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EduAction: Wir machen Schule (German Edition)

EduAction: Wir machen Schule (German Edition)

Titel: EduAction: Wir machen Schule (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Rasfeld , Peter Spiegel
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Stärken einzusetzen oder vielleicht auch erst zu entdecken. Es weiß ja noch gar nicht jeder, dass beziehungsweise wo er exzellent ist.
    Unsere Gemeinschaftsschule soll ein Haus des Lernens sein, in dem alle willkommen sind und sich angenommen fühlen: Kinder mit Begabungen aller Art, Kinder mit Handicap und Kinder aus vielen unterschiedlichsten Kulturkreisen. In dieser großen Heterogenität und in den jahrgangsgemischten Lerngruppen kann sich Gemeinschaftsgefühl sowie ein Klima von Akzeptanz und Wertschätzung für Verschiedenheit entwickeln. Wir verstehen Vielfalt auch als Potenzial für ein humanes, demokratisches Zusammenleben.
Jeder Mensch ist einzigartig. Jeder zählt. Jeder kann etwas. Jeder ist exzellent – er muss seine individuellen Stärken nur entdecken dürfen.
     
    Eine Frage, die uns Lehrern sehr häufig gestellt wird, lautet: Woher nehmt ihr die Zeit, jeden Schüler individuell zu betrachten? Denn Inklusion hängt, leider, an vielen Schulen von der Bereitschaft des jeweiligen Landes ab, die finanziellen und personellen Ressourcen bereitzustellen. Unbenommen der Notwendigkeit angemessener Ausstattung ist und bleibt die Basis für alles der Mut zu beginnen sowie ein Arbeitsklima, das geprägt ist von guten Beziehungen und von Vertrauen. Wichtig ist auch, frühzeitig Strukturen zu schaffen, die Zeit und Freiräume geben.
Ich liebe hier nicht jeden, ich bin hier auch nicht mit jedem befreundet. Aber nach einer Zeit kennen wir von jedem die Schwächen und Stärken. Jeder kann mal helfen, und jeder kriegt mal Hilfe. Das ist ganz toll.
Martha, 9. Klasse
     
    Wir gehen nicht davon aus, dass die Lehrer alles, was ihre Schüler betrifft, im Blick haben müssen, sondern dass die Kinder von sich aus aufmerksam machen auf das, was sie brauchen. Damit diese Verständigung auch klappt, wird sie in den regelmäßigen Tutorengesprächen geübt. Ein Junge beispielsweise tut sich sehr schwer damit, Texte selbständig zu erlesen. Er weiß aber, wenn er nicht mehr kann, darf und soll er zu Frau Rodewald gehen und ihr Bescheid geben. »Dann kürzen wir den Text – oder ein Mitschüler liest ihm vor, damit stärken wir gleichzeitig die soziale Ebene«, sagt unsere Sonderschulpädagogin.
    Diese Selbstermächtigung der Kinder ist Ausdruck des Paradigmenwechsels der Erwachsenen vom »allwissenden Belehrer« hin zum Coach und Lernbegleiter, auch die Struktur des Lernbüros, in dem die Schüler ihren eigenen Stärken entsprechend und in ihrem eigenen Tempo lernen können, gehört hierzu. Die Regel, sich bei Fragen zunächst Hilfe bei Mitschülern zu suchen, soll die Selb ständigkeit der Kinder fördern, trägt aber auch zur Entlastung der Lehrer bei. »Am Anfang«, sagt Aileen Rodewald, »war die Gefahr groß, alles selbst beantworten zu wollen und speziell die schwächeren Schüler dadurch abhängig zu machen.« Sie hat es sich daher antrainiert, Fragen auf der Metaebene zu stellen: Welchen Mitschüler kannst du fragen? Wo kannst du noch nachsehen? Wie gut oder wie schlecht die selbständige Arbeit, die für alle Kinder gilt, dann funktioniert, zeigt sich bei den Tutorengesprächen. Gute Beziehungen sind elementare Grundlage für das Lernen. Die in den regelmäßigen Tutorengesprächen angelegte starke Beziehungsebene erleichtert es den Schülern, angstfrei »echte« Aussagen zu machen, so dass sie auf diese Art tatsächliche individuelle Unterstützung – auch beziehungsweise gerade auf der Leistungsebene – von ihren Tutoren erhalten können. »Meint der Lehrer das ernst? Ich soll sagen, wo meine Schwierigkeiten liegen? Damit mache ich mich ja blank …«, beobachtet Aileen Rodewald. Doch das nötige Vertrauen wird im Laufe der Gespräche aufgebaut.
Erstmals merkte ich in dieser Schule eine Wärme und Menschlichkeit, die mir und meinem Sohn vom ersten Tag entgegengebracht wurde. Er geht seitdem erstmals in seinem Leben gern zur Schule. Mein Kind ist ein Autist und beginnt sich hier zu öffnen, wie die Therapeutin es beschreibt. So etwas geht nur in einer optimalen Umwelt. Viele Autisten schaffen das nie.
Birgit Sonntag, Schülermutter
     
    Unser Lernbüro Plus ist entsprechend dem Rahmenlehrplan, der sich bei Kindern mit Förderschwerpunkten vom üblichen unterscheidet, mit anderen Materialien ausgestattet, bietet mehr Platz, und es sind mehr Tutoren dort präsent, die jederzeit intervenieren können. Gerade unsere Sonderpädagogin hatte anfangs große Bedenken, ein spezielles Lernbüro für Kinder mit Förderbedarf

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