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Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Titel: Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Vermieterin«, erklärte Gilbert.
    »Und eine gute Freundin«, vervollständigte ich.
    »Kommt doch durch.« Lydia führte uns in das kleine Wohnzimmer. Aus irgendeinem Grund erwartete ich rotenPlüsch und schwere Tapeten mit Goldmuster, wurde aber enttäuscht. Die Einrichtung sah vielmehr aus wie direkt aus dem Schaufenster eines konventionellen Möbelhauses gebeamt. Schrankwand, Sitzgruppe, Couchtisch, Fernseher, Stehlampe. Auf dem Sofa neben einer mit Strohsternen geschmückten Edeltanne saß Pfarrer Hoffmann, ein Glas Sherry in der Hand. Er sah nicht unbedingt erfreut aus, als er mich erkannte.
    »Sieh an, der Weihnachtsmann«, sagte Gilbert leise.
    »Herr Hoffmann, mein Sohn Gilbert und seine Freundin«, stellte Lydia vor. »Louisa, nicht wahr?«
    »Wir kennen uns bereits«, sagte ich steif. Besser als mir lieb war.
    »Ich habe kürzlich Louisas Vater beerdigt«, sagte Pfarrer Hoffmann zu Lydia.
    »Ja, und in Folge davon hat er meine Mutter und mich sehr oft zu Hause besucht, nicht wahr, Herr Pfarrer?«
    »Ihre Mutter war äußerst labil und hat täglich nach meiner Anwesenheit verlangt.« Pfarrer Hoffmann schenkte mir sein kleines, überlegenes Lächeln. Er war keineswegs so am Boden zerstört, wie ich es nach unserer letzten Begegnung gehofft hatte. »Meiner Ansicht nach sollte sie sich unbedingt in psychotherapeutische Behandlung begeben.«
    Ich suchte nach einer vernichtenden Erwiderung, von wegen, wenn schon, dann gehöre er in Behandlung wegen seines fehlgeleiteten und vollkommen pervertierten Helfersyndroms, aber Gilbert drängelte sich an mir vorbei und schüttelte ihm herzlich die Hand.
    »Es freut mich wirklich, dass Sie und meine Mutter jetzt ein Paar sind«, sagte er. »Und ich hoffe, dass Sie sehr, sehr glücklich miteinander werden.«
    »Ja«, schloss ich mich an. »Ein Pfarrer, der so gut aussieht wie Sie, sollte nicht Junggeselle bleiben. Das gibt sonst nur böses Blut unter den Schäfchen in der Herde.«
    »Er hat Glück, dass ich kein eifersüchtiges Schäfchen bin, sondern nur ein schwarzes.« Gilberts Mutter kicherte und entfernte sich, um Sherrygläser zu holen.
    »Mit meiner Mutter haben Sie sich ein wirklich anspruchsvolles Schaf in Ihre Herde geholt«, sagte Gilbert zu Pfarrer Hoffmann. »Sie erfordert im Grunde eine Exklusivbetreuung.«
    »Was im Klartext heißt: Die Schäfchen Irmela und Carola sollten Sie in Zukunft besser in Ruhe weiden lassen«, zischte ich.
    »Sonst?«, fragte Pfarrer Hoffmann mit arrogant hochgezogenen Augenbrauen.
    »Sonst …«, sagte ich und stockte. Sonst schreibe ich an den Superintendenten … Mache ich die Sache im Gemeindeblatt, der Hirtenpostille, publik … Verpetze Sie beim Presbyterium … Konnte man ihn damit überhaupt einschüchtern?
    »Sonst kriegen Sie eins in die Fresse«, sagte Gilbert an meiner Stelle. Der arrogante Ausdruck in Pfarrer Hoffmanns Augen erlosch.

    »Ich hoffe, Mama hat nicht vergessen, den Puter rechtzeitig in den Ofen zu schieben«, sagte ich auf der Rückfahrt nach Hause. »Mit der Maronenfüllung braucht er dreieinhalb Stunden, um gar zu werden. Ich vertraue ihr nicht mehr, wenn es um Essen geht.«
    »Puter mit Maronenfüllung.« Gilbert seufzte. »Mein erstesWeihnachten seit fünf Jahren, das ich nicht im Knast verbringe.«
    »Nicht mal zu Weihnachten darf man da raus?«
    »Ich durfte jedenfalls nicht«, sagte Gilbert.
    »Ich hab dich nie gefragt, weswegen du eigentlich gesessen hast.« Ich betrachtete sein hakennasiges, mittlerweile so vertrautes Profil von der Seite. »Du musst es mir auch nicht sagen, wenn du nicht willst.«
    »Schwere Körperverletzung in sechs Fällen«, sagte Gilbert achselzuckend. »Ich war ziemlich gut im Nasenbeinbrechen. Glücklicherweise habe ich Jugendstrafe gekriegt, sonst wäre ich jetzt noch nicht hier.« Er grinste mich an. »Was hast du gedacht, warum ich gesessen habe? Wegen Diebstahl?«
    Ich nickte.
    »Keine Angst, dabei hat man mich nie erwischt, und man wird es auch nie tun«, sagte Gilbert fröhlich. »Ich klau nämlich nur aus Spaß. Und um Geld zu sparen natürlich.«
    »Wir hatten uns doch darauf geeinigt, es organisieren zu nennen«, sagte ich und setzte den Blinker. Ich fragte nicht, wie es zu den schweren Körperverletzungen in sechs Fällen gekommen war – mir gefiel es besser, wenn Gilbert ein paar seiner Geheimnisse weiterhin bewahrte.
    Gerade als wir in unsere Straße einbogen, wo die kahlen Äste der Kastanie sich majestätisch in die Höhe reckten, landeten ein paar filigrane

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