Effington 06 - Verborgene Verheissung
Finger.
Kurze Zeit später, nach viel Spucken und Reiben, hob Hope die Arme wie eine winzige heidnische Priesterin. »Und ich schwöre bei all dem Blut in meinen Adern«, ihre Stimme war leise und dramatisch. Marcus konnte sich nur mit Mühe das Lachen verbeißen. »Dass ich diesen Schwur niemals brechen oder andernfalls die entsetzlichen Folgen tragen werde.«
»Ich schwöre«, sprach Marcus mit allergrößter Ernsthaftigkeit nach.
»Amen«, sagte Reggie inbrünstig, und die Mädchen kicherten ausgelassen. »Obgleich ich gerne wüsste, was die entsetzlichen Folgen wären, sollte der Schwur gebrochen werden.«
»Sie sind schlimm.« Patience schüttelte kummervoll den Kopf. »Sehr, sehr schlimm.«
»Es spielt aber keine Rolle, da niemand von uns die Absicht hat, den Schwur zu brechen.« Marcus grinste die Mädchen an.
Seine bemerkenswert gute Laune war wieder zurückgekehrt. Die Entdeckung von Gwens Nichten erklärte das Verhalten seiner Frau. Es war vielleicht sogar der Grund, dass sie ihn überhaupt geheiratet hatte. Es war nicht einfach gewesen, ihr vollkommen Vertrauen zu schenken, und zugegebenermaßen hatte er einen Anflug von Zweifel gehabt. Nun war er sehr zufrieden mit sich, weil er mehr auf sein Herz als auf seinen Verstand gehört hatte.
»Und jetzt?«, fragte Reggie.
»Jetzt, mein Alter, die Damen.« Marcus' Blick glitt von einer zur anderen. »Jetzt ist es wohl Zeit für uns alle, nach Hause zu fahren.«
Fünfzehntes Kapitel
Trotz oder vielleicht wegen all ihrer Fehler können wir nicht ohne die Männer leben. Und welche Frau sollte da s auch wollen?
France s ca Freneau
Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen.
Gwen wiederholte diesen Satz wieder und wieder wie einen Refrain in ihrem Kopf. Marcus' Bemerkungen auf ihrem Ausritt heute und Gwens eigene Erfahrungen mit ihm in den letzten Wochen hatten sie darin bestärkt, ihm so bald wie möglich von den Mädchen zu erzählen. Madame Freneau hatte ihre Entscheidung aus vollem Herzen unterstützt. Allerdings war sie der Meinung, Marcus hätte schon viel früher davon erfahren müssen.
Gwen hatte Marcus seit ihrer Rückkehr aus dem Witwenhäuschen nicht mehr gesehen. Es war sehr eigenartig gewesen, Colettes Besucher dort anzutreffen. Gwen kannte nun seine Identität. Die Situation, in der sich die Liebenden befanden, war furchtbar traurig, und Gwen wünschte, sie könnte irgendwie helfen, doch offenbar konnte niemand etwas tun. Dabei hatte Gwen genug Sorgen mit ihrem eigenen Leben.
Godfrey hatte gesagt, Marcus sei mit Lord Berkley weggeritten. Seltsam, sie hatte erst später mit Lord Berkley gerechnet, doch das spielte wohl kaum eine Rolle. Der Viscount würde anscheinend viel Zeit in ihrem Haus verbringen. Nicht, dass es sie stören würde — sie mochte den Lord ja gern —, doch vielleicht sollte ihm einmal jemand helfen, selbst eine Braut zu finden.
Gwen hatte versucht, sich auf das klärende Gespräch mit ihrem Mann vorzubereiten, indem sie die Worte wieder und wieder übte. Aber die Sorgen, die sie sich machte, hatten sie so erschöpft, dass sie nach einer Weile eingeschlafen war. Sicherlich musste Marcus in der Zwischenzeit zurückgekehrt sein, doch er war nicht in seinen Räumen. Sie ging zur Bibliothek, wo er immer sehr viel Zeit verbrachte.
Sie trug schon das Kleid für den Abend, obwohl es noch eine Stunde bis zum Essen dauern würde. Sie war entschlossen, ihren Mann zu finden und ihm alles zu enthüllen, je eher, desto besser. Zunächst hatte sie gedacht, das Dinner wäre eine ausgezeichnete Gelegenheit, die Mädchen beiläufig bei einer Scheibe Rinderbraten und einem Glas Wein zu erwähnen. Dann hatte sie überlegt, es ihm direkt vor dem Zubettgehen zu erzählen, oder besser noch, danach. Doch sie hatte diese Auseinandersetzung schon viel zu lange vor sich hergeschoben.
Sie schritt gemächlich die Treppe hinunter, wie es einer Countess of Pennington geziemte, wenn auch heute mehr aus Anspannung als aus Schicklichkeit.
Ed gibt keinen Grund, dich Sorgen zu machen.
Plötzlich fiel ihr wieder ein, dass sie ja ungeachtet seiner Reaktion machen konnte, was sie wollte. Sie hatte ihr eigenes Geld auf dem Londoner Konto, das Mr. Whiting für sie eingerichtet hatte, und sie hatte ihr eigenes Haus. Wenn Marcus ihre Nichten nicht mit ihr zusammen aufziehen wollte, könnte sie allein für sie sorgen. Madame Freneau würde sich sicherlich als Gouvernante, Hauslehrerin und Freundin anbieten. Gwen könnte sich ein Haus in der Stadt
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