schließlich kann ein Kind sein Ziel auch mal aus dem Auge verlieren. Natürlich ist es Aufgabe des Tutors, den Lernfortschritt im Blick zu haben und verbindliche Vereinbarungen zu treffen. Beliebigkeit darf nicht Teil des Konzeptes werden. Wenn ein Schüler hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, muss er auch mal angeschubst werden. »Für mich sind die Tutorengespräche wichtig, weil ich immer ein bisschen Druck brauche, damit ich Sachen erledige«, sagt Leonie, die in die 10. Klasse geht.
Wir versuchen uns hier von der Normierung, dem »Mittelfeld« zu lösen. Jedes Kind ist anders, jedes Kind hat seine nächste Entwicklungsstufe.
Aileen Rodewald, Sonderpädagogin
Wir beobachten immer wieder, dass Schüler sich sogar auch dann gerne mit ihrem Tutor treffen, wenn sie wissen, dass sie – wie sie es ausdrücken – »eins auf den Deckel bekommen«. »Auf einer anderen Schule würde ich vielleicht eine schlechte Note kriegen«, meint Martha. »Hier werde ich kritisiert, teilweise richtig hart, aber in so vielen Details, dass ich mich dadurch viel besser kennenlerne und ganz anders aufgebaut werde.« Ein Schüler formulierte einmal: »Tutorengespräche – das ist wie unten abgefedert und oben nicht gedeckelt!«
Wenn ein Ziel nicht erreicht wird, überprüfen die Tutoren, woran es liegt, und vereinbaren konkrete Schritte zur Verbesserung. Wenn jemand sich beispielsweise leicht ablenken lässt, überlegen wir, wie die Lernumgebung geändert werden kann. Die Schüler müssen dabei auch immer selbst Vorschläge machen. Es kann sein, dass die Schulwoche schlecht gewesen ist, der Tutand aber ein wunderbares Klaviervorspiel hatte – das wird natürlich in der Stolzecke des Logbuchs vermerkt. Auch bei persönlichen Schwierigkeiten holen sich die Kinder bei ihren Tutoren Rat, die Gespräche finden für sie sozusagen auf neutralem, sicherem Boden statt.
Und wenn man nun noch jemanden findet, der diese Leistung anerkennt, würdigt und wertschätzt, kann es sein, dass man von einem resignierenden Schwarzseher und Nichtstuer zu einem begeisterten Problemerkenner und Umgestalter wird.
Gerald Hüther, Hirnforscher
Zum Ende des Halbjahres sowie des Schuljahres – bei Kindern mit besonderem Förderbedarf öfter und in anderer Besetzung – kommen Tutor, Tutand und Erziehungsberechtigte zu einem sogenannten Bilanz- und Zielgespräch zusammen. Für uns sind Eltern die dritte Säule in unserem Konzept, neben dem Kind und uns Pädagogen, also der Schu le. Nur im
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