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Eheroman (German Edition)

Eheroman (German Edition)

Titel: Eheroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Seddig
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auf den Tisch zu streuen. Das Gleiche wiederholt sie mit dem Pfeffer. «Und das tue ich, wenn ich Pfeffer brauche.» Dann geht sie und kommt mit einer Schaufel und einem Handfeger wieder. Sie kehrt die Krümelchen Salz und Pfeffer vom Tisch und kippt das Ganze in den Mülleimer. Sie bringt Schaufel und Feger wieder ins Bad, kommt zurück und kippt ungefragt einen dritten Kirsch ein. «Der letzte für heute», sagt sie.
    «Das hat Ihr Sohn wohl nicht gewusst, mit dem Salz, wie Sie das machen», sagt Ava und schlürft den klebrigen Kirschlikör.
    «Der Nachtwächter», sagt die Muschifrau. Dann seufzt sie tief. «Ewig habe ich das Salz so. Ewig schon. Und der tut so, als ob der das nicht weiß. Er ist ja sonst nicht verkehrt, ich will ja gar nichts sagen, er ist nur falsch erzogen worden. Sonst», sie hebt den Zeigefinger, «hätte er auch schon eine Frau.»
    «Ach was», sagt Ava, «das ist doch nicht Ihre Schuld.»
    «Doch, wessen sonst?», sagt die Muschifrau. «Ich hab ihn zu viel betüdelt.»
    «Wie das denn?»
    «Mein Mann ist ja früh gestorben, er war bei der Bahn.» Sie stockt kurz, zieht den hautfarbenen Strumpf an ihrem linken Fuß stramm nach oben, über die lila geäderten alten Beine, und überlegt und fährt dann fort, zitterig, ein bisschen keuchend und als würde sie einen Sack mit ihrem Leben ausschütten. «Er hat so, in der Nacht, in den Zügen, er hat es nicht bei einer Frau … belassen können, wenn er unterwegs war, in der Nacht, er ist ja auch viel in der Nacht gefahren damals, und dann, als sie nach München waren, hat er es am Herzen bekommen, wegen so einer, weil sie noch mit anderen rumgemacht hat, das hat er sich nicht so ausgedacht gehabt, dass sie noch mit anderen, er hatte es ja am Herzen, und das hat ihn vollkommen umgebracht, erst war er noch in München, im Krankenhaus war er operiert worden, und hat es mir alles gesagt, ich war mit dem Bub da, ich wollt es gar nicht wissen, ich sag, lass mich damit in Ruhe, mit deiner Hurerei, aber wenn ein Mann am Sterben ist so wie er und merkt das, dann ist es ihm auch egal, dann wollte er den Tisch rein machen, und ich wollte es nicht hören, aber er hat mir alles gesagt, von der, die immer unterwegs war, immer hin und her wegen der Handschuhfirma, wo sie angestellt war, und Herbert war durch sie ganz verrückt geworden, und sein Herz ist davon gebrochen, jedem, wie er verdient, aber eigentlich hat er es auch nicht verdient, denn er war im Grunde ein guter Mensch.» Sie schnauft von der Rede, und ihre Lippe zittert stärker, und sie kippt dann doch den vierten süßen Likör in beide Gläser, obwohl Ava schon keinen richtigen Likördurst mehr hat und innerlich wie verklebt ist von dem Likör und der Geschichte, in der alles ungerecht gewesen ist und niemand etwas richtig Tolles, Großartiges hätte tun können, um es schöner und lohnender zu machen. Es war alles nur für die Katz.
    Die Muschifrau knallt ihr Glas auf den Tisch und redet weiter. «Dann bin ich allein gewesen, mit dem Jungen, es war ja nicht viel anders als vorher, nur das Geld war weg, und die Schwester ist darum zu mir gezogen. Der Karsten war immer mehr so für sich, in der Stube drin, immer mit seinen Klebebildern und seinen Heften, und ging gar nicht mal raus auf die Straße, wie die anderen Buben. Es war, weil wir beide so an ihm dranhingen, als wenn er zwei Mütter hätte, und machten ihm alles immer schön zurecht, schön alles wie von Zucker und Sahne für den Buben, den dicken, vollgefressenen, und wollten gar nicht, dass er rausgeht zu den anderen. Jetzt weiß ich es auch, aber damals wusste ich es nicht, als Mutter ist man so blind, und wenn nun der Vater weggestorben ist, man will nur das Beste für das Kind, aber wissen Sie, Fräulein, was das Beste ist?»
    Ava schüttelt den Kopf. Ihr ist ein bisschen schummrig von dem Likör, von der Luftfeuchtigkeit, dem Geruch nach Huhn und Katzenpisse und vor allem von den Informationen eines ganzen, alten Lebens.
    «Das Beste – ist Kackmist!», sagt die Muschifrau und schweigt plötzlich. Dann steht sie auf und räumt den Likör weg. «Geh mal jetzt», sagt sie zu Ava und schmeißt sie damit praktisch raus. Die ganze Zeit hatte Ava geglaubt, sie würde hier nicht mehr wegkommen, und nun wird sie rausgeworfen, auf eine grobe Art, die aber so liebenswürdig ist, es ist verrückt mit der Frau, aber sie ist schon auch klug, denkt Ava. Und manchmal fast am Zerreißen, als würde alles in ihr nur noch an einem dünnen Faden

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