Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman
unter diesen Umständen war es ihr beim besten Willen nicht möglich, die dafür notwendige Konzentration aufzubringen.
»Das ist mein Handy«, ächzte Pfarrer Hoffmann und wurde noch ein wenig schneller. Er nahm eine Hand von Carolas Brust und griff in die Innentasche seines Jacketts.
Oh, nein!, dachte Carola. Er wollte doch wohl nicht mittendrin telefonieren?
Doch. Doch, er tat’s.
»Ja! Ja! Jaaaaaaaaa!«, stöhnte Pfarrer Hoffmann in sein Handy und stieß ein letztes Mal zu. Carola fühlte, wie er aus ihr herausglitt. O Gott, war er jetzt gekommen oder nicht? Waren Tausende und Abertausende von kleinen, springlebendigen Spermien auf dem Weg zu ihrer einsamen Eizelle, oder hatte das verdammte Handy ihn kurz vorher gebremst? We shall overcome some day, ha, ha. Trotz Viagra war es nur zehn Minuten richtig zur Sache gegangen, genau so lange wie das, was Martin und sie in ihren guten Tagen einen Quickie genannt hatten. Allerdings hatte Hoffmann sich vorher wirklich Mühe gegeben, ihr angebliches Trauma hinwegzustreicheln, das musste man ihm zugutehalten.
»Ich verstehe«, sagte Hoffmann ins Telefon. Er klang etwas atemlos, aber ansonsten ganz normal. »Natürlich komme ich sofort. Unternehmen Sie nichts, bevor ich da bin.«
Natürlich komme ich sofort, unternehmen Sie nichts … Wenn die ganze Situation nicht so entsetzlich peinlich gewesen wäre, hätte Carola laut aufgelacht. Sie wäre gerne aufgestanden, um sich anzuziehen, wagte es aber nicht, sich aufzusetzen, aus Angst, die Spermien könnten sich wieder auf den Rückweg machen. Vorausgesetzt, es waren überhaupt welche dort, wo sie sie haben wollte.
»Ein Notfall«, sagte Pfarrer Hoffmann. »Im Supermarkt. Man braucht dort meine Hilfe. Ich muss gehen!«
» Jetzt? « Carola sah ihm fassungslos zu, wie er sich wieder anzog. Er musste sich nur nach seinen Hosen bücken, die sich um seine Knöchel gelegt hatten. O Gott! Wie gut, dass niemand sie so sehen konnte: sie auf dem Küchentisch, die Bluse hoffnungslos von Tomatensuppe ruiniert. Und vor dem Tisch Pfarrer Hoffmann mit schwarzem Sakko und Krawatte, wie er gerade seinen Minislip mit Leopardenmuster hochzog.
Carola warf einen gehetzten Blick zum Fenster hinüber. Wackelte da nicht der Kirschlorbeer? Was, wenn Martin nicht zum Anwalt gegangen war, sondern dort draußen auf dem Beobachtungsposten lauerte?
Hoffmann küsste sie auf die Stirn. »Es tut mir so leid, mein kleines, zitterndes Häschen. War es denn gut für dich?«
Es ging so , dachte Carola. Aber sie durfte jetzt noch nicht aus der Rolle fallen. Erst wenn er sie so oft von ihrem Trauma kuriert hatte, bis sie endlich schwanger war.
»Es war wie … ein Wunder«, flüsterte sie. »Wenn wir nur mehr Zeit miteinander gehabt hätten …« Ihr fiel auf, dass sie eigentlich noch immer nicht per Du waren. Na ja, sie nahm an, eine flotte Nummer – und wie flott! – auf dem Küchentisch ersetzte einen förmlichen Bruderschaftskuss.
»Kommst du nachher noch mal … vorbei?«
»Wenn ich es irgendwie einrichten kann«, sagte Hoffmann und küsste sie zart auf die Lippen.
Ich bin sicher, das kannst du , dachte Carola. Durch die Anzugshose sah man deutlich, dass die Wirkung derTabletten immer noch anhielt. Wo immer er jetzt hinfuhr, seine Erektion würde ihn begleiten.
»Irmis Bruder ist wirklich ein Schatz«, sagte Martin.
»Dann heirate ihn doch«, murmelte Carola, während sie ihre Post durchsah. Dienstags kamen immer besonders viele Rechnungen, hatte sie festgestellt.
»Er hat der Mensim AG einen Brief geschrieben, der die Geschäftsleitung mal so richtig aufmischen wird«, erzählte Martin, der den halben Morgen telefoniert hatte. »Er sagt, wenn das nicht hilft, dann wird er sich an die Presse wenden.«
»Warum nicht gleich ans Fernsehen?«, fragte Carola. Ein blasslila Briefumschlag stach ihr ins Auge. Doch nicht etwa schon wieder eine Geburtsanzeige? »Der Arbeitslose Martin H. und seine Frau Carola sitzen händchenhaltend auf ihrer alten Couch und bangen um die Zukunft. Müssen sie ihr kleines Häuschen verkaufen, in dem alle ihre Ersparnisse stecken? Kamera eins bitte mal ganz nah auf die Krähenfüße der Frau!«
Martin lachte. »So was wird in der Vorweihnachtszeit sicher gerne genommen. Vielleicht richten sie auch ein Spendenkonto für uns ein. Im Ernst, ich bin wirklich optimistisch, seit Irmis Bruder sich der Sache angenommen hat. Ich gehe gleich mal rüber zu Irmi, um ihr zu danken. Meinst du, sie freut sich über einen
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