EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
Berlin-Mitte, unserer Partnerschule im Gemeinschaftsschulprojekt, einen Anspruch auf einen weiterführenden Schulplatz an der esbz haben, der von den meisten angenommen wird, bleiben nur wenige Plätze, die wir frei vergeben können. Für das Schuljahr 2011/2012 hatten wir für die 7. Jahrgangsstufe 350 Anmeldungen auf 15 Plätze.
Die Schule ist offen für alle Kinder, unabhängig von ihrer konfessionellen, sozialen oder ethnischen Herkunft. Derzeit haben etwa 20 Prozent unserer Schüler einen sogenannten Migrationshintergrund, oft nur ein Elternteil. Etwa ein Viertel der Familien ist schulgeldbefreit oder zahlt den geringsten Schulgeldsatz; 16 Kinder haben festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf (Autismus, Asperger, Förderschwerpunkt Lernen, körperliche Han di caps, Förderschwerpunkt sozial emotional). Ab dem nächsten Schuljahr werden drei Kinder mit Downsyndrom mit uns lernen, zwei davon kommen von unserer Partnergrundschule.
Als Schule in freier Trägerschaft werden uns nur 93 Prozent der vergleichbaren Personalkosten refinanziert, Sachkosten und Miete werden nicht erstattet. Die Differenz zu den tatsächlichen Kosten, die pro Schüler entstehen, muss durch Schulgeld aufgebracht werden. Dieses richtet sich nach dem Einkommen der Eltern und liegt zwischen 45 und 315 Euro monatlich für das erste Kind, Geschwisterkinder zahlen beim Minimalsatz 22,50 Euro (erstes Geschwister) beziehungsweise 11,25 Euro (ab dem zweiten Geschwister). Hartz-IV-Empfänger sind generell von Schul- und Buchgeld befreit, Familien mit geringem Einkommen können einen Antrag auf Befreiung stellen. Hinzu kommen 40 Euro pro Monat für das gemeinsame warme Mittagessen, an dem alle Schüler der Sekundarstufe I verpflichtend teilnehmen. Für Kinder mit Förderbedarf bekommen Berliner Schulen in freier Trägerschaft die den Kindern zustehenden Förderstunden nicht direkt nach Stunden pro Kind zugewiesen, sondern berlinweit ist ein Durchschnittsbetrag berechnet, der pauschal in den 93 Prozent Refinanzierung enthalten ist. So haben wir, um die Inklusion zu ermöglichen, in den ersten Jahren durch Putzen unserer Schule und die damit eingesparten Mittel eine zusätzliche halbe Sonderschulstelle selbst erwirtschaftet.
Unser Schulgebäude war und ist eine Herausforderung. »Von außen betrachtet ist die erst vor knapp drei Jahren gegründete Schule ein Horrorkabinett«, so war in Spiegel WISSEN zu lesen. »Zwei heruntergekommene Plattenbauten mit zugigen Fenstern und löchriger Fassade, in denen die Gewerbeaufsicht vermutlich keinen Betrieb zulassen würde.« [26] Da wir einen wunderbaren Hausmeister und engagierte, tatkräftige Eltern haben, konnten wir unser Schulgebäude inzwischen in vielen Bauwochenenden deutlich verschönern. Fast unsere gesamte Einrichtung haben wir in den ersten Jahren secondhand aus geschlossenen Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden organisiert. Damit wir unser Forum, eine große Aula, bauen konnten, haben weit über 100 Eltern einen Bürgschaftskredit in Höhe von 100 000 Euro aufgenommen, der nun in den nächsten Jahren nach und nach zurückgezahlt wird.
Seit 2008 nehmen wir in Kooperation mit der Evangelischen Grundschule Berlin-Mitte am Berliner Pilotprojekt Gemeinschaftsschule teil. Gemeinschaftsschulen haben in Berlin einen anspruchsvollen Auftrag, nämlich Modelle für individuelle Förderung zu entwickeln und zu erproben, ohne die Kinder in Leistungsgruppen aufzuteilen, wie es an Gesamtschulen bis vor kurzem gesetzlich vorgeschrieben war und dementsprechend noch häufig Praxis ist. Deshalb darf in der Sekundarstufe I in keinem Fach äußerlich differenziert werden. Das längere gemeinsame Lernen, das in den meisten OECD-Staaten seit langem selbstverständliche Praxis ist, soll mit der Gemeinschaftsschule auch in Berlin zu einem Verständnis von diversity als Bereicherung und mehr Chancengerechtigkeit unabhängig von den Voraussetzungen der Kinder und Jugendlichen führen. Durch die von der gesamten Schulgemeinde getragene Schulentwicklung und die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern soll sich nicht nur die Gemeinschaftsschule als demokratischer Lern- und Lebensraum entwickeln, sondern auch eine neue Lernkultur in Kommu nen aufgebaut werden. Verantwortung, gegenseitiger Respekt und Anerkennung sind dabei wichtige Leitziele.
In der Gemeinschaftsschule gibt es keine Probezeit und keine herkömmliche Versetzung. Alle Schülerinnen und Schüler rücken bis Jahrgangsstufe 10 in die
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