Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman
aufgeben«, sagte Irmi. »Ihr seid beide so wunderbare Menschen, ihr habt euch doch so viel zu geben.«
Martin lächelte sie an. »Das mag ich so sehr an dir, Irmi, du siehst immer nur das Gute in den Menschen.«
Es klingelte an der Tür.
»Mama, der Pfarrer«, rief Diana aus dem Flur.
»Oh«, machte Irmi und griff sich an die geröteten Wangen. »Benedikt? Um diese Zeit?« Sie vergaß auszuatmen. »Wir haben uns schon ein paar Tage nicht mehr gesehen«, flüsterte sie Martin zu. »Und jetzt kommt er einfach ohne Ankündigung vorbei. Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?«
»Ein schlechtes«, sagte Martin. »Schick ihn weg, Irmi, schick ihn weg, bevor er mit dir redet.«
Irmi sah ihn verständnislos an.
Benedikt klopfte an die Küchentür. »Störe ich?« Wie immer sah er umwerfend aus, und Irmi spürte, wie sich ihre Knie in Gummi oder eine andere äußerst nachgiebigeMasse verwandelten. Sie stand auf, bereit, ihm in die Arme zu sinken, ganz egal, wer dabei zusehen konnte.
»Wie schön«, brachte sie aber nur heraus.
Benedikts Blick fiel auf Martin. »Oh, Sie schon wieder. Hallo.«
»Hallo«, gab Martin kühl zurück. »Seltsam, nicht wahr? Ich sitze offenbar in allen Küchen, denen Sie heute einen Besuch abstatten.« Er sah auf die Wanduhr. »Vor einer Dreiviertelstunde waren Sie noch bei meiner Frau – und wo waren Sie in der Zwischenzeit?«
»Ich habe eine kleine Spritztour mit meinem Wagen gemacht«, sagte Benedikt, und an seiner Stimme merkte Irmi sofort, dass ihn etwas bedrückte. »Ich gebe ihn nämlich weg. Das fällt mir wirklich nicht leicht. Dieses Auto ist wie ein guter Freund für mich.«
»Ja«, sagte Martin. »Das kenne ich. Ich rufe meinen Wagen auch immer an, wenn ich nachts um vier jemanden zum Reden brauche.«
»Was ist los, Benedikt?«, fragte Irmi besorgt. »Ich habe so lange nichts mehr von dir gehört, ich habe mir schon Sorgen gemacht. Hatte ich Grund dazu?«
»Das würde ich dir gerne unter vier Augen sagen«, sagte Benedikt und warf einen vielsagenden Blick auf Martin.
»Lassen Sie sie in Ruhe«, sagte Martin. »Steigen Sie einfach in ihren guten Freund und fahren Sie nach Hause.«
»Martin«, sagte Irmi. Sie war gerührt, dass er sich so um sie sorgte, aber sie wollte nichts sehnlicher, als mit Benedikt allein sein. Seinen Kummer mit ihm teilen und ihn hinwegstreicheln, wie bei einem kleinenKind. Er hatte so viel für sie getan, jetzt konnte sie endlich einmal für ihn da sein. »Bitte lass uns doch allein, ja?«
Martin erhob sich widerwillig. »Ich bin nebenan, wenn du mich brauchst«, sagte er.
»Es dauert auch nur eine Minute«, sagte Benedikt.
Martin warf ihm einen finsteren Blick zu, bevor er die Küchentür mit Nachdruck hinter sich zuzog.
»Na?« Georg saß vor dem Fernseher und sah sich Frauenwrestling an.
»Na«, erwiderte Martin matt und ließ sich neben ihn in einen Sessel fallen.
»Ich mag’s, wenn sie so schön ölig glänzen«, sagte Georg. »Lust auf eine Partie Schach?«
Martin schüttelte den Kopf. »Später vielleicht.«
»Wo ist denn Irmi? Es ist längst Abendessenszeit«, sagte Georg, ohne die halbnackten Frauenkörper auf dem Bildschirm aus den Augen zu lassen.
»Sie hat Besuch vom Pfarrer«, sagte Martin.
»Von der geschniegelten Tunte?« Georg schnaubte. »Hoffentlich tauschen sie nicht wieder Kochrezepte.«
»Das glaube ich weniger«, sagte Martin und sah unablässig auf die Küchentür. Nach weniger als zwei Minuten hörte er die Haustür gehen und sprang auf.
»Wohin gehst du?«, fragte Georg. »Du bist doch gerade erst gekommen!«
»Ich muss den Pfarrer noch nach einem Rezept fragen«, rief Martin über seine Schulter. Im Flur rannte er beinahe gegen Irmi. Sie hatte ihre Kiefer fest aufeinandergepresst und stieß eigenartige Laute aus, wie ein verwundetes Tier.
Martin rannte weiter und erwischte Pfarrer Hoffmannin der Einfahrt, wo er gerade in seinen Wagen steigen wollte.
»Warten Sie«, sagte er atemlos.
»Ich komme zu spät zu meiner Verabredung mit dem Autohaus Lohmann«, sagte Pfarrer Hoffmann. »Was meinen Sie, wird Herr Lohmann ein fairer Verhandlungspartner sein? In den Presbyteriumssitzungen ist er immer derjenige, der die Worte Mildtätigkeit und Nächstenliebe am häufigsten im Munde führt. Ob das auch noch gilt, wenn er dabei auf Profit verzichten muss, wird sich zeigen.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Wenn er denn noch da ist.«
»Reden wir nicht über tote Gegenstände, reden wir über Menschen«, sagte
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