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Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Titel: Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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weg.
    »Seitdem habe ich nie wieder … ich habe mich nie wieder wie eine Frau gefühlt. Ich bin nach außen hin hart und stark geworden. Aber innerlich … da bin ich fast zerbrochen.«
    »Und Ihr Mann? Konnte er Ihnen nicht helfen?«
    Carola schluckte und schielte auf die Uhr. Der große Zeiger rückte gerade auf die Zwölf vor. Es war so weit.
    »Mein Mann und ich, wir leben zusammen wie Bruder und Schwester. Er ist … nun ja, sagen wir, dieses Arrangement kommt ihm sehr entgegen.« Das war Martin gegenüber vielleicht nicht ganz fair, aber ein Pfarrer stand schließlich unter Schweigepflicht.
    »Ach so«, sagte Hoffmann. »Ich verstehe.« Er rückte sich auf dem Stuhl zurecht, und Carola hoffte, dass sich bei ihm etwas zu regen begann. »Seit diesem entsetzlichen Vorfall haben Sie also niemals …?«
    »Nein.« Sie brachte ihre Lippen zum Beben und flatterte mit den Wimpern. »Und vorher auch nicht. Aber Sie sind der erste Mann, der das durchschaut hat. Ganz treffsicher haben Sie neulich den Finger auf meine Wunde gelegt. Und ich habe gemerkt, dass sie immer noch nicht verheilt ist. Sie verfügen wirklich über Menschenkenntnis.«
    »Ja, das höre ich öfter«, sagte Hoffmann ohne falsche Bescheidenheit und schob sich erneut auf dem Stuhl zurecht. »In meinem Beruf entwickelt man ein Gespür für die Leiden der Menschen. Ich habe mir so etwas beinahe gedacht.«
    Aber sicher doch. Carola sah wieder auf die Uhr. Fünf nach eins. Auf in die letzte Runde.
    »Ich habe es mit Psychotherapie versucht, aber die Therapeutin hat gesagt, mir könne nur geholfen werden,wenn ich das Trauma durchbreche. Wenn ich einen Mann finde, zu dem ich so großes Vertrauen habe, dass ich mich ihm … ganz und gar hingeben kann.«
    »Ich verstehe«, sagte Hoffmann. »Das leuchtet ein.«
    »Bis jetzt habe ich mich nicht überwinden können«, hauchte Carola und sah ihn zum ersten Mal voll an. »Ich würde mich so schutzlos fühlen. Wehrlos. Ausgeliefert.«
    »Ich verstehe«, sagte Hoffmann wieder. Seine Stimme klang heiser. »Es müsste schon jemand sein, dem Sie voll und ganz vertrauen können.«
    »Genau«, flüsterte Carola und biss sich auf die Unterlippe. »Ihnen vertraue ich. Aber …« Traurig senkte sie ihren Blick auf den Suppenteller. Er war immer noch halb voll, weil sie nicht riskieren hatte wollen, zu viel Viagra zu sich zu nehmen. Vielleicht bekam man ja Pickel davon.
    »Aber?«, fragte Hoffmann weich.
    »Ich … kann Sie doch nicht darum bitten, mit mir zu schlafen«, stammelte Carola.
    »Nun, das wäre wirklich eine etwas seltsame Form der Seelsorge.« Hoffmann stand auf, kam auf ihre Seite des Tisches und kniete neben ihrem Stuhl nieder. Er griff nach ihrer Hand. »Aber vielleicht … vielleicht bin ich wirklich der Einzige, der Ihnen helfen kann, dieses schreckliche Trauma zu bewältigen.«
    Carola zwang sich, nicht auf seine Hose zu starren. Sie ließ stattdessen wieder ihre Lippen beben, wie sie es vor dem Spiegel geübt hatte. »Aber Sie haben doch gesagt, dass Sie eine Frau wie mich sexuell nicht attraktiv finden. Wie können Sie dann …?«
    »Das war, bevor Sie mir einen Einblick in Ihre verwundete Seele gewährt haben«, sagte Hoffmann entschlossen.»Ihr Leiden hat mich tief berührt. Ganz tief.« Er stand auf und legte ihre Hand auf seinen Schritt. »Fühlen Sie das?«
    Allerdings , dachte Carola. Viagra sei Dank! Scheinbar erschrocken zog sie die Hand weg.
    »Ich habe Angst«, flüsterte sie. »Und ich möchte auf keinen Fall etwas Unmoralisches tun.«
    »Haben Sie keine Angst. Ich bin sicher, Gott will, dass wir Ihre Seele und Ihren Körper ein für alle Mal gesund machen.« Er zog sie zu sich hoch und streichelte ihr Haar. »Sie müssen keine Angst haben, ich werde Ihnen nicht wehtun.«

    Von irgendwoher setzte gedämpft die Melodie von We shall overcome ein. Carola erstarrte in ihrer ohnehin nicht sehr komfortablen Lage. Rücklings auf dem Küchentisch, einen Ellenbogen im Suppenteller, die Bluse weit aufgeknöpft, den Rock bis zu ihrem Bauchnabel hochgeschoben, spürte sie Pfarrer Hoffmanns rhythmischen Atem über sich. Seine Augen waren halb geschlossen, sein Gesichtsausdruck äußerst konzentriert. Carola versuchte sich ebenfalls zu konzentrieren, so gut das eben mit einem Ellenbogen in der Suppe möglich war.
    Da war es wieder: We shall overcome – ganz deutlich.
    »Was ist das?«, keuchte sie. Sie hatte irgendwo gelesen, dass ein Orgasmus der Frau die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung erhöht, aber

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