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Ehe auf krummen Beinen

Ehe auf krummen Beinen

Titel: Ehe auf krummen Beinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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aller Prüfungen, und neben mir saß Loni und durfte mit allerhöchster Erlaubnis sitzen bleiben. Ich pries meinen Entschluß, in das Haus einzudringen, und den Speiseaufzug und Eva.
    Sie wollte jetzt fort, sich empfehlen, die Herrschaften nicht länger aufhalten, sie hätte schon lange genug... Nichts war's. Sie mußte dableiben, bei Portwein und Zigaretten. Es wurden endlose Dackelgeschichten erzählt, und währenddessen sprang ich mit Loni vom Stuhl und spielte mit ihr und sah in ihre Augen. Ihr Vater gesellte sich zu uns. Er war ein prima Bursche, nur so faul, daß er am liebsten vierundzwanzig Stunden am Tag geschlafen hätte und noch mehr, wenn es mehr gewesen wären. Wahrscheinlich wird man im Alter so. Dafür schien er in seiner Jugend um so lebendiger gewesen zu sein, denn gerade erzählte sein Frauchen, daß ein Haufen Kinder von ihm in der Gegend herumliefen, aber sie hätte nur Loni behalten, um wenigstens ab und zu einmal Ruhe im Hause zu haben. So, so. Kein Wunder, daß er jetzt immer so müde war.
    Sohn und Nichte empfahlen sich. Er mußte zum Gericht, wo er als Assessor saß, und sie zur Klavierstunde, um den Lehrer zur Verzweiflung zu bringen und den Flügel zu ruinieren. Wir merkten kaum, wie die Zeit verging, bis draußen die Dunkelheit heranschlich und innen der Portwein zur Neige ging. Ich fühlte mich sauwohl und dachte mit keiner Faser ans Fortgehen. Aber Eva dachte an Dan, der nun bald hungrigen Bauches in der verlassenen Wohnung herumstehen würde.
    «Gnädige Frau», sagte sie schüchtern, «es ist so nett bei Ihnen — nur — mein Mann kommt in ein paar Minuten nach Hause... ich habe noch kein Abendbrot... ich muß jetzt wirklich gehen —»
    Die Landgerichtsdirektorin war eine Frau von schnellen Entschlüssen.
    «Wenn er in ein paar Minuten kommt, ist es sowieso zu spät», sagte sie trocken. «Holen Sie ihn zu uns zum Abendbrot und bleiben Sie da. Sie sind herzlich eingeladen.»
    «Aber, gnädige Frau, ich kann wirklich nicht...»
    «Ludwig?»
    «Nun», sagte der Hausherr und strich den portweinfeuchten Bart, «ich denke, es wird von allgemeinem Interesse sein, auch den Herrn des Dackels Blasius kennenzulernen. Bedienen Sie sich des Telefons, mein Kind, und holen Sie ihn herbei!»
    Gegen diese höchstrichterliche Entscheidung gab es keinen Einspruch. Das Kind ging zum Telefon. Dan war schon zu Hause. Eva sprach schnell und leise, während sich die Gastgeber mit uns beschäftigten. Ich nahm mir ein Herz, sprang auf den Schoß meines Richters, stellte die Pfoten gegen seine Brust und blickte ihm treuherzig ins blaue Waidmannsauge. Er strich mir über das Fell.
    «Nun, nun», sagte er, «es scheint doch ein wackerer Kern in ihm zu stecken. Hoffen wir, daß es ihm gelingt, auf dem rechten Pfade zu bleiben.»
    Das hoffte ich auch. Leider gab es bald danach wieder Theater, aber gottlob war ich nicht allein schuldig.
    Eva kam zurück.
    «In einer halben Stunde ist er da, gnädige Frau. Ist das zu spät?»
    «Genau richtig.» Sie klingelte nach Resi und gab Anweisungen für das Abendessen. Ich fragte mich, ob sie mich wieder im Speiseaufzug mitfahren lassen würden. Pünktlich nach dreißig Minuten erschien Dan, strahlend und mit gutem Eindruck. Er hatte sich noch mal rasiert und ein frisches Hemd angezogen. Außer diesen Anweisungen hatte Eva ihm noch andere zugeflüstert, denn er trug einen beachtlichen Blumenstrauß und eine Flasche feinen Portweins mit sich. Das war weise von Eva und von ihm.
    Er begrüßte die Hausfrau artig und mit Handkuß, überreichte die Blumen, küßte sein liebes Weib, drückte dem Landgerichtsdirektor mannhaft und deutsch die Rechte und schenkte ihm den Portwein. Der Hausherr prüfte das Etikett, und Zufriedenheit zog über sein Antlitz. Ich wußte, was noch kommen würde, aber es gehörte zum Programm. Dan faßte mich am Kragen, hob mich hoch zur Decke empor und sagte drohenden Tones: «Der Fleischwolf steht für dich bereit, Bruder. Mit neuen Messern. Der Platz für dein Fell ist schon freigemacht. Morgen kommst du auf die Speisekarte, bei meinen Ahnen...»
    Er wollte mit diesen lieblichen Ankündigungen noch fortfahren, aber da fingen Loni und Pepi an, knurrend und voller Ingrimm an seinen Hosenbeinen zu zerren. Er mußte mich loslassen und seine Aufschläge retten.
    Der Hausherr setzte die Flasche nieder.
    «Hoffentlich bemerkst du, Juliane», sagte er, «wie weit die Solidarität unter diesen Gesellen schon gediehen ist. Ein Komplott unter meinem Dache! Ich

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