Eheroman (German Edition)
wenn die eine anstechen solln.» Schwanz einziehen ist sowieso Andreas’ Stärke – oder Schwäche? Als er es dann eben tut, sie anstechen, da sagt er immer: «Tut mir leid, ich komme nicht rein, du machst dich so zu.» Sie lacht und sagt: «Ich bin so. Gib dir Mühe. Du musst da jetzt durch.» Er starrt sie an und murmelt: «Ach so ist das, ach so ist das.» Und sein Schwanz schrumpelt zusammen. Sie will überhaupt keinen Sex. Sie ist so unaufgeregt wie beim Wäschewaschen. Aber sie will dennoch unbedingt angestochen werden, jetzt sofort will sie es hinter sich bringen. Wie den Zahnarzt oder wie eine Strafpredigt. Spaß am Fummeln hat sie schon genügend gehabt, aber die wahre Freude muss erst beim echten Ficken kommen. Deshalb muss es endlich geschehen, und Andreas muss sie anstechen. Zu diesem Zweck müsste er erst mal einen Stachel haben und kein Würmchen. «Andreas, mach doch! Ich will so gerne, dass du es machst.»
«Ach nö, ich kann jetzt nicht mehr, Mausel.»
«Du kannst. Sieh, wie du gleich kannst. Sag nicht immer Mausel.»
Sie trinkt ein großes Glas Wodka-Orangensaft, sie wird es jetzt irgendwie hinkriegen, sie will, sie nähert sich seinem Schwanz, sein spärliches, pfirsichfarbenes Schamhaar an ihrer Wange, säuerlicher Geruch, sie hat keine Ahnung, wie man es macht, aber sie denkt sich, irgendwie dran rumlecken wird schon helfen. Und es hilft. Er regt sich, und Andreas murmelt «uh, ah», sie muss sich das Lachen verkneifen, wenn sie lacht, war alles umsonst. Als er hart ist, hebt sie ihren Kopf, legt sich neben ihn, spreizt die Beine und sagt: «Jetzt tu es mit Gewalt!»
Er zögert keine Sekunde mehr, ihr sein Ding gefühllos reinzustoßen, es gibt einen schneidenden Schmerz, es tut alles etwas weh und ist nicht so erregend wie Fummeln, aber es ist vollbracht, und sie ist sehr, sehr zufrieden mit sich. Als hätte sie selbst ihre Entjungerung durchgeführt. Jetzt ist sie bereit für alles Kommende, und sie denkt dabei keinesfalls nur an Andreas.
«Aids kannst du wohl kaum haben», sagt er hinterher.
«Nein», sagt sie, «aber schwanger kann ich werden, Assiarzt.»
Assiarzt sagt Beate immer. Beate ist nicht so dafür gewesen, dass sie mit Assiarzt Andreas schläft. Sie meinte, man sollte eher bei seinesgleichen bleiben. Also Kfz-Mechaniker. Oder Ähnliches. Außerdem ist er alt. Verhältnismäßig. Fast dreißig. Was nicht alt ist als Assistenzarzt, meint Andreas.
Schwanger kann sie nicht werden, denn natürlich nimmt sie die Pille. Aber dass er so leichtsinnig ist, nicht danach zu fragen – dabei ist er fast doppelt so alt wie sie. Im Krankenhaus tut er, als würden sie sich nur flüchtig kennen. Ist auch besser so. Sie ist siebzehn. Demnächst achtzehn. Er ist Assiarzt. Man vögelt nicht mit Auszubildenden. Mit ausgelernten Schwestern schon eher. Das machen einige. Sogar verheiratete Ärzte. Da ist nicht so viel dabei. Es gibt auch einen Pfleger, der was mit einer Ärztin hat, er heißt Hartwig. Die Ärztin ist vor zwei Jahren von ihrem Mann geschieden worden, und sie war ein bisschen down und hat auch ein wenig zugenommen, deshalb hat es ihr gut gepasst, meint Beate. Beate hat auch schon mit Hartwig. Aber sie meint weiter, ein Mann wie er macht eine Frau unglücklich, weil er mit einer allein nie zufrieden ist. «Da kannste gleich in Harem gehen, Ava», sagt sie. Aber sie versteht sich gut mit ihm. Wahrscheinlich passen sie gut zusammen, denn Beate nimmt es auch nicht so genau. Hartwig raucht immer draußen auf der Bank Lucky Strike ohne Filter und grübelt, und drinnen treibt er Scherze mit den Kranken, die nehmen es ihm selten übel. Scherze im Krankenhaus sind rar. Im Krankenhaus ist Scherzen nicht angebracht. Die Kranken sehen das anders, besonders die ganz Kranken. Die sind ganz gierig nach Hartwigs Scherzen. Er sagt zum Beispiel: «Frau Lindner, wie sehen Sie denn aus, waren sie heut Nacht aufn Schwof?» Frau Lindner hat Bauchspeicheldrüsenkrebs, und es ist schwer, die Schmerzmittel noch richtig zu dosieren. Sie liegt schon hundert Jahre im Krankenhaus, und die Kinder und Geschwister und der Ehemann kommen seit langer Zeit fast täglich und sitzen da, auf dem Bettrand, drücken ihr Illustrierte in die gelbknochigen Hände, die sie sich nie anschaut, und sagen nichts. Was ist auch noch zu sagen. Frau Lindner sieht Hartwig an, Tränen der Rührung in den Augenwinkeln, und sagt: «Die ganze Nacht getanzt, du Sack!» Dann schaut sie an die Decke und denkt nach und starrt und driftet
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