Effington 06 - Verborgene Verheissung
klang verwirrt. Irgendwie reizend.
»Nein, natürlich nicht.« Sie seufzte. »Du darfst mich jetzt Gwendolyn nennen. Oder Gwen. Wir sind nun immerhin Mann und Frau.«
»Gwendolyn.« Ihr Name klang zart wie ein Windhauch. »Ein wunderschöner Name, er passt zu dir. Dennoch bevorzuge ich, denke ich«, sie glaubte ein Lächeln in seiner Stimme zu hören, »Miss Townsend.«
»Mein Herr.« Sie schnaubte und ging um die Skulptur herum auf ihn zu. »Marcus.« Sie blieb stehen. Er war nirgends zu sehen. »Marcus?«
»Wir drehen uns im Kreis. Vielleicht nicht der beste Start für eine Ehe.« Er stand nun hinter den Statuen, genau dort, wo sie eben noch gewesen war. Seine Stimme klang ernüchtert. »Bleib einen Augenblick dort, wo du bist. Was ich sagen will, fällt mir sicher leichter, wenn ich dir nicht in deine hübschen blauen Augen sehen muss.«
»Du findest meine Augen hübsch?«
»Ich finde alles an dir hübsch. Ich finde«, er hielt kurz inne, »ich bin ein außergewöhnlicher Glückspilz.«
»Findest du?« Ihr Herz pochte laut.
»O ja. Und außerdem finde ich, dass du und meine Ehe mit dir möglicherweise das Beste sind, was mir passieren konnte.«
»Dennoch hast du ein Ende unserer Ehe vorgeschlagen, bevor sie überhaupt begann«, erwiderte sie ohne nachzudenken.
»Das habe ich nur getan, weil dieses Arrangement mir mehr zugute kommt als dir. Ich fand es nur fair, dass du die Gelegenheit bekommst ... dass du ... ach ... verflucht, Miss Townsend. Gwen. Ich kann so was nicht.«
»Natürlich nicht, du hast so etwas ja noch nie gemacht.« Sie musste lächeln. Ihr fiel auf, dass er sie häufig zum Schmunzeln brachte.
»Wenn mein Vorschlag dir nicht zusagt ...« Seine Stimme kam näher.
»Nein, warte. Komm nicht näher. Es ist leichter, sich solcherlei Dinge von der Seele zu reden, wenn man sich nicht direkt gegenübersteht.« Sie versuchte, ihre Gedanken zu sammeln. »Und ich glaube, du hast mit deinem Vorschlag Recht. Diese Heirat hatte keiner von uns beiden eingeplant; dennoch bin ich willens, das Beste daraus zu machen.«
»Wirklich?«
»Ja.« Sie nickte entschlossen, mehr an sich selbst als an ihn adressiert. »Ich habe in den letzten Tagen sehr viel darüber nachgedacht. Ich weiß nicht, ob es wirklich richtig oder anständig oder schicksalhaft ist, aber es könnte wirklich eine gute Lösung sein. Für uns beide. Zumindest im Moment. Und ich bin bereit, mich sehr anzustrengen, eine gute Countess und«, sie reckte das Kinn empor, »eine gute Ehefrau zu sein.«
»Aber wirst du dir gestatten, mich zu mögen?« Marcus' Stimme erklang direkt hinter ihr.
Sie schrak zusammen und wirbelte herum. »Nicht, wenn du dich immer so anschleichst.«
»Ich hielt es für eine gute Idee. Und ich habe mich erst einmal an dich angeschlichen.« Seine Mundwinkel verzogen sich schon wieder auf diese typische, unwiderstehliche Art.
»Einmal reicht völlig, vielen Dank.«
»Du gewährst mir also siebeneinhalb Jahre?«
»Aber nicht doch, Marcus.« Sie sah ihm direkt in die Augen. »Ich gewähre u ns siebeneinhalb Jahre.«
»Dieses uns klingt gut.« Er blickte zu den Statuen hoch. »Und ich glaube, sie billigen es.«
»Meinst du? Warum?«
»Weil sie das vermutlich eingefädelt haben.« Er nickte den Marmorfrauen zu. »Weißt du, wer das ist?«
»Musen? Nein«, gab sie sich rasch selbst die Antwort. »Es sind drei. Die Grazien also? Ich kann mich nicht an ihre lateinischen Namen erinnern, aber bei uns heißen sie Glanz, Glück, und an die letzte erinnere ich mich nicht.«
»Frohsinn«, sagte er grinsend. »Du hast Recht mit den Namen, aber dies sind nicht die drei Grazien.«
»Nicht?«, fragte sie vorsichtig. Was er wohl nun vorhatte?
»Nein. Das hier sind die Töchter der Göttin der Notwendigkeit. Die linke ist Klotho, die den Lebensfaden spinnt. In der Mitte steht Lachesis, die ihn bemisst, und hier ist Atropos, die ihn abschneidet und damit das Leben beendet. Dies, meine Liebe, sind die Parzen, die Schicksalsgöttinnen.«
»Ich hätte es wissen sollen.« Sie runzelte die Stirn. »Hast du das geplant?«
»Ich nicht.« Er sah bedeutungsvoll nach oben. »Sie allerdings ...«
Gwen lachte. »Marcus, hör sofort damit auf.« Ihre Blicke trafen sich. Auch er wirkte erheitert. »Du bist wie ein Hund mit einem Knochen. Du willst einfach nicht ...« Sein plötzlich veränderter Ausdruck ließ sie verstummen. Das tiefe Grün seiner Augen glänzte vielversprechend und gefährlich. Sie hielt den Atem an und sagte schnell,
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